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Ritter Busso von Falkenstein – 7. Teil

Ritter Busso von Falkenstein
oder die Geheimnisse der Totengruft
Ein schauderhaftes Gemälde aus den Ritterzeiten
Verlegt durch Gottfried Basse zu Quedlinburg, 1813

»Ach! Fräulein, wie konntet Ihr glauben, dass es mir möglich sei, Euch zu vergessen?«, rief Busso im Übermaß seiner Freude, indem er sich dem Fenster näherte. »Ach! Liebenswürdige Adelheid, Ihr kennt die Macht Eurer Reize nicht, wenn Ihr glaubt, dass ein Herz, welches einmal für Euch eingenommen war, anderen Leidenschaften Raum geben könne.«

Als Adelheid diese ihr so bekannte Stimme hörte, eilte sie ans Fenster. Da sie aber ihren Geliebten erblickte, zitterte sie und wurde ohnmächtig. Vergebens strengte sie ihre Kräfte an, sich mit ihm in ein Gespräch einzulassen. Sein Name war das einzige Wort, welches sie noch hervorzustammeln vermochte. Busso war über ihren Anblick so erfreut, das er in diesem Augenblick nicht an die Hindernisse dachte, die seinem Glück noch im Wege standen.

»Anbetungswürdige Adelheid!«, rief er, »möge dieser entzückende Augenblick mich für alle während unserer Trennung ausgestandene Pein schadlos halten! Ohne Euch war meine Seele für kein Vergnügen empfänglich. Ich kannte die guten Gesinnungen nicht, welche Ihr gegen mich hegtet. Ich hielt mich ihrer nicht wert und nie stieg irgendein Argwohn, nie eine eifersüchtige Furcht in meinem Herzen empor.

»Wie kommt Ihr aber hierher?«, fragte sie stammelnd und mit bebender Stimme. »Ach! In diesem furchtbaren Wald hätte ich Euch nicht erwartet. Ich glaubte, wir wären in diesem Augenblick viele Meilen weit voneinander entfernt. Was veranlasst Euch aber, diese entlegene Burg jetzt zu besuchen?«

»Der Wunsch, Euch einmal wiederzusehen, bewog mich einzig und allein zu diesem Unternehmen. Ich war nicht vermögend, den Schmerz unserer Trennung länger zu ertragen. Und welcher glückliche Stern führte mich gerade jetzt hierher – in einem Augenblick, wo die liebenswürdige Adelheid mit eigenem Mund erklärt, dass, so unwürdig ich auch zu sein glaube, einen Platz in ihrem Herzen zu behaupten, sie sich meiner dennoch erinnert.«

»Himmel!«, rief Adelheid, »Ihr habt also die Worte gehört, welche mir unüberlegter Weise entfuhren?«

»Verzeiht mir, teures Fräulein. Ich habe Euer Gespräch so lange angehört, bis ich das Geständnis aus Eurem Mund vernahm, dass ich in Eurem Herzen einen höheren Platz als mein Nebenbuhler behaupte. Diese Ungewissheit war zu peinlich für mich, als dass ich sie länger hätte ertragen können. Unmöglich konnte ich mich entschließen, einen Ort zu verlassen, wo ich Eure holde Stimme hörte, ohne vorher die Qualen einer so grausamen Ungewissheit zu beseitigen. Nun ist mein Schicksal entschieden, und bloß die Besorgnis, Euch dadurch, dass  ich Euch belauschen versuchte, gegen mich eingenommen zu haben, beunruhigt mich noch. Teure Adelheid, könnt Ihr mir dies verzeihen?«

»Wenn Ihr meinen Missmut rege gemacht zu haben glaubt«, antwortete sie, »so ist bloß Euer Argwohn schuld daran, der Euch veranlasste mich zu behorchen. Es scheint mir selbst, als wäre es mir unangenehm, dass Ihr meine Gesinnungen gegen Euch erfahren habt. Jedoch muss ich dies vielmehr der ungerechten Besorgnis zuschreiben, das Ihr mich für fähig haltet, ich könnte für irgendeinen anderen eben die Gesinnungen wie für Euch hegen.«

Erfreut über diese unerwartete Antwort, wagte es Busso, dem Fräulein Adelheid seine innige Liebe zu gestehen, die er schon seit mehreren Jahren im Stillen für sie hegte. Adelheid, welche ihrer Freude nun freien Lauf ließ, gestand ihrem Geliebten ebenfalls die zärtlichen Gesinnungen, welche er seit langer Zeit in ihrem Herzen rege gemacht habe. Sie erwachte aber bald aus ihrem süßen Traum, indem sie sich an ihre gegenwärtige traurige Lage erinnerte. Heiße Tränen rollten über ihre Wangen. Busso erkundigte sich nach der Ursache dieses schnellen Betrübnis.

