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Die Sternkammer – Band 3 – Kapitel 1

William Harrison Ainsworth
Die Sternkammer – Band 3
Ein historischer Roman
Christian Ernst Kollmann Verlag, Leipzig, 1854

Erstes Kapitel

Gift

Die Ausführung des verbrecherischen und rachsüchtigen Planes der Lady Lake würde nach der von dem Lord Roos erlittenen Niederlage nicht lange aufgeschoben worden sein, hätte sich ihr Gemahl nicht entschlossen widersetzt. Dies mag überraschend erscheinen von einem Mann, der so gänzlich unter der Herrschaft seiner Frau war, wie Sir Thomas; aber je mehr er über die möglichen Folgen des Planes nachdachte, desto mehr wurde er demselben abgeneigt. Als er alle Gründe vergebens sah, seine Gemahlin von ihrem Vorhaben abzubringen, fand er endlich so viel Entschlossenheit, dasselbe ausdrücklich zu verbieten.

Aber das Vorhaben wurde nur verzögert und nicht gänzlich aufgegeben. Lady Lake hielt das erdichtete Bekenntnis beständig in Bereitschaft, um es bei der ersten günstigen Gelegenheit zum Vorschein zu bringen.

Lady Roos war der Maßregel nicht weniger abgeneigt als ihr Vater, obwohl Lady Lake ihrem Gemahl das Gegenteil vorgestellt hatte; aber gewöhnt, den Wünschen ihrer Mutter blind zu gehorchen, ließ sie sich leicht bewegen, in den Plan einzustimmen, besonders da das erdichtete Bekenntnis ihren Gemahl nicht zu verletzen schien, für welchen sie, obwohl sie es nicht kundzugeben wagte, eine innige und unveränderliche Neigung zeigte. Ihr Herz war so völlig gebrochen bei dem langen und schmerzlichen Kampf, dass sie nun völlig gleichgültig bei dem Erfolg war.

Eine Zeit lang war ihre Gesundheit unter den schweren Prüfungen, die sie zu erdulden hatte, gewichen; aber plötzlich zeigten sich gefährlichere Symptome. Sie wurde so unpässlich, dass sie ihr Zimmer nicht verlassen konnte. Sehr niederdrückend in seinen Wirkungen, glich der Anfall dem Fieber. Sie wurde von nicht zu löschendem Durst, von glühendem Schmerz, von Klopfen in den Schläfen und von heftigen Schlagen des Herzens gequält. Die Mittel die Lukas Hatton anwendete, der beständig in Ihrer Nähe war, brachten ihr keine Linderung. Auch dürfen wir uns nicht darüber wundern, da wir mit dem Geheimnis seiner schwarzen Tat bekannt sind. Im Gegenteil wurde das Fieber immer heftiger, und nach Verlauf von vier Tagen unausgesetzter Qual, wovon der Urheber des Unheils mit zynischer Gleichgültigkeit Zeuge war, wurde es klar, dass der Fall ein verzweifelter sei.

Von Anfang an war Lady Lake sehr unruhig gewesen, denn bei all ihren Fehlern war sie eine zärtliche Mutter, obwohl sie eine seltsame Art hatte, ihre Zärtlichkeiten zu zeigen. Sie ließ es nicht an Aufmerksamkeit für die Leidende fehlen und verließ fast nie ihr Bett. Nach einigen Tagen, die sie damit hingebracht hatte, für ihre Tochter zu sorgen, unterlag sie selber einem ähnlichen Krankheitsanfall. Dasselbe verzehrende innere Feuer tobte in ihren Adern, derselbe unerträgliche Durst quälte sie. Nicht länger imstande, ihre Aufgabe zu erfüllen, vertraute sie dieselbe Sarah Swarton an und zog sich in ein anderes Zimmer zurück, welches vermöge einer Seitentür, die mit einem Vorhang versehen war, mit dem der Lady Roos in Verbindung stand.

Ihre Gebieterin ergeben, würde Sarah Swarton ihr Leben aufgeopfert haben, um ihre Gesundheit wiederherzustellen. Es lag ihr nichts daran, wenn das Fieber auch ansteckend war. Die Milde und Resignation der unglücklichen Dame, wodurch Lukas Hatton nicht bewegt wurde, pressten ihr Tränen aus. Mit unerheblichem Kummer sah sie sie Tag für Tag langsam, aber sicher ins Grab sinken. Für Lady Roos war Sarah Swartons Gegenwart ein unaussprechlicher Trost. Das Mädchen stand weit über ihrem Stand, hatte ein angenehmes Gesicht, ein einnehmendes Wesen und besaß die sanfte Stimme, die so besänftigend ist für das Ohr des Schmerzes. Aber der vorzüglichste Trost, den Lady Roos von Sarah Swartons Gesellschaft entlehnte, war die Gelegenheit, sich über ihren Gatten gegen sie auszusprechen und ihren Kummer in ein mitfühlendes Ohr zu ergießen. Lord Roos war seit ihrer Krankheit nie in die Nähe seiner Gattin gekommen – auch hatte er sich, so viel sie erfahren konnte, nicht nach ihr erkundigt; aber ungeachtet seines herzlosen Benehmens war es ihr lebhafter Wunsch, ihn noch einmal zu sehen, ehe sie sterbe, und einige letzte Worte in sein Ohr zu flüstern. Sie sprach diesen Wunsch so lebhaft gegen ihre Vertraute aus, dass diese ihn, wenn möglich, zu erfüllen versprach.

Eine Woche, – der Unfall unheilvolle Zeitraum, den Lukas hat schon bestimmt hatte – war beinahe vergangen. Es ließ sich nicht länger bezweifeln, dass man nicht zögern dürfe, wenn der letzte Wunsch der Lady Roos erfüllt werden solle.

Die arme Leidende war zu einem Skelett abgemagert; ihre Wangen waren hohl, ihre Augen tief eingesunken, obwohl von unnatürlichen Glanz, und ihre Gestalt so geschwächt, dass sie sich kaum von ihrem Kissen erheben konnte.

Sarah Swarton beschloss hierauf, ihren Auftrag auszurichten; aber ehe sie es tat, suchte sie eine Unterredung mit Lady Lake, um ihr einen schrecklichen Verdacht mitzuteilen, den sie gegen Lukas Hatton zu hegen begann. Sie würde dies früher getan haben, aber es war beständig eine unüberwindliche Schwierigkeit vorhanden, einige Worte allein mit ihrer Dame zu reden. Der Apotheker ging beständig von einem Zimmer zum anderen und hielt sich in der Nähe der Betten seiner Patientinnen auf, als fürchte er, sie einen Augenblick zu verlassen. Auch schien er Sara mit Misstrauen zu betrachten. Aber nun war er hinausgegangen, und sie beschloss seine Abwesenheit zu benutzen, um Ihre Mitteilungen zu machen.

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