Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Dreizehn Jahre im Wilden Westen – Kapitel XXXVII

Dreizehn Jahre im Wilden Westen
Oder: Abenteuer des Häuptlings Sombrero
Nürnberg, 1877

XXXVII. Auktion in Fort Lyon. Ein munteres Maultier. Reise nach Cimmaron, New Mexiko. Gerichtsszene. Vorteilhafter Pferdehandel in Trinidad.

Das Vieh war nun verkauft. Ich konnte aber vor einigen Wochen nicht fortkommen, bis das Geschäft völlig abgeschlossen war und wohnte daher bei meinem Prinzipal in Las Animas. Während dieser Zeit wurden in Fort Lyon eine Anzahl Pferde und Maultiere auf Auktion verkauft. Wir ritten alle hinüber, um zuzusehen und vielleicht auch etwas zu kaufen. Die Pferde wurden um einen sehr hohen Preis verkauft. Dann kamen die Maultiere an die Reihe, welche ebenfalls ein schönes Geld brachten. Nun wurde ein Maultier an einem langen Seil herausgeführt. Es war schneeweiß, kugelrund und schien überhaupt ein gutes Tier zu sein. Allein sobald sich ihm jemand näherte, fing es an, furchtbar auszuschlagen. Da getraute sich niemand nahe genug an ihn, um ihm in das Maul zu sehen und sein Alter zu bestimmen. Das Bieten begann. Da niemand viel für ein schalkhaftes Tier geben wollte, so wurde es mir zugeschlagen für fünfundzwanzig Dollar. Ich gedachte ein Packtier aus ihm zu machen und führte es nach Las Animas, wo ich es in einen Stall zu Herrn S. in die Kost gab. Kaum war ich zu Hause, als S. gelaufen kam und mich ersuchte, mein Maultier eiligst aus dem Stall zu nehmen, denn es hätte ihm im Vorbeigehen den Hut vom Kopf geschlagen und als er es darüber zur Rede gestellt hatte, den ganzen Stall demoliert. So ging ich mit ihm zurück, musste aber über den Heurechen vorne in den Stall klettern, um es loszubinden, denn von hinten war an eine Annäherung nicht zu denken, da es schon, als es uns zur Tür kommen hörte, zu schlagen anfing. So ließen wir ihn im Korral hinter dem Stall laufen, wo sich bereits eine Anzahl Pferde befand. Nachdem es aber einem Pferd ein Stück aus dem Rücken gebissen und ein anderes lahm geschlagen hatte, so erklärte S., dass er es unter keiner Bedingung mehr in seinem Platz behalten wollte. Ich bezahlte den Schaden und führte das edle Tier zu meiner Behausung, wo ich es hinter dieser festband. Am nächsten Morgen beschloss ich, es zu reiten, verband ihm daher die Augen, damit er mich beim Satteln nicht sehen konnte. Sobald es gesattelt war, stieg ich auf. Es aber schlug mir ein paar Mal die Steigbügel von den Füßen, nahm das Kandare zwischen die Zähne und ging geraden Weges zum Stall von S.

