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Der Welt-Detektiv Band 6

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Die Dämonomanie verbreitet sich im ganzen Labourd …

Das 17. Jahrhundert

Die Dämonomanie verbreitet sich im ganzen Labourd (Departement des Basses-Pyrénées). Alle Gefängnisse werden vollgestopft; eine Menge von Kranken wird verbrannt; selbst Geistliche werden verurteilt. (1609)

1609 wurde die Regierung unterrichtet, dass das ganze Labourd, die Gegend, die nun ungefähr das Departement des Basses-Pyrénées einnimmt, von Teufelsanbetern wimmele. Siebenundzwanzig Kirchspiele waren von der Seuche ergriffen; am ärgsten war der Spuk in Siboure, St. Jean de Luz, Andaye, in der Umgegend von Bayonne. Die Geschichte dieser Epidemie ist ein glänzender Beitrag zur Geschichte des Wahnsinns als einer sozialen Krankheit.

Die Physiognomie des Landes und der Charakter der Bewohner ist ein ganz eigentümlicher. Es grenzt teilweise an das Meer und streckenweise ist es gebirgig.

An der Grenzscheide von drei Königreichen gelegen, von Spanien, Frankreich und Navarra, ist es von einem kraftvollen Volksstamm bewohnt, der von den alten Kantabrer abstammen soll und die Sprache der Basken spricht. Die Küste des Meeres macht die Bewohner roh. Ihr flüchtiger Siun flattert wie ihr ganzes Hab und Gut im Wind, das Meer und die Berge sind ihre Wohnung; Hirse und Fische ihre Nahrung, der Himmel ihr Dach und das Segel der Schiffe ihre Tischdecke. Das Land ist so unfruchtbar, dass sie gezwungen sind, dem unruhigen Element sich anzuvertrauen, von dem sie so sehr gewohnt sind, es nur stürmisch und aufgeregt zu erblicken, dass sie einen Widerwillen davor empfinden, es ruhig zu sehen. Da sie ihr ganzes Glück auf dem Meer suchen und finden, so sind sie auch, wenn sie den Fuß aufs Land setzen noch ebenso, als ob sie auf dem Meer wären; hastig und stürmisch, sogleich bereit, jedem bei der geringsten Beleidigung den Dolch auf die Brust zu setzen. Fast alle verachten die Bearbeitung des Bodens. Das Land ist auch zu arm und unfruchtbar; sie selbst aber sind außer dem Meer so faul und träge, dass sie fast alle noch vor ihrem Alter zu betteln anfangen müssen. Die abenteuerliche Einbildungskraft der Basken spiegelt sich auch in ihren Delirien; die Rauheit ihrer Sitten und die Wildheit ihres Charakters erklärt wenigstens teilweise, wie ihre Aussagen so oft ihre nächsten Freunde und Verwandten ins Verderben hineinzogen. Die Nachbarschaft Spaniens, des Landes, wo die Inquisition den Hexenwahn durch ihre Blutgerichte so berühmt machte, scheint im Labourd zu der Wiederverbreitung1 der Dämonomanie beigetragen zu haben.

Die Minister von Heinrich IV. hielten es nun für dringend notwendig, die ganze Strenge der Justiz gegen das Hexenwesen im Labourd loszulassen. Im Frühjahr 1609 wurde der Präsident Espagnet und Delancre als außerordentliche Kommissarien auf den Schauplatz abgesendet. Sie sollten unabhängig richten, ohne Appellation. Innerhalb der vier Monate ihrer Amtsführung verhörten sie über fünfhundert Zeugen, meist Wahnsinnige, und mehr als achtzig Monomaniaci wurden zur Untersuchung gezogen oder zum Feuertod verurteilt. Nach Delancre waren diese strengen Maßregeln unumgänglich notwendig. Der Teufel war so keck geworden, seine Versammlungen selbst bis vor den Toren von Bordeaux und am Kreuzweg des Palastes Gallien zu halten. Es waren nicht mehr wie früher Menschen aus der niederen Volksklasse, Idioten, Bettler, sondern ein flussreiche Personen, die der Teufel zu seinen Versammlungen zusammenführte. Delancre und Espagnet hatten geschworen, mit dem Teufel einen Kampf auf Tod und Leben zu bestehen, und jedes neue Verhör bestärkte sie in diesem Vorsatz. Die Besessenen hörten, wie ihnen der Teufel zurief, sie sollten sich nur wacker halten, er würde doch die Beschlüsse des Parlaments zunichte machen. Die Richter nahmen ihre Zuflucht zur Folter, um vollständige Geständnisse zu erhalten. Oft verfielen die Monomaniaci in eine Art Verzückung und rühmten sich, wenn sie halb gerädert von der Folter herunterkamen, unaussprechliche Freuden genossen zu haben, weil sie sich in der Gegenwart des Teufels befunden hätten. Manchmal versuchten sie vergeblich, ein Wort hervorzubringen, weil sie ein hysterisches Zusammenschnüren des Halses empfanden. Das wurde auch auf Rechnung des Teufels geschoben. »Er versuchte, sie so zu quälen, dass, wenn sie auch gestehen wollten, sie kein Wort herausbringen konnten. Wir sahen mit unseren eigenen Augen, dass, sobald sie die ersten Worte des Geständnisses ausgesprochen hatten, der Teufel ihnen an die Gurgel sprang und ihnen von der Brust bis zum Schlund ein Hindernis aufsteigen ließ, gerade so, als ob in einem Fass ein Pflock vor die Öffnung gelegt worden wäre, um das Ausfließen der Flüssigkeit zu hindern. Wir mussten offen sagen, der Teufel verstopfe ihnen die Sprachorgane mit einem Ding, was kam und ging, wie ein Weberschiffchen, was beim Fragen herabstieg und offenbar wieder heraufstieg, um die Antwort zu verhindern.« So Delancre.

Manchmal aber löste Gott, dem Teufel zum Trotz, doch ihre Zunge, und sie machten eine lange Erzählung von ihren Halluzinationen. Man beeilte sich dann, sie auf einem Scheiterhaufen zu verbrennen. Manche der Unglücklichen versahen sich mit Kröten, in der Meinung, es seien beschützende Dämonen. So, als der Henker Sabaudine auf den Scheiterhaufen gebracht hatte, ließ der Allmächtige, um ihre Abscheulichkeit an den Tag zu bringen und zu zeigen, dass sie wirklich eine Hexe sei, einen großen Haufen von Kröten über ihrem Kopf weg kriechen. Das Volk stürzte sich so wütend mit Stöcken und Steinen auf sie, dass Sabaudine mehr gesteinigt als verbrannt wurde; aber eine schwarze Kröte konnte das Volk nicht töten, die über die Flammen, Stöcke und eine Million von Steinen triumphierte und sich wie ein unsterblicher Dämon an einen Ort rettete, wo man sie nicht mehr finden konnte.

Auch die Töchter der unglücklichen verbrannten Frauen verfielen in einen ähnlichen Zustand. Es scheint, dass sie dem Teufel, dessen Bild fortwährend vor ihren Augen schwebte, bittere Vorwürfe machten. „Du hattest uns versprochen«, riefen sie ihm weinend zu, »dass unsere Mütter gerettet werden sollten, und nun sind sie verbrannt.« Gehörstäuschungen ließen sie wähnen, dass der Teufel sich entschuldigte, und dass die Stimme ihrer Mütter noch ihr Ohr träfe. »Der Teufel behauptet unverschämt zu ihnen, ihre Mütter seien nicht tot und nicht verbrannt, sie ruhten nur an einem Ort, wo ihnen besser zumute wäre als in dieser Welt. Und um sie noch mehr zu fangen, sagte er zu ihnen: »Ruft sie nur und ihr werdet sehen, was sie euch sagen werden.«

Nun riefen diese armen missbrauchten Mädchen, eine nach der anderen, wie ein Echo, und fragten ihre Mütter, ob sie tot seien und wo sie sich nun befänden. Sie antworteten ihnen alle, jede mit ihrer eigenen Stimme, dass sie sich in einem viel besseren Zustand als früher befänden!

Die Mädchen fragten und der Satan antwortete ihnen. Dann verwirrte er ihren Verstand und ermunterte sie, auszuharren.

