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Deutsche Märchen und Sagen 91

Johannes Wilhelm Wolf
Deutsche Märchen und Sagen
Leipzig, F. A. Brockhaus, 1845

113. Getreide gelobt und nicht gegeben

Zu Assenede liegt eine Meierei, die heißt der Lampaertshof. Da wohnte vor langen Jahren ein Bauer und der reiste eines Tags über See. Ein großes Unwetter überfiel ihn und das Schiff wurde also sehr von den Wellen auf und niedergeworfen, dass alle nicht anders meinten, als sie wären verloren gewesen. Besonders ängstlich war es dem Bauern zumute. Er fiel auf seine Knie und tat ein Gelübde zu Gott, dass, wenn er aus dieser großen Gefahr errettet würde, er den Armen so viel Getreide schenken werde, als er zu dem Folgenden bedürfe: Er wolle dessen so lange aus dem Söllerfenster der Meierei schütten, bis der Haufen mit dem Fenster gleich stünde. Man sagt aber öffentlich: In der Not gelobt, ist bald vergessen! Und so ging es auch dem Bauern. Als er zu Hause wieder wohlbehalten und gesund angekommen war, gedachte er des Gelübdes nicht mehr und starb darüber. Nach seinem Tod fing er an zu spuken und trieb das so lange, bis kein Mensch mehr auf dem Hof wohnen konnte. Da ließ man den Pfarrer kommen; der machte der Sache kurz ein Ende und verbannte den Bauer auf hundert Jahre zur roten See. Jedes Jahr mag er aber dem Hof wieder um einen Schritt näher kommen. Wenn er so endlich wieder zum Hof zurückgekehrt sein wird, dann wird derselbe verfallen und keine Spur mehr von dem schönen Gut übrig bleiben.