Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Ritter Busso von Falkenstein – 4. Teil

Ritter Busso von Falkenstein
oder die Geheimnisse der Totengruft
Ein schauderhaftes Gemälde aus den Ritterzeiten
Verlegt durch Gottfried Basse zu Quedlinburg, 1813

Beim Hinausgehen aus dem Zimmer des Burgherrn ging er über eine große Galerie, wo Ritter Friedrich mit großen Schritten auf und abging.

»Welche angenehme Unterhaltung konnte Euch denn so lange bei meinem Vater aufhalten?«, sagte dieser ungestüme Jüngling zu ihm. Seit beinahe einer Stunde schon habt Ihr mich hier auf Euch warten lassen.«

»Bloß in der Hoffnung«, erwiderte Ritter Busso, »blieb ich länger bei Eurem Vater, dass Ihr auch auf dessen Zimmer kommen würdet. Da Ihr jedoch nicht kamt, so wollte ich Euch eben aufsuchen, glaubte aber keineswegs, dass Ihr hier auf mich warten würdet.«

»Es war mir unmöglich, vor meinem Vater zu erscheinen, indem mein Inneres zu bewegt ist und ich schwerlich ein Wort mit ihm hätte reden können. Dieser Ort ist aber zu einer heimlichen Unterredung nicht geeignet. Lasst uns einen anderen aufsuchen, um nicht Gefahr zu laufen, belauscht zu werden.

Hierauf gingen sie Arm in Arm die Wendeltreppe hinab. Sie kamen am Burgtor an, fanden selbiges offen und gingen nun in den Wald. Busso blieb dem Ritter Friedrich beständig zur Seite, und beide beobachteten ein tiefes Schweigen. Endlich, als sie an einem verborgenen Ort angekommen waren, wo man sie vom Schloss nun nicht mehr beobachten konnte, ließ Friedrich Bussos Arm los, sah ihn ernsthaft an und sagte: »Kann ich auch jederzeit auf Eure Freundschaft rechnen?«

»Könnt Ihr noch daran zweifeln«, erwiderte Busso, »da ich Euch so oft Beweise meiner aufrichtigsten Freundschaft und Zuneigung gegeben habe? Nie die Wohltaten vergessen, womit Ihr mich überhäuft habt. Ich hoffe aber, in der Zukunft noch imstande zu sein, Euch mit mehr als Worten die Aufrichtigkeit der Besinnung an den Tag zu legen, welche ich stets für Euch gehegt habe.«

»Es ist wahr, lieber Busso«, sagte Friedrich, »ich habe es noch nicht vergessen, dass ich Eurer Freundschaft die Erhaltung meines Lebens zu verdanken habe, wofür ich Euch bisher nur schwach habe danken können. Ich werde aber jede Gelegenheit ergreifen, Euch meine Erkenntlichkeit tätlicher beweisen zu können. Zuvor muss ich jedoch Eure Freundschaft nochmals in Anspruch nehmen, denn der Dienst, welchen ich jetzt von Euch erwarte, ist von der Art, dass, wenn Ihr mir selbigen nicht zu leisten geneigt seid, es besser gewesen wäre, Ihr hättet Euren Arm nie zu meiner Verteidigung erhoben.«

»Lasst hören«, erwiderte Ritter Busso mit gespannter Aufmerksamkeit, »welches Unglück die Heiterkeit Eurer Tage trübt! Eure Blicke und Worte lassen mich traurige Vorfälle ahnen.«

»Ja«, sagte Friedrich, »versagt Ihr mir Euren Beistand, so bin ich im höchsten Grad unglücklich – meine Geliebte, für welche ich mein Leben wage, soll mir entrissen und einem anderen gegeben werden.«

»Ach, lieber Friedrich, Ihr habt also die Macht der Liebe erfahren? Wer ist  Eure Geliebte und wie kann ich sie retten?«

»Ehe ich mich Euch weiter entdecke«, antwortete Friedrich, »muss ich Euch bitten, mir mit einem heiligen Schwur die Versicherung zu geben, dass ich auf Euren kräftigen Beistand rechnen kann.«

»Es ist ganz überflüssig, Ritter, mich Euch durch Versprechungen verbindlich zu machen, indem ich mich auch ohne diese Förmlichkeit jederzeit bereitwillig finden lassen werde, Euch nicht allein in dieser, sondern auch in jeder anderen Angelegenheit die Dienste zu erweisen, welche mir die Freundschaft gegen Euch und mein Ehrgefühl vorschreiben.«

Ritter Friedrich drang mit Ungestüm in ihn, aber Busso blieb unerbittlich.

Seine Verbindung mit diesem jungen Ritter gründete sich nicht auf Gleichheit ihres Charakters und ihrer Meinungen; sie hatten sich durch Zufall in einem Kampf getroffen und diese gelegentliche Zusammenkunft nachher den Namen der Freundschaft angenommen. Da Busso jenem das Leben gerettet hatte, so schätzte Friedrich ihn als einen wackeren Mann sehr hoch, war gern in seiner Gesellschaft und gab ihm bei jeder Gelegenheit Beweise seiner Liebe und Achtung. Ob aber gleich des Ritters Friedrich zuvorkommendes Wesen auf Bussos sein fühlendes Herz einen tiefen Eindruck gemacht hatte, so ließ er sich doch nicht verblenden und war vorsichtig genug, um sich nicht ohne Überlegung und ohne vorherige genaue Prüfung mit einem unerfahrenen Jüngling, den er durch seine weisen Ratschläge schon öfter aus großen Gefahren gerettet hatte, in unüberlegte Unternehmungen einzulassen.

Friedrich sah nun wohl ein, dass sein Freund bei seiner Weigerung beharrte, ihm den verlangten Eid zu leisten. Er drang deshalb auch nicht weiter in ihn und erklärte, dass er ihm einen neuen Beweis von dem Zutrauen, welches er zu seiner Freundschaft habe, dadurch geben wollte, wenn er ihn näher mit den Umständen bekannt mache, die ihm Veranlassung gegeben hatten, seine Zuflucht zu ihm zu nehmen und um seinen Bestand zu bitten.

»Ihr werdet Euch erinnern«, sagte er zu ihm, »dass, als ich von meinem Vater den Befehl erhielt, mich aus dem Kriegsgetümmel zurück und nach Hause zu ziehen, er diese Aufforderung so dringend machte, dass ich nichts anderes als sehr wichtige Beweggründe zu meiner Zurückberufung vermuten konnte. Ich reiste also in der größten Eile nach Hause. Bei meiner Ankunft erfuhr ich, dass mein Vater gesonnen sei, mich zu verheiraten. Er selbst machte mir seinen Entschluss bekannt, befürchtend, dass ich mich beleidigt finden und ihm Hindernisse zur Ausführung desselben in den Weg legen würde, wenn ich ihn erst durch einen anderen erführe. Ich wunderte mich umso weniger hierüber, da mir bekannt war, dass er seit dem Tod meines Bruders mit Wehmut in meiner Person den Letzten seines Stammes sah; und, war er entweder durch irgendeine Prophezeiung oder Traum beängstigt worden. Man sagte mir, er glaube, dass seinem Geschlecht ein großes Unglück bedrohe, indem er nur einen männlichen Nachfolger habe. Mit mir hat er sich über diesen Punkt nie in eine Unterredung eingelassen. Noch bis diesen Augenblick weiß ich nicht, worauf sich seine Unruhe gegründet hat. Mir ist nur so viel bekannt, dass er seit jener Zeit oft in mich gedrungen und mich zu bewegen gesucht hat, mich zu verheiraten, und zwar nicht selten mit Eifer. Über meine Äußerung, das ich durchaus noch keine Neigung fühle, mich zu verheiraten, schien er sehr betrübt und niedergeschlagen. Als er endlich den Wunsch äußerte, mich der von ihm gewählten Braut vorzustellen, und mich zugleich dringend aufforderte, ihm durch dessen Erfüllung meine kindliche Liebe und Zuneigung an den Tag zu legen, begleitete ich ihn zu ihrem Wohnort und freute mich über meines Vaters Entschluss, da er mir zuvor erklärte, er hätte es für besser gehalten, ihr lieber seine Hand anzubieten, als mich zu zwingen, ihr wider meinen Willen die meinige zu reichen. Ich war über diese Verheiratung so gleichgültig, dass ich es nicht einmal der Mühe wert hielt, irgendeine Erkundigung über meine mir unbekannte Braut einzuziehen. Es war mir nicht einmal eingefallen, zu fragen, ob sie schön sei. Wie soll ich Euch aber, teurer Ritter, die Veränderung schildern, welche der Anblick diese unvergleichlichen Schönheit in meinem Herzen hervorbrachte! Dieses, bis dahin unempfindliche Herz erfuhr jetzt die unwiderstehlichste Macht ihrer Reize. Urteilt nun selbst, lieber Ritter, wenn Euer Herz, welches in jeder Hinsicht zartfühlender als das meine ist, je von den Reizen einer Schönheit eingenommen wurde. Urteilt selbst, wie groß meine Bestürzung war, als ich in der Person, die ich eigentlich als meine künftige Stiefmutter begrüßen sollte, das liebenswürdigste und einnehmendste Mädchen unter der Sonne zu erblicken glaubte. Ich war der Meinung, dass die künftige Gemahlin meines Vaters in Rücksicht des Alters mit dem seinen im Verhältnis stehen müssten. Aber, die erste Blüte der Jugend rötete ihre Wangen, ihre schildern. Wenn ich mich in meiner Hoffnung nicht täusche, so sollt Ihr sie in Kurzem sehen. Ohne Eure Verdienste um meine Person herabzuwürdigen, glaube ich Euch die Versicherung geben zu können, dass der bloße Anblick einer so seltenen Schönheit Euch für selbige hinreichend belohnen wird. Als ich ihr vorgestellt wurde, war sie mit allem möglichen Schmuck versehen, den Menschenhände anfertigen können und der ihre natürlichen Reize bis zum Entzücken lieblich erhöhte. Man hatte ihr befohlen, mich als den Sohn, dessen zu begrüßen, dem ihre Hand versprochen sei. Sie wurde aber bei meinem Anblick sehr bestürzt, ihre Wangen überzog ein hohes Rot. Da sie mir ihre Hand zum Gruß reichte, drückte ich selbige heftig an meine Lippen und wusste in dem Augenblick nicht, ob ich sie als meine Geliebte oder als meine Mutter umarmen sollte. Mein Benehmen brachte sie noch mehr in Verwirrung. Sie zog eilig ihren Hand zurück, Tränen rollten über ihre schönen Wangen, und sie musste sich eilig entfernen. Ich mag mir wahrlich keine Schmeicheleien sagen, wenn ich diese Beweise ihres Missmuts der Erscheinung meiner Person zuschreibe. Sie bedauerte ohne Zweifel, dass man ihre Hand meinem Vater und nicht mir versprochen habe. Befürchtend, ihre innere Bewegung könnte von ihren Eltern bemerkt werden und Letztere ihr Vorwürfe darüber machen, verließ sie das Zimmer. Wenn ich von meinen Gefühlen auf die ihren schließe, so musste es ihr unmöglich sein, dass sie sich länger fassen konnte. Es war in der Tat ein Glück für mich, dass ihre Enthaltsamkeit oder vielmehr Furchtsamkeit, die meine übertraf. Im Gegenteil würde ich mich selbst, überwältigt von dem überirdischen Zauber ihrer Reize, den Blicken meines und ihres Vaters zu entziehen gesucht haben. Ich wusste mich aber schnell zu fassen, indem ich die mächtigen Beweggründe erwog, welche mir geboten, meine Neigung zu dem Fräulein den Augen der Umstehenden nicht bemerkbar werden zu lassen. Ich glaube gewiss, meinen Zweck erreicht zu haben. Zwar konnte mein Vater den schweren Missmut, worin er mich auf einmal versunken sah, auf Rechnung meiner Neigungen gegen des Fräulein setzen. Inzwischen schrieb er denselben meiner Furcht zu, bei seiner neuen Verheiratung in meinen Rechten geschmälert zu werden. Ich gestehe es selbst, dass ich in dieser Hinsicht nicht ganz unbesorgt war. Wenn ich auch meinem Vater die liebreichsten Gesinnungen gegen mich zutraue, wäre es dennoch nicht leicht möglich, wenn etwa seine zweite Ehe mit Nachfolgern gesegnet würde, dass eine so junge und schöne Frau Macht genug über ihn bekäme, um ihn zu vermögen mir zu deren Gunsten Vorteile zu entziehen, worauf ich schon so alte und gerechte Ansprüche habe? Ich halte es heute nicht der Mühe wert, meine Aufmerksamkeit auf dergleichen Gegenstände zu richten. Auf Reichtum und Ehre will ich mit Vergnügen Verzicht leisten, wenn ich nur das Glück haben kann, diese unvergleichliche Schönheit zu besitzen. Bei dem Gedanken, dass sie ein anderer heimführen wird, dass sie in den Armen eines Greises verblühen soll, welcher bei seinem grauen Haupt auf andere Dinge bedacht sein sollte, als eine so schöne junge Frau durchs Leben zu führen, empört sich mein Herz. Ich bin der Verzweiflung nahe, wenn Ihr Euch meiner nicht annehmt. Ach, tapferer Ritter! Könnt Ihr noch lange zögern und mir Euren Schutz und Beistand länger versagen?«