Espagnet und Delancre glaubten dadurch eine große Probe ihres Mutes zu geben, dass sie den Galgen auf der Stelle errichten ließen, die ihnen von den Angeklagten als der liebste Sitz des Teufels, wo er in einem goldenen Stuhl thronte, angegeben wurde. Einige Zeit bildeten sie sich ein, die Teufel besiegt zu haben, weil die Besessenen aussagten, der Satan habe mehrere Tage beim Sabbat nicht den Vorsitz geführt. Aber er kam wieder. Die Besessenen teilten mit, er habe ihnen beim Sabbat erzählt, dass er mit Gott wegen seiner Niederlage gerechnet habe. In einer Versammlung ließ er einen Baum erscheinen, in dessen Zweigen die Herren von Amon und Urtubie, welche die Anklage gegen die Besessenen eingeleitet hatten, aufgehängt waren. Die Versammlungen zum Sabbat sollten fast jede Nacht stattfinden, manchmal auch am Tage, was Delancre doch etwas sonderbar vorkommt.

Eine Menge von Kindern in verschiedenem Alter wurde von Halluzinationen heimgesucht und zeigte die Symptome der Dämonomanie. Meist fühlten sie sich zunächst im Schlaf von Frauen, die in Katzen verwandelt sein sollten, durch die Lüfte fortgetragen. »Zweitausend Kinder im Labourd werden dem Teufel zum Sabbat von Frauen dargeboten, die sie mit Namen und Vornamen benennen können, die teilweise schon als Hexen verbrannt worden sind, zum Teil sich noch in Untersuchung befinden. Sie behaupten alle unerschütterlich die Wahrheit und Wirklichkeit eines solchen Transportes.« Man steckte die Kinder in ganzen Scharen in Kirchen zusammen und versuchte sie so viel wie möglich wachzuhalten, beobachtete sie von Anfang bis Ende der Nacht, immer in der Besorgnis, dass die Teufel oder die Anhänger des Satans sie zu ihren höllischen Versammlungen forttrügen. Wenn sie unglücklicherweise sich des Schlafes nicht erwehren konnten, so hatten sie sogleich die unerklärbarsten Empfindungen. So erklärte Katharine von Naguille, ein Mädchen von zwölf Jahren, dass sie mit einer Gefährtin am hellen Mittag beim Sabbat gewesen sei; sie hatte nämlich die ganze vorhergehende Nacht mit den anderen Kindern in der Kirche gewacht und war dann vor Ermüdung früh um elf Uhr in der Kirche eingeschlafen. Der Teufel benutzte sofort die Gelegenheit, um sie fortzuführen. Dasselbe begegnete Johanne Abadie, nachdem sie mehrere Nächte gewacht hatte. Sie gab außerdem an, seit ihrem 12. Jahr (sie war 16 Jahre alt) habe sie eine gewisse Gratiane zum Sabbat geführt. Obwohl sie sich mit Männern sonst noch nie eingelassen hatte, habe sie mit Teufeln und anderen Besuchern des Sabbats oft genug den Beischlaf vollzogen. Ihre Teufelspate (marraine du sabbat) sollte sie mehrmals mitten durch die Luft und umringt von einer ganzen Wolke von Teufelsverehrern zur Bank von Terreneuye getragen haben. Die anderen Hexenmeister ritten zum Teil auf Teufeln an denselben Ort, um Stürme zu erregen und die Boote der Fischer in den Abgrund zu versenken. Die jüngeren Angeklagten geben von allen Frauen an, die sie beim Sabbat gesehen haben wollten, dass sie stets wach eins oder mehrere Kinder mit sich führten. Wenn eine von diesen Adoptivmüttern umkäme, so beauftragte der Teufel sogleich eine andere mit der Führung des Kindes. So hatte Katharine von Arrejouague, 14 Jahre alt, längere Zeit mit den anderen Kindern in der Kirche gewacht, um nicht zum Sabbat fortgeführt zu werden. Als diejenige, die sie sonst zum Sabbat mitnahm, verbrannt war, ließ sie ihr Vetter wieder zu Hause schlafen; aber schon in der ersten Nacht kam ein anderes Weib und nahm sie mit sich.

Margarethe, aus dem Dorf Sare, 16 Jahre alt, erzählt, dass die Frau, welche sie zuerst verführt habe, eine Hexe zu werden, sie einer anderen empfohlen habe, als sie selbst bemerkte, dass ihr das Gericht auf der Spur sei. Von der Zeit an habe sie die andere in ihren nächtlichen Exkursionen auf dem Rücken getragen. Marie de Ja Halde, 28 Jahre alt, wollte von ihrem 10. bis 23. Jahr von einer gewissen Marissans zum Sabbat geschleppt worden sein.

