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Die Sternkammer – Band 3 – Kapitel 16

William Harrison Ainsworth
Die Sternkammer – Band 3
Ein historischer Roman
Christian Ernst Kollmann Verlag, Leipzig, 1854

Sechzehntes Kapitel

Sir Jocelyns Bruch mit Gondomar

Weit verbreitete sich das Gerücht von Sir Jocelyns glänzenden Waffentaten im Turnier, und überall, wohin er ging, wurde er als der Besieger des bisher unüberwundenen Buckingham begrüßt. Er trug seine Ehre mit Bescheidenheit, doch entging er der Verleumdung nicht; denn an einem Hof, wie überall, erweckt der ausgezeichnete Erfolg einen Geist des Neides und der Herabsetzung. Diese niedrigen Gefühle waren indessen allein auf die Getäuschten seines Geschlechts beschränkt. Von schönen und unparteiischen Richterinnen, die bei seinen Waffentaten zugegen gewesen waren, wurde in Ausdrücken ungeteilter Bewunderung von ihm gesprochen, und bei dem großen Festmahl in Whitehall, welches auf das Turnier folgte, sagte ihm mancher zärtliche Blick, wie sehr ihm das Herz geneigt sei, dessen Gefühle er verriet. Getreu und ritterlich war unser junger Ritter ebenso fest gegen diese Lockungen, wie gegen die raueren Angriffe seiner bewaffneten Gegner in den Schranken. Seine Beständigkeit gegen die Dame seiner Liebe blieb völlig unerschüttert. Viel lieber wäre er bei Aveline in ihrer bescheidenen Wohnung als in diesen prächtigen, festlichen Hallen gewesen, umringt von allem, was edel und schön – von allem, was gefährlich und täuschend war. Viel lieber hätte er ein Lächeln, einen freundlichen Blick von ihr erhalten, als alle Schmeicheleien, womit ihn diese Zauberinnen überschütteten.

Gern wäre er dem festlichen Mahl ausgewichen – aber als der Held des Tages war er genötigt, dabei zugegen zu sein. In der Tat musste er eine Hauptrolle bei dem Bankett spielen. Er machte seine Sache so gut, dass genug Komplimente an ihn verschwendet wurden, um einen gewöhnlichen Kopf zu verdrehen. Nicht aus eitler Prunksucht, sondern weil Prinz Karl in dieser Hinsicht seinen Wunsch ausgesprochen hatte, trug er alle die Perlen und Edelsteine, die er Buckingham abgewonnen hatte, und mehr als ein schlauer Hofmann, der sich seine Gunst erwerben wollte, erklärte er schmeichelnd, sie ständen ihm unendlich besser als dem Marquis. Andere, die weniger günstig gesinnt waren, bemerkten, sein mit Edelsteinen bedecktes Wams gleiche dem Gewand des Nessus und würde den Untergang des Trägers herbeiführen; und wenn sie Buckinghams geheime Gedanken hätten lesen können, als er seinen Rivalen so geschmückt sah, würden sie gefühlt haben, dass die Bemerkung nicht ohne Grund sei. Aber wenn gleich völlig zur Rache entschlossen, verriet Buckingham seine Absicht weder durch Blick noch Wort. Im Gegenteil zeigte er mehr als gewöhnliche Freundlichkeit gegen Mounchensey, lachte über sein eigenes Missgeschick und ging sogar so weit zu sagen, es sei Sir Giles Mompesson recht geschehen, indem er hinzufügte, er müsse sich selber tadeln, dass er ihn unter seine Partei aufgenommen habe, und er sei froh, dass Sir Jocelyn ihn so rau behandelt habe.

Wenn unser junger Ritter gleich an Buckinghams Aufrichtigkeit zweifeln mochte, so erwiderte er doch auf alle seine höflichen Redensarten in ähnlichen Ausdrücken. Es schien die größte Herzlichkeit zwischen ihnen zu herrschen. Bezaubert von dieser scheinbaren Freundschaft, versuchte der König sie dadurch zu befördern, dass er sie während des Abends in seiner Nähe behielt, sie veranlasste, sich miteinander zu unterreden und ihnen schmeichelte, wie es bei denen seine Gewohnheit war, die er sehr begünstigte. Dies alles musste Mounchensey sehr angenehm sein, doch gefiel ihm die Beachtung des Prinzen Karl, der ihn mit ausgezeichneter Rücksicht behandelte, viel besser.

Infolge einer Einladung, die er beim Gastmahl erhalten hatte, begab sich Sir Jocelyn am nächsten Morgen nach Ely House in Holborn, wo der spanische Gesandte wohnte, und wurde sogleich zu ihm gelassen.

Sie waren allein, und nach einigen vorläufigen Bemerkungen über die Ereignisse des vergangenen Tages sagte Gondomar: »Ich denke, ich habe bereits genügende Beweise von meinen freundlichen Gesinnungen gegen Euch geliefert, Sir Jocelyn. Aber ich will nicht bei dem stehen bleiben, was ich getan habe. Meine Macht, Euch zu dienen, ist größer, als Ihr Euch vorstellen mögt. Ich kann Euch noch weiter führen und Euch eine festere Stellung verleihen. Mit einem Wort, ich kann Euch mit Buckingham gleich, vielleicht noch über ihn stellen, wenn Euer Ehrgeiz so weit geht.«

Mounchensey versuchte, dem Gesandten seine lebhafte Dankbarkeit auszusprechen, und bedauerte seine geringen Mittel, die zahlreichen und wichtigen Dienste zu vergelten, die er ihm geleistet hatte.

»Ich will Euch sagen, was Ihr tun sollt«, sagte Gondomar. »Ihr könnt mir gewisse Nachrichten verschaffen, die ich zu erhalten wünsche. Durch meine Mitwirkung habt Ihr schon einigermaßen das Vertrauen des Königs erlangt, und es werden Euch gewiss bald wichtige Staatsgeheimnisse anvertraut werden. Diese sollt Ihr mir mitteilen. Auch müsst Ihr Euer Möglichstes tun, den Prinzen Karl zum Übertritt zur katholischen Kirche zu bewegen.«

»Ist dieser Vorschlag ernstlich gemeint, Graf?«, fragte Mounchensey, ihn mit Erstaunen und Missfallen ansehend.

»Ohne Zweifel – völlig ernstlich«, versetzte Gondomar. »Ich verlange nur, dass Ihr mir dient, wie ein gewisser junger Edelmann mir gedient hatte, ehe er genötigt war, aus England zu entfliehen, um die Folgen eines Streites mit der Familie seiner Frau zu vermeiden. Ihr werdet mehr Gelegenheit haben als er und daher werden Eure Dienste noch schätzbarer sein.«

»Ich bedaure, dass eine solche Treulosigkeit einem englischen Edelmann zur Last gelegt werden kann«, sagte Sir Jocelyn streng. »Aber glaubt nicht, weil Lord Roos den Spion und Verräter spielte, wie Eure Excellenz angedeutet, dass ich mich derselben Verworfenheit schuldig machen werde. Bis zu diesem Augenblick habe ich nur Dankbarkeit für Euch empfunden, wegen der Gunst, womit Ihr mich überhäuft habt; aber das Gefühl verwandelt sich in Zorn, wenn ich höre, dass sie um den Preis meiner Ehre erkauft werden soll. Ich kann Eure Wünsche nicht erfüllen, Graf. Ihr müsst Euch ein anderes Werkzeug suchen. Ich passe nicht dazu.«

»Wenn das wirklicher und kein affektierter Unwille ist, Sir Jocelyn«, sagte Gondomar kalt, »so scheint es, als habe ich mich gänzlich in Euch geirrt, als habe ich Euch nur die Leiter hinaufgeholfen, um auf die Seite gestoßen zu werden, sobald Ihr sicheren Fuß gefasst habt. Aber Ihr habt die höchste Stufe noch nicht erreicht und werdet es auch nie, wenn ich Euch nicht verständiger finde. Erlaubt mir zu fragen, wenn Ihr so bedenklich seid, wie Ihr behauptet, wie es kam, dass Ihr mir ein Zeichen von einem gedungenen Spion gebracht habt – ein Zeichen, welches mir zu erkennen geben sollte, dass Ihr bereit wart, jeden geheimen Dienst zu übernehmen, den ich Euch anvertrauen möchte? Habt Ihr denn seitdem Euren Sinn geändert? Oder vielmehr glaubt Ihr außer Gefahr zu sein und meines Beistandes nicht mehr zu bedürfen?«

»Ich bin immer derselben Ansicht gewesen, Graf, bin immer von denselben Gefühlen der Treue und Anhänglichkeit an meinen Monarchen und von Abscheu gegen alle verräterischen Pläne bestimmt worden. Hätte ich die Bedeutung des Ringes gekannt, den ich Eurer Exzellenz bei unserem ersten Zusammentreffen zeigte, so würde ich mir lieber den Finger abgehackt, als ihn Euch gezeigt zu haben. Auch kannte ich den Charakter des Mannes nicht, obwohl ich ihm hätte misstrauen sollen. Er hat ein falsches Spiel mit uns beiden gespielt, doch zu welchem Zweck kann ich nicht erraten.«

»Ich will Euch das Rätsel lösen, Herr«, sagte Gondomar. »Er wollte Euch dienen und er hat es auf die wirksamste Weise getan, obwohl Ihr es jetzt nicht zugestehen wollt. Ich habe guten Grund, mich über ihn zu beklagen – Ihr aber habt keinen.«

»Ich habe mehr Grund, mich zu beklagen, als Eure Excellenz«, entgegnete Mounchensey. »Er hat mich in eine höchst schmerzliche und unangenehme Lage versetzt.«

»Darin habt Ihr recht, mein Herr«, sagte Gondomar. »Wie Ihr auch dazu gelangt sein mögt, Ihr befindet Euch in einer Lage, aus welcher Ihr Euch nicht mit Ehre herauswickeln könnt. So sehr Ihr auch ab geneigt sein mögt, mit mir in Übereinstimmung zu handeln, so habt Ihr doch keine andere Wahl. Wenn ich Euch meine Unterstützung entziehe, ist Euer Fall unvermeidlich. Denkt nicht, dass ich ohne Grund rede. Ihr seid von Feinden umgeben, obwohl Ihr sie nicht bemerkt. Buckinghams großmütiges Benehmen beim gestrigen Festmahl war verstellt, um seine Absichten gegen Euch zu verbergen. Er hat Euch seine Niederlage nicht verziehen und denkt sie zu rächen. Ihr glaubt auf gutem Weg zur Beförderung zu sein, aber Ihr seid der Ungnade und dem Untergange nahe. Ich allein kann Euch retten. Wählt also zwischen der Erfüllung meiner Wünsche, vereint mit dem gegenwärtigen Schutz und der künftigen Beförderung und den gewissen Folgen Eurer Weigerung. Wählt, sage ich, zwischen meiner Freundschaft und meiner Feindschaft.«

»Meine Antwort soll ebenso bestimmt und entscheidend sein, wie Euer Vorschlag, Graf«, versetzte Sir Jocelyn. »Ich verwerfe sogleich eine Freundschaft, die an solche Bedingungen gekettet ist. Wenn ich die Beleidigung, die Ihr mir durch diesen ehrlosen Vorschlag zufügt, nicht räche, so geschieht es nur wegen der Verpflichtungen, die Ihr mir auferlegt habt, und die mir die Hände binden. Aber wir sind jetzt quitt, und wenn mir noch eine weitere Beleidigung zugefügt wird, werde ich sie nicht so leicht ertragen.«

»Bitte um Verzeihung – wir sind nicht quitt«, rief Gondomar rasch. »Die Rechnung zwischen uns ist noch nicht abgeschlossen, auch werde ich nicht eher ruhen, bis Ihr mir alles vollständig zurückgezahlt habt. Aber es wäre besser, diese Unterredung abzubrechen«, fügte er ruhiger hinzu, »da nichts Gutes daraus erfolgen wird. Es ist nutzlos, mit Euch zu streiten; aber Ihr werft mutwillig eine bessere Gelegenheit weg, als den meisten Menschen zuteilwird, und Ihr werdet Eure Torheit einsehen, wenn es zu spät ist.«

»Indem ich von Eurer Exzellenz Abschied nehme, halte ich es, da von jetzt an nur Feindschaft zwischen uns herrschen wird, nur für recht, Euch zu sagen, dass ich es für meine Pflicht ansehen werde, ohne Euch jedoch ausdrücklich zu nennen, Seine Majestät mit dem Spioniersystem, welches hier im Palast herrscht, bekannt zu machen, und vor allen Dingen werde ich Sorge tragen, den Prinzen vor den hinterlistigen Schlingen zu warnen, die man ihm gelegt hat.«

»Es ist schade, dass ein so getreuer Ratgeber wie Ihr, nicht angehört werden wird«, versetzte Gondomar. »Doch wenn ich Euch die Tore des Palastes schließe – wie ich es tun werde – dürft Ihr es schwierig finden, beim Prinzen oder König Gehör zu erhalten. Ungeachtet aller Eurer Bemühungen, es zu verhindern, werde ich jedes Staatsgeheimnis erfahren, welches ich zu wissen wünsche, und ich hege große Hoffnung, Karl Stuart für den Glauben zu gewinnen, für den seine liebenswürdige und verfolgte Großmutter gestorben ist. Noch ein Wort, ehe wir scheiden, Sir Jocelyn. Ihr erinnert Euch, dass Ihr, als wir einander zuerst begegneten, von der Sternkammer mit Verhaftung bedroht wurdet. Es würde jetzt vergebens sein, zu sagen, wie ich Euch von der Strafe errettete, die Ihr Euch durch Eure Unbesonnenheit zugezogen habt – wie ich, während ich Euch beim König in Gunst setzte, Eure Feinde Mompesson und Mitchell fern hielt, die sich Eurer Person bemächtigen wollten, wegen Verachtung jenes schrecklichen Gerichtshofes, was sie auch getan haben würden, wenn ich sie nicht daran gehindert hätte. Der Befehl zu Eurer Verhaftung ist noch vorhanden und kann jeden Augenblick in Ausführung gebracht werden. So könnt Ihr also denken, wie lange Ihr auf Freiheit rechnen könnt, da Ihr jetzt keinen starken Arm habt, um Euch zu beschützen.«

»Ich habe meinen eigenen Arm, auf den ich mich verlassen kann«, versetzte Sir Jocelyn entschlossen, »und hege keine Furcht.«

»Geht mit Gott!«, sagte der Spanier, sich verbeugend, als er ihn zur Tür begleitete, »oder sollte ich sagen«, fügte er bei sich selber hinzu, »geht in die Hölle!«

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