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Deutsche Märchen und Sagen 110

Johannes Wilhelm Wolf
Deutsche Märchen und Sagen
Leipzig, F. A. Brockhaus, 1845

145. Das Zauberweib zu Assenede

Vor längerer Zeit lebte zu Assenede ein altes Zauberweib, vor der ein jeder Angst hatte. Eines Tages ritt ein junger Bursche zu einem nahen Dorf und fand sie unterwegs.

Er fragte sie im Scherz: »Aha, wie steht es? Ihr lauft wie ein Mädchen von achtzehn Jahren.«

Sie sah ihn einmal an und sprach mit ihrer rostigen Stimme: »Lasst die in Ruhe, die Euch in Ruhe lassen.«

Der Bursche lachte sie aus und ritt seines Weges weiter. Als er aber abends nach Hause zurückkehren wollte und kaum das Dorf verlassen hatte, da siehe, kam ihm eine große Katze entgegen, die stellte sich vor sein Pferd und schrie dreimal ihr Miau, aber das mit einer Stimme, dass sich dem Burschen die Haare auf dem Kopf in die Höhe richteten. Dann lief sie weg. Ein paar Schritte weiter kam eine zweite und die machte es ebenso, schrie auch dreimal Miau und lief weiter. So ging es über den ganzen Weg bis nach Assenede, wo der Bursche mehr tot als lebendig ankam.

Ein anderer kam abends spät noch über Feld und wollte nach Hause zu, als er plötzlich eine rostige Stimme neben sich hörte, die fragte: »Wie spät ist es?«

Er schaute sich um, sah das alte, krüppelhafte Weib und lieft was er konnte, um das Dorf zu erreichen. Ein paar hundert Schritte weiter dachte er, nun könne er wohl langsamer gehen, denn das Zauberweib schlich nur mit Mühe stets an ihrem Stab fort.

In demselben Augenblick aber hörte er ihre allzu bekannte Stimme neben sich die Frage wiederholen: »Wie spät ist es?«

Kalten Todesschweiß auf der Stirn, begann er zum anderen Mal zu laufen und ruhte auch nicht, bis er an seiner Tür ankam. Als er jedoch kaum den Schlüssel eingesteckt und dieselbe geöffnet hatte, stand das Weib zum dritten Mal neben ihm und fragte: »Wie spät ist es?«

Man braucht wohl nicht zuzufügen, dass er in aller Eile ins Haus schlüpfte und froh war, von ihr erlöst zu sein.

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