In einem Augenblick wurde von den Behexten der Raum zwischen St. Jean de Luz und der Bank von Terre neuve zurückgelegt. Auf die Schiffe durften sie sich auf ihrem Weg nicht herablassen, weil diese geweiht waren, aber sie setzten sich auf die Masten und Taue und behexten die Menschen, die sich auf dem Schiff befanden. Nach der Aussage der Angeklagten kam es dem Teufel gar nicht darauf an, ob seine Anhänger eingeschlossen oder in Kirchen waren. Er fand schon Mittel, sie wieder zusammenzubringen.

Der Herr von Joannissena argwöhnte, dass seine Magd eine Hexe sei, und da sie es nicht gestehen wollte, so wachte er eine ganze Nacht neben ihr. Er hatte ihren Fuß fest angeschlossen und er weckte sie sogleich, sobald sie den geringsten Versuch zum Schlafen machte. Trotzdem überlistete ihn der Teufel doch, denn sie gestand, beim Sabbat gewesen zu sein, und machte eine lange Erzählung von dem, was sie dort gesehen hatte.2 Delancre gibt die Zahl der Individuen, welche im Land der Basken solche Teufelsmarken an sich getragen hätten, auf 3000 an. Wenn alle zusammen sind, so wird ein Gesang angestimmt und dann beginnt ein buntes Treiben wie auf einem Jahrmarkt. Die neu Angekommenen und Aufgenommenen schwören Gott ab, der Teufel lässt sie ein Buch mit schwarzen, unheimlichen Schriftzügen berühren. Andere lassen sich neuen Vorrat von Giften geben. Die Giftpulver werden aus Kröten, Nattern, Eidechsen, Schnecken und gewissen Kräutern zubereitet. Sie dienen dazu, die Saat und Früchte zu verderben und die Menschen an einem schleichenden Fieber hinsterben zu lassen. Nur die Ausgezeichnetsten werden vom Teufel in das Geheimnis der Zubereitung eingeweiht. Es wurde Delancre von einem Angeklagten mitgeteilt, das Giftmagazin befände sich auf einem schwer zugänglichen Felsen über dem Meeresstrand gegen Handaye zu. So wurde auch am 19. Juli 1609 eine große und sehr sorgsame Untersuchung dieses wilden Ortes, der fast gar nicht zu erklimmen war, angestellt, aber trotz zweimaliger Besuche nichts entdeckt. Kleine Teufel ohne Arme spielen beim Sabbat mit den Hexen und werfen sie ins Feuer, wovon sie aber nichts spüren, weil sie mit der Salbe aus dem Fleisch kleiner Kinder bestrichen sind, wie überhaupt der Teufel seine Zauberer und Hexen vielfach durch Feuer durchjagt, um sie gegen die Scheiterhaufen der menschlichen Gerichte und gegen das ewige Feuer der göttlichen Gerechtigkeit vorläufig abzustumpfen. Dann kommt das Essen. Die Tische sind mit sehr schmutzigen Tüchern bedeckt, die Gerichte bestehen hauptsächlich aus Kröten, Aas und Menschenfleisch. Dann kommt eine teuflische Nachahmung der Messe. Es wird von dienenden Dämonen ein Altar aufgerichtet und alle zur Messe notwendigen Gerätschaften herbeigetragen. Der Teufel erscheint im vollen Ornat, die neben ihm sitzende Königin hält ein Bild mit seiner Gestalt in den Händen und reicht es den Gläubigen zum Kuss. Der Teufel liest die Messe ab und ermahnt die Zuhörer, niemals zum Christentum zurückzukehren. er verspricht ihnen ein viel schöneres Paradies, als das für die Christen bestimmte. Endlich teilt er auch das Abendmahl au«, aber die Oblaten (ce quʼil donne à manger) sind schwarz, von zusammenziehendem Geschmack, schwer zu kauen und herunter zu schlingen, die Flüssigkeit ist schwarz, bitter und Ekel erregend. Das Ende der Feierlichkeit besteht in einer allgemeinen sinnlichen Vermischung, nachdem vorher noch bei dem Schall einer Leier, Trompete oder Trommel getanzt worden ist. Die meisten Hexen werfen bei dem Tanze ihre Kleider ganz ab; nur die Schamhaftesten behalten noch ein weit ausgeschnittenes Hemd an. Zuerst vollzieht der Teufel mit seiner Königin den Koitus, dann nacheinander mit den schönsten. So wurde eine gewisse Detsail im Labourd als eine seiner Mätressen bezeichnet. Sie soll wunderschön gewesen sein und ging mit einer solchen Verachtung in den Tod, dass sie sogar dem Henker von Bayonne den üblichen Kuss der Vergebung nicht reichen wollte, um ihren schönen Mund nicht zu entweihen. Es sind hauptsächlich junge Frauenzimmer, welche die glühendsten und lebendigsten Gemälde von der Befriedigung ihrer Sinnlichkeit beim Sabbat entwerfen. Anstatt ihre verbrecherischen Umarmungen, bemerkt Delancre, schamhaft zu verschweigen, scheinen sie sich ihrer zu rühmen, mit solcher Offenheit und Freudigkeit erzählen sie davon. Die Gunstbezeigungen des Teufels selbst sind aber nicht angenehm, sondern sehr schmerzhaft, denn sein Glied ist eine halbe Elle lang, mit Fischschuppen bedeckt. er trägt es gewöhnlich wie eine Schlange zusammengewickelt. Manchmal besteht sein Glied zur Hälfte aus Fleisch und zur Hälfte aus Eisen; so erzählt Marie Marigrane, ein Mädchen von 15 Jahren. Der Beischlaf tut so weh, dass die Frauen schreien müssen, als ob sie in Kindesnöten wären, und deshalb hüllt sich der Teufel zuweilen beim Beischlaf in eine dichte Wolke, um das Wehgeschrei und die Schmerzen der Frauen vor den anderen zu verbergen. Für die Männer verwandelt sich der Teufel in Frauen, für die Frauen in Männer. Sobald er mit einem Mann den Beischlaf vollzogen hat, so verliert dieser seinen Samen für immer. Auch die übrigen auf dem Sabbat Anwesenden vollziehen untereinander den Koitus, der Vater mit der Tochter, und die Mutter mit dem Sohn ohne Scham. Es ist kaum glaublich, bis zu welchem Zynismus sich die Fantasie von sonst gesitteten Frauen durch den Teufelsspuk verleiten ließ. Es würde aber zu schmutzig werden, Delancre weiter in Einzelheiten zu folgen. Mit dem ersten Hahnenschrei stiebt der ganze Spuk auseinander.

Bei den Untersuchungen, die ihre Opfer aus allen Klassen der Gesellschaft nahmen, blieb selbst der heilige Stand der Priester nicht verschont. »Der Satan konnte nicht verhindern, dass ein alter Priester von vornehmer Familie vor das Tribunal gezogen wurde.«3 Der Greis konnte nur mit großer Schwierigkeit sprechen. Er sagte, es sei der Teufel, der ihn an der Aussprache der Worte hindere. Er quäle ihn schon seit fünfzehn Jahren, obwohl er der Zauberei habe entsagen wollen. Er sei zum Sabbat gegangen und habe dort viele Personen gesehen. Manchmal nehme ihm der Teufel ganz seine Sinne. Seine Angehörigen versicherten, er habe den Verstand verloren, aber zwei Zeugen gaben an, ihn erst kürzlich beim Sabbat gesehen zu haben. Beim Nachsuchen in seiner Wohnung fand man ein Kreuz, welches nur drei Seiten hatte, wie dies bei den Zauberern Sitte ist. Nachdem er dreimal seine Bekenntnisse wiederholt hatte, wurde das Todesurteil über ihn ausgesprochen, obwohl das hohe Alter und der offenbar verwirrte Zustand des armen Mannes den Richtern ihren Entschluss erschwert hatte. Er starb auf dem Scheiterhaufen, nachdem er von dem Bischof von Acqus, den der Bischof von Bayonne dazu bevollmächtigt hatte, erst seines Amtes entsetzt worden war, ruhig, ohne dass ihn der Teufel, wie er das sonst wohl zu tun pflegt, in den letzten Augenblicken noch besonders gequält hätte. Sein Tod erregte im ganzen Land den größten Schrecken. Eine Menge von Priestern ergriff unter dem Vorwand eines Gelübdes die Flucht. Es wurden in der Tat auf das Zeugnis von Kindern und anderer Personen, welche gar nicht zu den betreffenden Kirchspielen gehörten, noch sieben andere Priester festgenommen; zwei aus Siboro: Migalena, 70 Jahre alt, und Pierre Bocal, 27 Jahre alt. Gegen Migalena waren elf Zeugen aus St. Jean de Luz und noch dreizehn andere Fremde; gegen Bocal erhoben siebenundzwanzig Zeugen die Anklage. Man gab an, dass diese beiden Priester gewöhnlich den Zeremonien der höllischen Geister beiwohnten, dass sie den Teufel angebetet und bei den Versammlungen um Mitternacht in vollem Ornat die Messe gelesen haben. Bocal sollte beim Sabbat seine erste Messe gelesen haben, um sich dadurch besser für sein Auftreten in der Kirche vorzubereiten. Seine Mutter sollte beim Sabbat für ihn gesammelt haben und seine Schwester eine erklärte Hexe sein. Bocal bewahrte während des ganzen Prozesses ein würdevolles Stillschweigen. Auch Migalena antwortete auf keine der vorgelegten Fragen, nur kurz vor dem Tod verlor der Greis seine Fassung, sodass er ein kurzes Gebet nicht mehr im Zusammenhang hersagen konnte. Auch sie waren vom Bischof von Bayonne vor ihrer Hinrichtung erst öffentlich in der Kirche von Notre Dame ihres Amtes entsetzt worden.

