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Jim Buffalo – 1. Abenteuer – Kapitel 4

Jim Buffalo,
der Mann mit der Teufelsmaschine
Veröffentlichungen aus den Geheimakten des größten Abenteurers aller Zeiten
Moderner Volksbücher-Verlag, Leipzig, 1922

Die Geheimnisse eines Harems
Das 1. Abenteuer Jim Buffalos

4. Kapitel

Ein rätselhaftes Damenstift

Das Erste, was Jim Buffalo unternahm, als er aus seiner Ohnmacht erwachte, war, von dem Dorf aus die Polizei Nordlands zu verständigen. Es stand für ihn fest, dass man der Geliebten nichts antun, sondern nur versuchen würde, durch sie irgendetwas zu erpressen.

Währenddessen hatte Borg Degger zwei der Stiftsdamen getroffen und ihnen eilig erzählt, dass er den Berg verkauft habe. Furchtbares Erschrecken zeigte sich auf den Gesichtern der alten Frauen. Leise tuschelten sie miteinander. Dann eilte die eine in das Stift, um das Ereignis zu melden, während die andere mit fanatisch glühenden Augen auf Horst wartete. Als sie schließlich dessen ansichtig wurde, forderte sie ihn auf, auf dem Rückweg einen Blick in das Stift zu werfen, was Horst nach kurzer Überlegung zu tun versprach. Länger als zehn Minuten würde die Besichtigung nicht dauern. So folgte er der grau gekleideten Frau, die sich Ele nannte und bucklig war, bis zum Bergschloss.

Ein altes, verwittertes Gemäuer, die Fenster im altgotischen Stil, die Wände grau und hier und dort brüchig – das war das Damenstift von Lambertsen.

Wie ein Schwalbennest klebte es an dem Felsenberg und reckte den kleinen Turm in die Luft, von dem zur Mittags- und Abendzeit das Glöckchen ertönte. Eine alte Mauer zog sich um das Gebäude herum. Auf dem Hof wucherte das Unkraut. Die Bäume waren trotz der Sommerzeit fast kahl und dürr. Der Boden war steinig und gab keine Lebenskraft.

Die Pförtnerin führte ihn über den Hof. Er betrat das Stift und folgte der alten Frau durch lange Gänge und weite Säle, bis sie in einer mittelgroßen Halle Halt machte.

Aus einer Tür erklangen singende Stimmen.

»Ele ist da – Ele ist da!«

Die Tür ging auf.

Horst sah die knochige Gestalt der Vorsteherin und dahinter die Kuttenträgerinnen, die frommen Grauen Schwestern.

Er musste über das sonderbare Bild lächeln.

Nein, wie feierlich sie sich bewegten. Doch das Lächeln erstarrte auf seinen Zügen. Er starb, als er den Blick auffing, den die Bucklige mit der Vorsteherin wechselte.

Teufel!

Was war das?

Ein leises Kichern erschallte, das zu einem heiseren Gelächter aus Frauenkehlen anschwoll. Die Vorsteherin reckte die Hand empor.

Das Lachen verstummte. Es wurde still – ganz still. Als sie sprach, hörte es sich an wie das Krächzen eines Raben.

»Wir danken dir, Ele!«

Die Bucklige beugte ihre Knie. In ihren Augen blitzte ein fanatisches Funkeln.

»Gott, der Allmächtige, Gott, der Unsichtbare, hat dich geleitet«, fuhr die Vorsteherin fort, um dann die Verwachsene zu fragen: »Ist es der Schwiegersohn jenes Mannes, der …?«

»Er ist es!«

Die Vorsteherin wandte sich an Horst Radichow. »Sie haben den Berg von Lambertsen von Borg Degger gekauft, ohne sich erst den Rat der Grauen Schwestern einzuholen. Der Berg ist nicht für Menschen eures Schlages, nicht für Irdische bestimmt. Er ist ein Heiligtum. Das größte und heiligste, das je auf Erden stand! Sie wollen einen Tunnel bohren lassen. Ich weiß es! Der Arm der Grauen Schwestern reicht weit!«

Horst zwang sich zum Denken. Er war nicht imstande, irgendeine Erklärung für dieses Erlebnis zu finden. Nur die Erkenntnis sickerte allmählich in ihm durch, dass die Bucklige eine Komödie gespielt und ihn dadurch hierher gelockt hatte.

»Der Tunnel würde das Geheimnis der Welt vernichten!«, fuhr die Vorsteherin fort. »Der Tunnel würde die Arbeit und Organisation von Jahrhunderten zerstören. Die Menschen würden darüber hinwegrasen und sich mit trunkenen Augen im Blut der Zeit baden!«

Wahnsinnige!

Horsts Gestalt straffte sich. Er war in die Falle gegangen, die ihm hysterische Weiber, irrsinnige Lebewesen gestellt hatten. So nahm er wenigstens an. Und das gab ihm die Energie zurück.

In seiner Tasche befand sich ein kleiner Revolver. Eine Waffe, die er mehr als Spielzeug und Zeitvertreib zu benutzen pflegte. Sie war nicht scharf geladen, doch würde der Anblick eines Revolvers oder doch die Detonation der Platzpatrone den Eindruck nicht verfehlen, und man würde ihn eingeschüchtert wieder hinauslassen.

So griff er blitzschnell in die Tasche und riss die Waffe hervor. Entschlossen richtete er die Mündung auf die Frauen.

»Führen Sie mich augenblicklich hinaus!«

Keine bewegte sich auch nur. Nur die knöcherne Hand der Vorsteherin sank schlaff herab.

Rückwärts ging Horst zur Tür.

Da schlug ihm plötzlich jemand unvermutet auf den Arm, dass der Revolver klappernd zu Boden fiel. Es war die Pförtnerin, die ihn hergeleitet und sich dann hinter der Tür verborgen hatte.

Ein schrilles Lachen ertönte aus dem Mund der Vorsteherin.

Was tun?

Nur nicht die Ruhe verlieren, raunte ihm eine innere Stimme zu, nur nicht die Überlegung schwinden lassen!

Langsam kamen die Frauen näher. Er musste handeln.

Mit plötzlicher Wendung warf er seinen Körper herum und stieß die Pförtnerin beiseite. Im Nu huschte er hinaus.

Auf dem Gang herrschte ein unsicheres Licht. Er rannte hinunter. Hinter ihm erscholl das Geschrei der Weiber. Deutlich hörte er die Stimme der Vorsteherin: »Greift ihn! Er ist einer von denen, die uns bestehlen wollen!«

Vor dem Tor stand ahnungslos der Chauffeur des Rennwagens und brannte sich gemächlich sein Pfeifchen an.

Durch finstere Gänge, nackte Kammern und prächtige Säle lief Horst – und fand den befreienden Ausgang nicht.

Die Mauern des Stifts waren dick und ließen kein Geräusch hinaus.

Plötzlich lähmte das Entsetzen Horsts flüchtenden Lauf. Hinter den Wänden wurde es lebendig. Es raunte und flüsterte, kicherte und lachte. Und dazwischen krächzende Laute, so wie ein Rabe schreit. Rechts war eine kleine Seitentür. Vielleicht führte sie hinaus in das Licht, hinaus in die Freiheit.

Er lief dorthin und betrat eine weite Halle. In langen Reihen waren geschnitzte Bänke aufgestellt, und ganz vorn befand sich ein Altar.

Die Kapelle des Stiftes …

Er huschte über die Fliesen, hastete an den Bänken vorbei und erreichte die gegenüberliegende Wand. Als er sich umwandte, sah er in der kleinen Tür graue Gewänder und hassverzerrte Gesichter.

Die Finger einer dürren Hand tasteten nach einem Hebel.

Glühende Augen saugten sich an dem Fliehenden fest. Er lief an den steinernen Säulen vorüber.

An der ersten …

Der zweiten …

Die Hand am Hebel begann leicht zu zittern.

Noch wenige Meter, dann hatte er die dritte Säule erreicht!

Krampfhaft schlossen sich die Finger um den Griff. Sekundenlang.

Dann rissen sie ihn herunter.

Es war der Moment, in dem Buffalo die dritte Säule erreichte.

Ein gellender Schrei!

Horst taumelte. Vergebens suchte er nach einem Halt. Er verlor den festen Boden unter den Füßen und stürzte hinab in die gähnende Tiefe.

Lautlos schoben sich die Fliesen wieder zusammen.

Das Wasser zischte und gluckerte, presste sich ein Bett durch die harten Steinwände und brodelte wie in einem Hexenkessel, raste hinweg und über kantige Blöcke und riss das Geröll mit sich fort.

Kein Licht. Keine Sonne. Nur Wasser – Wasser.

Was kümmerte es den brausenden Bach, dass er den weißen Körper des Mannes gegen den Felsen warf und seine Haut an den zackigen Steinen zerriss.

Nur weiter – weiter …

Allmählich wurde es heller. Ein frischer Luftzug wehte herein. Wie ein Pünktchen erschien in der Ferne das Tor der Freiheit. Langsam wurde es größer und größer, um schließlich die rasende Flut in das Licht hinausschießen zu lassen.

Die Gewalt und Kraft des Wassers schleuderte ihn an das steinige Ufer, gegen einen Steinblock, wo er wie leblos liegenblieb.

Weiter raste der Bach.

Dem Fluss, dem Strom, dem Meer zu …

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