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Jim Buffalo – 1. Abenteuer – Kapitel 5

Jim Buffalo,
der Mann mit der Teufelsmaschine
Veröffentlichungen aus den Geheimakten des größten Abenteurers aller Zeiten
Moderner Volksbücher-Verlag, Leipzig, 1922

Die Geheimnisse eines Harems
Das 1. Abenteuer Jim Buffalos

5. Kapitel

Halifar, der Erpresser

Wie lange Buffalo oder Horst Radichow, wie wir unseren Helden vorläufig noch nennen wollen, auf dem Steinblock gelegen hatte, wusste er später selbst nicht zu sagen. Als er die Besinnung wiedererlangte, war es Abend geworden. Zu Fuß machte er sich auf den Heimweg. Weit nach Mitternacht erreichte er erschöpft die Stadt, gab dem jammernden Milliardär einen kurzen Bericht der Geschehnisse und sank in einen totenähnlichen Schlaf.

Sein erster Weg am nächsten Morgen war der zu Multipler. Jonny Multipler sah bleich aus und zitterte um das Leben seiner Tochter. Über das Rätsel des Damenstifts mit dem Milliardär zu sprechen, war nun nicht der richtige Augenblick. Multipler lief wie ein Irrer im Zimmer umher. Horst Radichow stand am Schreibtisch. Er schien um Jahre gealtert.

»Fassen Sie sich«, sagte er. »Ruth lebt, und ich will nicht eher ruhen, als bis ich sie Ihnen wieder zugeführt habe!«

Multipler antwortete nicht.

An der einen Wand hing ein lebensgroßes Bild Ruths. Vor diesem Gemälde sank er nieder und vergrub sein Gesicht in den Händen.

»Alles sollst du tun dürfen!«, stöhnte er. »Alles – alles! Jeden Tag sollst du dein Auto haben – jeden Tag – nur lass mich dich gesund wiedersehen!«

Langsam ging Horst zu ihm, den Vater zu trösten, er, der selbst des Trostes bedurfte!

Blody brachte eine Karte. Der Hausmeister war im Dienst des Milliardärs ergraut und erfreute sich einer bevorzugten Stellung, die ihn hin und wieder seinen Untergebenen gegenüber etwas größenwahnsinnig machte.

»Wladimir Halifar.«

Der Name stand auf der Karte. Als Multipler sie umwendete, las er: »Ich komme von Ihrer Tochter!«

Einen Moment stand Multipler wie erstarrt. Dann ging er langsam zum Schreibtisch und entnahm einem der Fächer einen Browning.

Horst rang ihm die Waffe aus der Hand.

»Keine Dummheiten!«, raunte er ihm zu. »Nur eine List …!«

»Was soll ich tun?«

»Dieser Halifar wird der Mann sein, der Ruth entführte. Gehen wir mit Gewalt gegen ihn vor, so geschieht Ruth ein Leid. Ich kenne die Racheakte solcher Existenzen.«

Als Multipler schwieg, gab Horst Blody einen Wink, worauf dieser das Zimmer verließ und nach einer Weile Halifar hereinführte.

Sofort erkannte Horst in ihm den Mann wieder, mit dem er vor fast vierundzwanzig Stunden um den Besitz des Berges gekämpft hatte.

Halifar trat mit verbindlichem Lächeln näher.

Er machte keine langen Worte. »Ruth befindet sich in meiner Gewalt! Der Berg gehört seit ein paar Stunden dir! Gib mir den Berg, ich retourniere dir deine Tochter. Wenn nicht, tut es mir leid – ich kann dann für das Leben Ruths nicht voll garantieren!« Nur dass er im Auftrag des Türken handelte, verschwieg er.

Das war im Großen und Ganzen der nüchterne Sinn seiner kurzgefassten, jedoch in höflichstem Ton gesprochenen Worte. Kalt und ohne jede Leidenschaft oder Wechsel im Tonfall hervorgebracht.

Multipler saß am Schreibtisch und starrte auf das Teppichmuster.

»Ich will Sie in Ihrem Entschluss nicht beeinflussen, meine Herren. Die Sache eilt nicht. Bis morgen Mittag ist Zeit genug. Ich bitte also, mir bis morgen präzise …!«

Multipler fuhr auf. »Schuft!«, knirschte er.