Der Prozess gegen die andern fünf angeklagten Priester war ebenfalls vollendet. Selbst gegen die am wenigsten Schuldigen waren neun oder zehn Zeugen aufgetreten. Sie sollten alle beim Sabbat den Teufel angebetet, die Messe hergesagt, Kinder getauft, die heiligen Gebräuche verspottet habe. Arancette, Vikar von Handaye, wurde als der Leutnant des Teufels bezeichnet; er sollte in seiner Abwesenheit die Kinder in Empfang genommen haben. Nach der Aussage der Necato und noch einiger anderen der jungen Angeklagten sollten diese fünf Priester auch während der Zeit ihres Gefängnisses beim Sabbat erschienen sein. Aspilcuette behauptete sogar, dass sie sehr oft vor aller Augen auf dem Sabbat den Koitus vollzogen hätten. Aber schon nahte die Zeit, für welche die Kommission Vollmacht hatte, ihrem Ende. Die Freunde der angeklagten Priester steigerten ihre Anstrengungen; der Bischof von Bayonne wurde endlich erweicht. Man machte geltend, dass der Prozess über die Zauberei von Priestern vor die geistlichen Gerichte gehöre. Man beschloss endlich, die Sache sollte der Entscheidung des Königs vorgelegt werden, aber während die Verhandlungen darüber noch schwebten, flohen die fünf aus dem Gefängnis. Es wagte niemand, sie wieder festzunehmen. Drei andere Priester, die ebenfalls noch im Kerker die Einleitung ihres Prozesses erwarteten, wurden in Freiheit gesetzt.

Die Kommission hatte kaum die wichtigsten Sachen abgefertigt. Eine ungeheure Masse von Angeklagten blieb zurück, welche die Gefängnisse in Bordeaux keinen Platz hatten, zu bergen. Sie mussten teilweise im Schloss Hâ untergebracht werden. Die Richter in Bordeaux scheinen den Prozess in derselben Weise fortgeführt zu haben, wie die Kommission. Delancre teilt nur noch den Prozess der Frau Cathalin und des Sieur Isaac mit, die ebenfalls zum Tode verurteilt wurden.

