Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Deutsche Märchen und Sagen 111

Johannes Wilhelm Wolf
Deutsche Märchen und Sagen
Leipzig, F. A. Brockhaus, 1845

146. Dukaten verloren

Zu Tielt in Flandern lebte ein Bauer; der war einmal ausgegangen, um Vieh zu verkaufen, hatte es auch zu guten Preisen losgeschlagen und kam mit gut gefüllten Taschen zurück nach Hause. Unterwegs hatte er da und dort einmal angehalten und so war er nicht ganz nüchtern mehr, doch noch so gut bei Sinnen, dass er wusste, er habe außer seinem Silbergeld auch einen Dukaten in der Tasche. Den verwahrte er auch aufs Beste und sah oft nach, ob er ihn nicht verloren hätte.

Zu Hause hing er die Hose, in der das Geld steckte, an dem Bettpfosten auf, nachdem er sich vorher noch einmal überzeugt hatte, dass sein Dukaten nicht mangele. Des anderen Morgens war sein erster Gedanke an das Geld und den Dukaten besonders, aber wie er auch suchen mochte, der war verschwunden. Niemand war in der Kammer gewesen als sein Sohn; somit fiel sein Verdacht auf diesen, doch der leugnete und sprach, er habe die Hose nicht angerührt. Wie er aber immer leugnen und was er auch sagen mochte, der Alte blieb dabei, er habe den Dukaten. Dessen müde, machte der Bursche sich gegen Abend auf, ging zu einem zwei Stunden entfernt wohnenden Zauberer, fragte den, ob er nicht wisse, wo seines Vaters Dukaten sei.

»Diesen Abend kann ich Euch das nicht sagen«, antwortete der Zauberer, »aber kommt morgen früh wieder, dann will ich Euch schon darüber Rechenschaft geben.« Der Weg nach Hause und wieder zurück und noch einmal nach Hause schien dem Burschen doch zu mühsam. Darum gedachte er in der Nähe von der Wohnung des Zauberers zu bleiben, um am anderen Morgen gleich bei der Hand zu sein, und legte sich in eine Scheune, die nahe beim Haus stand. Gegen Mitternacht öffnete sich das Tor der Scheune und der Zauberer trat ein, ein Laternchen in der einen und eine Weidenrute in der anderen Hand. Mit der Rute schlug er dreimal auf die Erde, indem er rief: »Minnekens hier! Minnekens hier! Minnekens hier!«

In demselben Augenblick wimmelte es von Katzen um den Zauberer herum.

»Kann mir keine von euch sagen, wo des Bauers M. Dukaten geblieben ist?«, fragte er dann.

Doch die Katzen sprachen: »Nein, das können wir nicht sagen, es ist jemand nahebei.«

»Ei, so brecht ihm den Hals,« sprach der Zauberer.

Und die Katzen antworteten: »Ja, das täten wir, aber er hat sich gezeichnet. Der Bursche hatte nämlich ein Kreuz gemacht, ehe er sich in die Scheune zum Schlaf gelegt hat.«

So konnten die Katzen ihm nichts anhaben, verschwanden und der Zauberer ging auch weg. Dass der Bursche nicht lange mehr in dem Stroh blieb, begreift sich leicht. Er lief gleich nachher, was er konnte, dem nahen Wald zu und erwartete da den Morgen. Als dieser eben dämmerte, klopfte er an des Zauberers Tür und fragte den Teufelskünstler, ob er denn nun wisse, wo der Dukaten sei.

»Jawohl«, sprach der Zauberer. »Es hat mir nicht wenig Mühe und Arbeit gekostet, aber ich kann es Euch doch sagen. Euer Vater schläft im Stall und neben seinem Bett steht ein Tränktrog, woraus das Vieh säuft. Dahinein ist der Dukaten gefallen, als Euer Vater seine Hose am Bett aufhing. Sucht darin und Ihr werdet ihn finden.« Die Antwort hinterbrachte der Bursche alsbald seinem Vater, sie suchten beide im Trog und der Dukaten lag in der Tat darin.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert