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Deutsche Märchen und Sagen 113

Johannes Wilhelm Wolf
Deutsche Märchen und Sagen
Leipzig, F. A. Brockhaus, 1845

148. Hänschen Zimmermann und die Katzen

Auf der Brüsslerstraße zu Dendermonde liegt ein Haus, welches Zur Sonne heißt. Darin befand sich in früheren Zeiten eine Brauerei, worin Hänschen Zimmermann als Knecht diente. Das erste, zweite und dritte Gebräu misslang und das konnte Hänschen nicht begreifen, denn er verstand sein Handwerk so gut wie der Beste. Nun hatte Hänschen bemerkt, dass jedes Mal, wenn er am Brauen war, eine Katze rund um den Kessel lief. Und die beschloss er nun einmal ins Auge zu fassen. Er begann also sein viertes Gebräu. Kaum kochte das Bier, als die Katze wieder in die Brauerei kam und miauend um den Kessel strich. Hänschen merkte alsbald, dass es eine Hexe war, ging zu ihr und fragte: »Woher kommst du, Kätzchen?«

»Miau«, antwortete dieses und lief weg, doch kam es einige Augenblicke danach zurück und hatte mehr denn ein Dutzend andere Katzen bei sich. Die fassten sich alle Pfote an Pfote und begannen einen Tanz um den Kessel, wobei sie unaufhörlich sangen:

Hansken Temmerman vroeg aen my:
Katze, van waer komdegy?

(Hänschen Zimmermann fragte mich: »Kätzchen, woher kommst du?«

Da wurde Hänschen böse, füllte still einen Eimer mit kochendem Bier und goss das über die Katzen hin.

»Miau! Miau!«, schrien alle jämmerlich und verschwanden.

Das Gebräu aber glückte. Am anderen Morgen jedoch sah man im Rochussträsschen fünf bis sechs Frauen, deren Gesichter ganz schwarz verbrannt waren, tot auf der Straße liegen. Da blieb denn wohl kein Zweifel mehr, wer die Katzen gewesen waren.

149. Katzentanz um die Schützenstange

In der Nähe des grünen Teiches zu Assenede lag früher eine Weide, auf der die Vogelstange stand. Um die Stange tanzte jede Nacht eine Menge von Katzen.

Ein Bauer, der ein wenig zu tief ins Glas geschaut hatte, kam noch spät abends da vorbei und sah eine schöne Katze auf sich zukommen.

»Ei, schöne bunte Katze, wo gehtʼs denn hin?«, fragte er und lief der Katze nach bis unter die Schützenstange, wo er der Katzen eine Menge fand, die sogleich begannen, in großem Kreis herumzutanzen und zu singen:

Väterchen, Käterchen, das fragte mich,
Ei, schöne bunte Katze, wohin trollst du dich?

Als der Tanz einige Zeit gedauert hatte, verschwanden die Katzen und es erschienen viele schön gekleidete Mädchen, die kostbare Speisen auf eine lange Tafel setzten und ihn einluden, mitzuessen. Das tat er auch, aber das Leckerste selbst schien ihm geschmacklos, denn es war kein Salz darin.

»Habt ihr nicht ein wenig Salz hier?«, fragte er, aber im selben Augenblick verschwand alles, Mädchen, Speisen und Tafel und er saß allein im Gras. Morgens fand er einen Kreis in den Rasen gebrannt, just da, wo die Katzen getanzt hatten.

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