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  1. Die Dämonomanie hatte nämlich schon zweimal epidemisch im Labourd geherrscht. Das erste Mal 1566. Im Jahre 1576 ließ Boniface Delasse, Lieutenant criminel, aus eigener Machtvollkommenheit binnen sehr kurzer Zeit vierzig Monomaniaci hinrichten. Die Aussagen von Marie Cambrue, die 1566 verbrannt wurde, geben uns ein Bild vom Charakter der damaligen Krankheit. Sie sagte aus, man müsse die großen und kleinen Sabbate unterscheiden. Die Hanptsabbate fänden bloß an den großen Festtagen der Kirche jährlich viermal statt; die gewöhnlichen Messen bloß etiats, bei denen sich der Teufel gar nicht die Mühe gebe, zu präsidieren. Er schickte da nur einen Dämon hin. Der große Sabbat wird auf der Bockshaide (lande du bouc) gehalten. Hier sitzt der Teufel als großer schwarzer Mann auf einem Stein. Rings um ihn tanzen seine Anbeter im Kreis. Die Zauberer kommen auf Teufeln zu der Versammlung angeritten, und ein Dämon trägt oft vier zu gleicher Zeit. Man beschäftigt sich hauptsächlich mit der Bereitung von Giften. Verfaulte Eier, die Zunge einer Kuh und das Gehirn eines Kindes sind die wichtigsten Bestandteile.
  2. Anstatt in die durch unzählige Wiederholungen ermüdenden einzelnen Aussagen weiter einzugehen, habe ich vorgezogen, eine Schilderung des Sabbats zusammenzustellen, mit gleichzeitiger Berücksichtigung der später vor der Inquisition von Logrogno über den Hexenspuk in Navarra abgelegten Geständnisse.

    Um die Entfernung der Behexten ihren Männern oder Weibern, neben denen sie schlafen, nicht auffallend zu machen, erschafft der Teufel ähnliche Gestalten, die zurückbleiben und die Form der Fortgegangenen darstellen. Der Teufel soll nach der Angabe einiger am Sabbat aus einem großen Krug als ein Bock herauskriechen, nach Beendigung der Feier wieder in diesen zurückkehren. Andere sagen, er sähe aus wie ein großer Baumstamm ohne Arme und Beine. Gewöhnlich erscheint der Teufel als ein großer Bock mit drei Hörnern, in deren Mitte eine Art Leuchte steht. Er hat einen langen Schwanz, unter dem das Gesicht eines schwarzen Mannes steckt, das gar nicht spricht, sondern bloß dazu ist, sich küssen zu lassen. Es ist eine Auszeichnung, dieses Gesicht küssen zu dürfen. Manchmal wird der Teufel auch als ein großer schwarzer Windhund, als ein Rabe oder als ein weißer Bock dargestellt. Beim Sabbat selbst präsidiert sich der Teufel auf einem schwarzen Stuhl. Er sieht dann doch halb wie ein Mensch und nur halb wie ein Bock aus. Sein Gesicht ist bleich, seine Augen rund und feurig, seine Haare sträuben sich in die Höhe. Er hat einen Ziegenbart, seine Hände und Füße haben schwarze spitze Nägel wie Vogelkrallen. Seine Stimme ist schrecklich, aber tonlos. Nach anderen soll er wie ein Esel schreien. Er zeigt eine große Würde, aber mit der Haltung eines düsteren und gelangweilten Menschen. Neben ihm sitzt die schönste Hexe als Königin des Sabbats mit einem Diadem und anderem Schmuck. Die Umgebung des Throns besteht aus ungeheuren Riesen oder zusammengeschrumpften Zwergen. Alles geht mit der größten Ordnung zu. Ein Zeremonienmeister mit einem Stab leitet die ganze Versammlung. Zuerst besichtigt der Teufel die Wahrzeichen der Gegenwärtigen; bei den Männern sind diese Zeichen am Hintern, bei den Weibern an den Schamteilen; die Kinder aber und jungen Mädchen zeichnet er mit einem seiner Hörner im linken Auge. Diese Zeichen haben die Form eines Hasen, einer Kröte oder einer Katzenklaue. Sie sind vollkommen unempfindlich und machen den, der sie trägt, schweigsam.[3. Es ist bekannt, dass in den Prozessen häufig nach diesen Zeichen gesucht wird. Ein Muttermal (naevus) genügt, um die der Zauberei Angeklagten zu verdächtigen. Man verwundet sie an solchen Stellen, um ihre Unempfindlichkeit zu erproben.

  3. Jules Garinet, welcher eine Beschreibung des Hexensabbats seiner Histoire de la magie en France voranschickt, macht am Schluss derselben die Bemerkung, dass sich die zum Sabbat bestimmten Orte gewöhnlich in der Nähe von Nonnenklöstern befanden, sodass man vermuten könnte, die Nonnen hätten vielleicht, um ihre sinnlichen Begierden zu befriedigen, ein grauses Gaukelspiel getrieben. Diese Ansicht klingt unwahrscheinlich, ich kann jedoch direkt nichts für ihre Richtigkeit oder Falschheit beibringen.

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