»Ach!«, rief sie sehr bewegt, »wir haben uns bloß wiedergefunden, um den Schmerz einer ewigen Trennung desto heftiger zu empfinden.«

»Nie«, erwiderte der Ritter lebhaft, »nie soll meine geliebte Adelheid von mir getrennt, nie mir entrissen werden.«

»Wie soll ich aber dem grausam Geschick entkommen, das mich verfolgt?«

»Versucht Euch Euren Tyrannen zu entreißen«, sagte der Ritter, »mein Arm soll Euch gegen ihre Verfolgungen schützen. Ich schlage Euch diesen Schritt nicht meines Vorteils wegen vor; fand ich Euch glücklich und mit Eurer Lage zufrieden wieder, so hätte ich lieber sterben wolle, als Euch zu bewegen, mein Vorhaben mit mir auszuführen; und hätte ich Ursache gehabt, zu glauben, dass Ihr mit meinem Nebenbuhler glücklich sein könntet, so würde doch die Verzweiflung, worin mich dieser schreckliche Gedanke gestürzt hätte, nie imstande gewesen sein, mich auf irgendeine Art zur Beunruhigung Eures Glücks zu veranlassen. In Eurer gegenwärtigen Lage aber ersuche ich Euch, nicht um mir das Glück Eures Besitzes zu sichern, sondern Euch vielmehr in eine bessere und ruhiger Lage zu versetzen, zur Flucht zu bereden. Noch heute müsst Ihr mit mir fliehen und Euch von einem Vater entfernen, der seine väterliche Macht missbraucht, um Euch zu jener unglücklichen Verbindung zu zwingen. Ich kenne Eure zarten Gefühle. Ich weiß, wie wenig Ihr des Ansehens, zu dem Euch der Graf erheben kann, zu Eurem Glück bedürft. Ich kann Euch zwar keine so große Reichtümer aufweisen, aber dennoch, anbetungswürdige Adelheid, bitte ich um Eure Hand, indem ich nur unter dieser Bedingung, Eurer und meiner Ehre wegen, als Euer Beschützer auftreten kann.

Bei diesen Worten erkannte Adelheid des Ritters großmütige Gesinnungen, über deren Aufrichtigkeit ihr sein ganzes Benehmen keinen Zweifel zurückließ. Sie konnte sich aber dennoch für diesen Augenblick nicht entschließen, seinem Wunsch Genüge zu leisten. Bisher war sie ihrem Vater nie ungehorsam gewesen; gleichsam wider ihrem Willen hatte ihr Herz die zärtlichste Liebe für einen Ritter genährt, der ihrer zwar nicht unwürdig war, dessen übrigen Verhältnisse ihr jedoch nie ihres Vaters Einwilligung zu einer Verbindung mit ihm hoffen ließen. Und heute, da sie seinem Willen offenbar entgegen handeln sollte, um wider seines ausdrücklichen Befehls ihre Hand einem anderen zu geben,  fiel ihr dieser Gedanke plötzlich bei und machte sie unschlüssig, ob sie sich lieber in ihres Vaters Willen fügen oder ihren Neigungen freien Lauf lassen sollte.

Leonore aber, die bisher keinen Anteil an dem Gespräch genommen hatte, nahm nun das Wort und bot ihre ganze Beredsamkeit auf, um des Ritters Busse Vorschlag zu unterstützen. Sie wusste dem Fräulein alle Gründe einleuchtend zu machen, die den Ritter zu ihrer Entführung bewogen. Sie stellte ihr vor, dass es ihr in kurzer Zeit unmöglich sein würde, sich den Händen des verhassten Grafen zu entziehen und malte ihr mit den grellsten Farben die schrecklichen Folgen einer Verbindung, an die sie nicht einmal ohne Schauer denken könnte. Sie stellte ihr sogar vor, dass man es ihr als Falschheit und Untreue auslegen würde, wenn sie die Hand eines Mannes annähme, da sie doch aus ihrem Herzen das Bild eines Geliebten, dem sie früher ergeben war, nicht verlöschen könnte.

Adelheid war nicht imstande, dem Drang ihres Herzens, den Vorstellungen Leonores und den Bitten des Ritters länger Widerstand zu leisten. Sie ergab sich und überließ sich ganz dem Schutz ihres Geliebten. Letzterer, im Übermaß seines Glücks, hätte es gern gesehen, wenn sich ihm Adelheid gleich in die Arme geworfen hätte. Das Fenster schien ihm nicht zu hoch, um ohne Gefahr einen Sprung aus selbigem wagen zu können. Er wollte diesem günstigen Augenblick benutzen, indem er befürchten musste, Adelheid würde entweder einen anderen Entschluss fassen oder es könnten ihrer Flucht noch größere Hindernisse in den Weg gelegt werden. Leonore machte aber Einwendungen dagegen, da sie versicherte, es streiften eben mehrere Knappen des Grafen im Wald umher, um bis zur Abreise ihres Herrn dort zu verweilen. Sie machte noch mehrere Schwierigkeiten und Busso selbst erinnerte sich in diesem Augenblick eines Umstandes, der ihn nötigte, Leonores Worten zuzustimmen. Er hatte nämlich seine Rosse in der Eulenburg zurückgelassen und war besorgt, Adelheid würde den Weg in die nächsten Stadt, wo man erst wieder Pferde haben konnte, nicht zu Fuß machen können. Leonore war daher der Meinung, wenn alle Burgbewohner in tiefen Schlaf versunken wären, den Ritter in den Garten zu führen, in welchem man die Fenster von Adelheids Schlafgemach beobachten konnte. Sobald Letztere ihren Liebhaber gewahr würde, sollte sie aus dem Fenster steigen und er sie zu dem Orte geleiten, wo seine Rosse bereit ständen. sie bat zugleich um die Erlaubnis, das Fräulein auf der Flucht begleiten zu dürfen, welche ihr aus sogleich bewilligt wurde.

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