Auf halben Weg saß ein mexikanisches Kind im Sand spielend. Auf dieses ging das Maultier zu und alles Ziehen und Reißen am Zügel half so viel, als ob ich am Felsengebirge gezogen hätte, denn sein Maul schien härter als Stahl zu sein. Ich rief der Frau zu, die unter der Haustür stand, das Kind wegzunehmen, doch diese rührte sich nicht und lachte nur, denn sie dachte, ich mache schlechte Witze. So kamen wir an das Kind, ich ließ dem Maultier die Zügel, da stieg es über das Kind, ohne dasselbe zu berühren. S. sah uns kommen und machte schnell seine Stalltür zu. An der verschlossenen Tür angekommen, blieb das Maultier stehen. Als ich ihm die Sporen gab, um es zum Weitergehen zu bewegen, wandte es sich um und fing an zu schlagen. Je ärger ich spornte, desto lebhafter schlug das Tier aus, und zwar mit beiden Hinterbeinen zugleich, so lange, bis einige Bretter aus der Tür geschlagen waren, als S. seine Erscheinung machte, mit einer Mistgabel bewaffnet, und fluchend einen Angriff begann. Das Maultier wandte ihm das Hinterteil zu und schlug mit einer Fertigkeit, die auf eine lange Praxis schließen ließ. Bald flog der Stiel der Mistgabel in Trümmer und S. ergriff die Flucht. Sämtliche Einwohner der Stadt waren auf dem Kriegsschauplatz versammelt und drückten ihren Beifall durch Bravo rufen und Hände klatschen aus, was das Maultier nur noch kampfbegieriger machte. Es blieb mir nun nichts weiter übrig, als abzusteigen, S. für seine Stalltür und Mistgabel zu bezahlen und mein Reitpferd heimzuführen. Nachmittags sattelte ich wieder, zog dem Maultier einen Strick durch das Maul, welchen ein Freund von mir, der mich zu Pferde begleitete, an seinem Sattel befestigte und es so mit Gewalt und Pferdekraft aus der Stadt zog. Wir ritten nach der fünf Meilen entfernten alten Stadt von Las Animas, wo wir unsere Tiere anbanden und in den Kaufladen gingen. Kaum waren wir im Laden, als ein Mann hinter dem Maultier vorbeiging. Dieses schlug prompt aus und versetzte den Mann in die Mitte der Straße. Dieser raffte sich auf und ergriff ein Scheit Holz, um das Tier zu züchtigen, welches ganz ruhig stand, bis er nahe genug kam, worauf es ihm seine kurze Tabakpfeife aus dem Mund schlug. Der Mann warf seinen Prügel weg und entfernte sich kopfschüttelnd, denn eine solche Gewandtheit war ihm etwas Neues. Bei meiner Ankunft zu Hause fand ich einen Brief von einem Freund in New Mexiko, welcher mir schrieb, dass das Pferd, welches mir vor einem Jahr gestohlen wurde, im Besitz eines Franzosen in der Stadt Cimmaron, N. M., sich befinde. Ich sprach darüber mit meinem Prinzipal und wir beschlossen, selbst hinzugehen, um das Pferd zu holen. Einige Tage später spannten wir an den leichten Reisewagen zwei gute Pferde. Ich band mein Maultier hinten an und wir machten uns auf den Weg. Am zweiten Tag erreichten wir Trinidad, am dritten gingen wir über die Raton Mountains, auf deren Gipfel die Grenzlinie zwischen Colorado und New Mexiko sich befindet und am fünften erreichten wir die Stadt Cimmaron, die damals einer englischen Company gehörte. Wir suchten den Besitzer des Pferdes auf, erkannten das Pferd, obwohl das Brandzeichen wegrasiert war, und boten ihm fünfundzwanzig Dollar Entschädigung, wenn er das Pferd ohne weitere Umstände abgeben würde. Diesem Anerbieten verweigerte er und fügte hinzu, dass das Pferd nur durch das Gericht zu bekommen sei. Wir begaben uns also zum Richter, der ein alter Freund meines Prinzipals war und ebenfalls zu der Verbindung der Q. F. gehörte, deren Großmeister mein Prinzipal war. Wir wurden sehr freundlich empfangen und bewirtet, die Sache wurde vorgelegt, das Pferd sogleich vom Sheriff in Besitz genommen, ein Kerl, der dem Franzosen das Pferd verkauft hatte, um Zeit zu sparen, verhaftet und die Verhandlung auf nächsten Morgen neun Uhr festgesetzt.

Beim Frühstück sagte der Richter schon im Voraus: »Herr J., um elf Uhr können Sie mit ihrem Pferd die Rückreise antreten.«

Um neun Uhr begaben wir uns in dem Saal, wo der Richter seine Pfeife anzündete, ein Vorspiel, welchem wir alle folgten, und die Verhandlung begann. Ich legte mein Zeugnis mit der Pfeife im Mund ab, darauf begab sich die Versammlung in den Salon nebenan, um etwas zu trinken. Dem Franzosen wurde es in dieser Zeit Angst und er erbot sich, die Kosten zu zahlen und das Pferd zurückzugeben. Diesen Vorschlag nahmen wir an, und nachdem jeder auf seine Rechnung etwas zu sich genommen hatte, war die Sache abgemacht. Das Pferd wurde uns ausgeliefert und um zwölf Uhr machten wir uns auf den Heimweg.

Die Nacht verbrachten wir über der Grenze im Gebirge und am nächsten Tag hielten wir einige Stunden in Trinidad, wo ich mich in den Ställen umsah, ob ich nicht irgendeinen Tausch mit meinem Maultier bewerkstelligen könnte. Bald fand ich jemand, dem das schöne weiße Maultier gefiel. Da ich nur von seinen guten Qualitäten sprach, so war der Tausch bald gemacht. Ich sattelte das Pferd, welches ich eingetauscht hatte, sogleich, um fortzureiten, aber es wollte anfangs nicht gehen und die Gesellschaft, mit der ich getauscht hatte, fing furchtbar zu lachen an. Ich sagte kein Wort, sondern ließ dem Pferd, da ich schnell fühlte, dass das Pferd nur sehr weich im Maul war, mehr Zügel, und es ging ruhig ab. An der Straßenecke hielt ich an, denn ich wollte jenen spaßigen Kerl das Maultier besteigen sehen, was er auch sogleich tat. Nun ging der Spaß los. Er drückte ihm die Sporen ein, worauf das Maultier seine alten Witze zu machen anfing. Es schlug mit beiden Hinterbeinen, als ob es sich um eine Wette handelte, bewegte sich aber keinen Zoll vorwärts. Nun war an mir die Reihe zu lachen, was ich auch zur Genüge tat, ihm zurufend, wie ihm das Maultier gefiele. Der Kerl wurde wütend und wollte sein Pferd wieder. Da ich ihn aber bat, heraufzureiten und es zu holen, so spornte er immer mehr, was das Maultier nur zu größerer Arbeit antrieb, sodass es dem Stall tüchtig zusetzte. Nachdem ich genug gelacht hatte, wandte ich mein Pferd und galoppierte meinem Prinzipal nach, der schon vorausgefahren war. In weiter Entfernung von der Stadt hörte ich noch den Donner, welchen das Maultier mit seinen Hinterbeinen aus der Seite des hölzernen Gebäudes zu locken wusste. Nach zwei Tagen erreichten wir Los Animas, wo ich das Pferd für fünfundsiebzig Dollar verkaufte.