Horst hielt ihn im letzten Moment zurück, als er sich auf Halifar stürzen wollte.

Der lächelte nur ironisch und verbeugte sich leicht.

»Wollen Sie mich also morgen Mittag zwischen elf und zwölf Uhr noch einmal empfangen, damit ich das Resultat Ihrer Entschlüsse in Empfang nehmen kann. Es sollte mir wirklich leidtun …!«

»Gehen Sie!«, sagte Horst kalt. »Wir sprechen morgen weiter!«

Wladimir Halifar quittierte lächelnd. »Ein Tauschgeschäft!«, sagte er. »Ein kleines Tauschgeschäft. Nichts weiter!«

Dann ging er hinaus, und Blody führte ihn aus der prächtigen Empfangshalle. Als der Schurke das Haus verließ, folgte ihm Horst wie ein Schatten. Hände reibend trat Halifar den Rückweg an. Der Palast des Türken war sein Ziel.

 

*

 

Das Boudoir, in welchem Ruth Stunden später wieder zu sich kam, wies keine besonderen Eigenschaften auf. Höchstens, dass man dem zierlichen Raum ansah, dass er wenig oder gar nicht benutzt wurde.

Sie sprang auf und lief von der breiten Ottomane zur Tür. Diese war verschlossen. Augenblicklich ließ sie von ihr ab und wandte sich dem Fenster zu. Als sie die Gardine zurückschlug, bemerkte sie die eisernen Gitterstäbe, die ein Entweichen unmöglich machten.

Wo hatte man sie hingeschleppt?

Sie raffte ihre Energie zusammen. Grübelnd durchmaß sie ein paar Mal den Raum, dann setzte sie sich wieder auf die Chaiselongue, zerbrach sich den Kopf und fand im ersten Moment dennoch keine Erklärung für das mehr als gemeingefährliche Verhalten jener beiden Männer, die den Berg kaufen wollten und sie dann überfielen.

Plötzlich schrie sie auf.

Horst!

Um Gottes willen, was war aus ihm geworden? Auf dem dunklen Gang bei Degger war er dicht hinter ihr gegangen. Sollte auch er in die Hände dieser sonderbaren Menschen gefallen sein?

Fast schien es, als beruhige sie der Gedanke, Horst in ihrer Nähe zu wissen. Vielleicht saß er wie sie in irgendeinem Zimmer dieses Hauses.

Der Leichtsinn siegte in Ruth und zauberte ein Lächeln um ihren Mund. Eigentlich war dies ein Abenteuer, wie sie es zu erleben schon lange einmal erwünscht und herbeigesehnt hatte. Sie schwankte in ihren Kombinationen über die beiden Männer zwischen Erpressern oder Mädchenhändlern. Die Art und Weise wenigstens, wie man sie entführt hatte, ließ auf keine feinen Sitten und Gebräuche schließen.

Doch je mehr sie über den Fall nachdachte, desto mehr kam sie zu der Meinung, es mit Menschen zu tun zu haben, die ihre Person zur Ausführung eines Tricks benötigten. Erpresser nicht im gewöhnlichen Sinne, sondern solche, die es vielleicht geworden waren, um irgendetwas durchzuführen, was ihnen misslungen war. Und misslungen war ihnen ja eigentlich der Erwerb des Berges von Lambertsen!

Horst hatte ihr während der Autofahrt die Worte und Andeutungen seines Vaters mitgeteilt. Sollte dieser Felsblock ein Geheimnis bergen?

Ein Geräusch an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. Ohne sich zu rühren, sah sie hinüber.

Draußen schloss jemand. Eine Zofe trat ein und deckte den Tisch mit Tee, Brot, Butter, kaltem Braten und Käse.

Ruth lächelte. Verhungern ließ man sie also nicht. Interessiert betrachtete sie die flinken Hände des Mädchens, das, ohne ein Wort zu sprechen, seine Arbeit verrichtete. Vom Nebentischchen nahm es eine Menage mit Salz und Pfeffer, stellte sie auf den Tisch und machte eine einladende Handbewegung, um dann wieder hinauszugehen.

»Ist sie ruhig?«, fragte auf dem Gang Norder das heraustretende Mädchen.

»Sie spricht kein Wort!«

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