»Eure traurige Lage rührt mein Herz, lieber Friedrich«, erwiderte Ritter Busso. »Und was mich am meisten betrübt, ist, dass Ihr Euer Herz durch eine Leidenschaft habt bestricken lassen, der so viele Hindernisse in den Weg gelegt werden können!«.

»Letztere kann ich durch Eure Vermittlung alle übersteigen«, sagte Friedrich mit Lebhaftigkeit.

«Bedürft Ihr vielleicht meiner Hilfe, um die Geliebte Eures Herzens zu rauben?«, versetzte Busso. »Lasst mich einen Augenblick über ein ähnliches Unternehmen nachsinnen.«

»Ich habe schon alles reiflich überlegt«, unterbrach ihn Friedrich, »und bin überzeugt, dass es nur ein einiges Mittel gibt, meine Neigung zu befriedigen, ohne mein Glück zu untergraben. Ihre Hand ist meinem Vater, dem Ritter von der Eulenburg, von ihrem ehrgeizigen Vater versprochen. Könnte ich auch irgendein Mittel ausfindig machen, ihn zu hintergehen und sie aus seiner Burg zu entführen, so wäre mir nichts sicherer, als von meinem erzürnten Vater meines ganzen Vermögens verlustig erklärt zu werden. Ich müsste also Herr von der Eulenburg sein und seine Güter die meinen nennen können. Ach, Busso, Ihr nennt Euch meinen Freund und erratet den Wunsch meines Herzens nicht, und den Dienst, welchen ich von Eurer Freundschaft erwarte?«

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert