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Dreizehn Jahre im Wilden Westen – Kapitel XXVI

Dreizehn Jahre im Wilden Westen
Oder: Abenteuer des Häuptlings Sombrero
Nürnberg, 1877

XXVI. Jacksboro. Limburger Käse. Streifzug in der Gegend des Salt Creek. Skalpierung eines Kiowa. Verlust eines jungen Wolfes durch Überraschung von Indianern. Mein Hund Etacosh. Buffalo Springs. Junge Bären.

Nachdem wir einige Tage zurück waren in Jacksboro, bekam mein Freund W. eine Sendung Limburger Käse von New York, ein Artikel, den man im Westen nicht kennt. So hatten wir am Abend eine große Festlichkeit, wobei Bier und Limburger unsere Herzen und Mägen erfreuten. Sämtliche Rinde vom Käse, der sehr stark roch, nahm ich und legte sie unter das Kopfkissen des Sergeant K. Als sich dieser zur Ruhe begab, konnte er nicht schlafen. Etwas roch abscheulich. Er stand auf und legte seine Strümpfe weiter weg vom Bett. Doch kaum lag er wieder, als es gerade so roch, warf er seine Strümpfe zur Tür hinaus. Da das aber auch nichts half, so dachte er, dass irgendein totes Tier im Haus läge, das am Verfaulen war, zündete ein Licht an und suchte das Zelt gründlich durch, fand aber nichts und legte sich wieder ins Bett.

Sobald er den Kopf auf dem Kissen hatte, wurde der Geruch wieder so stark, dass er in Verzweiflung aufstand und sein Bett herausnahm. Und siehe, da lag das Päckchen Limburger. Er schwor schreckliche Rache gegen den Missetäter. Da er ihn aber nicht kannte, so musste er sich mit dem Gedanken an Rache begnügen. Die Indianer zeigten sich wieder, töteten drei Mann, ungefähr zehn Meilen von hier und stahlen einundzwanzig Pferde. Eine Kompanie ging auf ihre Verfolgung aus, fand sie und tötete nach einem kurzen Gefecht fünf Mann, nahm drei gefangen und brachte eine Herde Indianerpferde zurück. Ich wurde wieder hinausgeschickt mit sieben Mann, um mich einige Zeit in der Gegend des Salt Creek zu bewegen und etwaige frische Indianerzeichen zu entdecken. Am zweiten Tag ritten wir in einer hügeligen Gegend umher, als wir in der Entfernung einen Schuss hörten und sogleich in der Richtung hin galoppierten, um zu sehen, wer der Schütze sei. Auf einem Hügel angekommen, lag vor uns eine große Ebene, am Fuß des Hügels war ein Kiowa beschäftigt, Fleisch von einen Büffel zu schneiden, den er eben erlegt hatte. Sein scharfes Auge entdeckte uns sogleich. Er sprang auf sein Pferd und ergriff die Flucht, doch wir ließen auch kein Gras unter unseren Pferdehufen wachsen. Es war ein Bild für einen Maler. Voraus der Indianer, der seine Decken abgeworfen hatte und beinahe auf dem Pferd lag, es peitschend, während sein langes Haar in der Luft flog. Es war über sieben Meilen ebene Prärie. Voraus konnte man die mit dichtem Gebüsch bewachsenen Hügel sehen, welche zu erreichen seine einzige Hoffnung war. Pferde wurden nun nicht geschont und wir kamen immer näher an ihn heran. Nachdem wir über eine Strecke von fünf Meilen gejagt waren, kamen wir nahe genug, um unsere Karabinier zu gebrauchen. Der Indianer ließ auch bald von sich hören und sandte einen Pfeil durch den Hals eines unserer Pferde. Doch bald stürzte sein Pferd, von vielen Kugeln getroffen, zusammen. Da war bei ihm vom Ergeben aber noch keine Rede, denn er unterhielt ein lebhaftes Feuer. Er hatte verschiedene Wunden erhalten und sein Fuß war am Gelenk von einer Kugel zerschmettert. Dennoch lief er auf dem Knochen noch einige hundert Schritte, als ihn ein Schuss tot ins Gras legte. Nachdem wir ihn skalpiert hatten, wobei man ihm die Ohren mit abschnitt, machten wir uns wieder auf den Weg.

Während der Jagd bekam einer meiner Leute einen Pfeilschuss. Er musste gerade den Mund offen gehabt haben, als der Pfeil durch beide Backen flog und stecken blieb, sodass er den Mund nicht mehr zumachen konnte. Nun kam er geritten, uns ersuchend, den Pfeil herauszuziehen, konnte aber nicht sprechen, da der Pfeil ihm den Mund weit offen hielt. Dabei machte er ein so dummes Gesicht, dass wir in ein furchtbares Gelächter ausbrachen, was ihn ganz wild machte. Er wollte darüber schimpfen, verzog aber dabei sein Gesicht, ohne ein Wort hervorzubringen, in einer Weise, dass wir vor Lachen beinahe geplatzt wären. Als wir etwas ruhiger geworden waren, schnitt man den Pfeil ab und zog ihn heraus, sodass der Wütende wenigstens seinen Mund zumachen konnte.

Nächsten Tag fing ich einen kleinen jungen Wolf, den ich mitschleppte, um ihn im Lager großzuziehen. Nachdem ich ihn ein paar Tage mit getragen, machten wir bei einem Platz auf einer dicht mit Mesquite bewachsenen Prärie Halt, um Mittag zu essen und die Pferde ruhen zu lassen. Wir hatten das Herz eines dieser großen runden Kakteen eingeschnitten und zum Kochen aufs Feuer gesetzt, Fleisch fertig zum Braten und alles hergerichtet für eine anständige Mahlzeit. Zwei von uns waren beim Feuer geblieben, während die anderen einige hundert Schritte weiter in einem Wasserloch lagen und badeten.

Plötzlich kamen sie mit ihren Kleidern unter dem Arm angelaufen. Eine große Schar Indianer, etwa hundert Mann stark, war auf einem Hügel vor uns. Wir hatten keine Zeit zu verlieren, um auf ein besseres Terrain zu kommen, da wir ihnen auf offener Prärie nicht gewachsen waren. Die Indianer hatten sich zusammengezogen und hielten dem Anschein noch eine Beratung, während wir in aller Ruhe aber doch schnell die Pferde hereinbrachten, sattelten, unser Packtier packten, was alles nur einige Minuten Zeit in Anspruch nahm. Nachdem wir unsere Pfeifen angezündet hatten, traten wir langsam den Rückzug zum Mesquite-Gebüsch an. Die Indianer, wahrscheinlich im Zweifel, ob nicht eine größere Anzahl von uns in der Nähe sei, ließen uns Zeit. Bald waren wir im Wald, wo wir uns gegen ein paar hundert Indianer hätten halten können. Dort angekommen, fiel mir erst ein, dass ich meinen kleinen Wolf zurückgelassen hatte und ritt zurück, konnte ihn aber nicht finden, denn er war wahrscheinlich während des Aufpackens fortgelaufen. Auch musste ich meine Nachforschungen bald einstellen, denn die Indianer kamen herangaloppiert. Da ich keine Lust hatte, mein Haar zu verlieren, gab ich Dick die Sporen und war bald wieder bei meinen Leuten. Wir zogen uns langsam durch den Wald zurück. Die Indianer behielten uns im Blick, wagten aber doch keinen Angriff. Um Mitternacht erreichten wir Jacksboro, wo ich Zeit hatte, den Verlust meines Wolfes zu beklagen.

Am nächsten Tag wurde eine ganze Kompanie, kommandiert von einem Lieutenant, der bisher seine ganze Dienstzeit im Büro zugebracht hatte und sich in der Wildnis nie recht wohl befand, ausgesandt, um die Indianer, welche uns um unseren Mittagsschmaus und um meinen Wolf gebracht, aufzusuchen. Am zweiten Tag stießen sie auf die Indianer und Lieutenant B. ließ zum Angriff blasen. Da er aber ein furchtbar schlechter Reiter war, glitt er bei den ersten Sprüngen seines Pferdes mit den Füßen aus den Steigbügeln und ließ die ganze Kompanie halten, bis er sie wieder hineinbrachte, wozu er gerade lange genug brauchte, um den Indianern Zeit zu geben, sich aus dem Staub zu machen. Das geschah wirklich, und sie wurden auch nicht mehr gefunden.

Nun kam die traurige Nachricht, dass mein kleiner Hund Etacosh, der schon seit einiger Zeit an Unterleibsbeschwerden litt, krepierte. Sein Körper wurde von der Kompanie auf einen Scheiterhaufen gelegt und bei feierlichen Gesängen und vielem Whiskytrinken verbrannt. Darauf gingen wir alle in die Stadt, um uns die traurigen Gedanken aus dem Kopf zu waschen. Da aber mein Freund und Zeitgenosse Charley B. ziemlich angeraucht war, so hatte ich den ganzen Abend ein Auge auf ihn, weil er in diesem Zustand jedes Mal etwas Dummes zu machen pflegte. Plötzlich aber vermisste ich ihn im Zimmer. Durch eine Anzahl Pistolenschüsse aufmerksam gemacht, ging ich hinaus, wo ich Charley und Bill Netz auf der Hauptstraße stehend fand, auf eine Entfernung von zehn Schritten aufeinander schießend, wobei sie wie die Narren lachten. Ich brachte sie zurück ins Zimmer, wo sie beide die Gesellschaft mit Eierpunsch zu traktieren hatten.

Gleich darauf gingen wir auf einen Monat nach Buffalo Springs, um von dort aus die Gegend zu durchstöbern. Dieses ist ein altes verlassenes Fort, dessen Ruinen noch stehen. Das Wetter war sehr kalt, als wir dort ankamen. Der Wind blies den Regen umher, dass man nicht wusste, wohin. Wir fanden den noch gut erhaltenen Backofen, in welchem das Brot für die ganze Besatzung gebacken wurde, füllten ihn voll Holz und zündeten es an. Nachdem es ausgebrannt war, schaufelten wir die Asche heraus und drei von uns krochen hinein, wo wir die ganze Nacht sehr warm schliefen, so warm, dass wir am Morgen unsere Stiefel zerbröckeln konnten und unsere Haut so rösch war, wie ein gebratenes Spanferkel.

Wir verbrachten einige Wochen in Buffalo Springs, während des Tages in kleinen Abteilungen das Land durchstreifend, und jagten viel, da es in den großen Waldungen an nichts fehlte und besonders Truthühner sehr zahlreich vorhanden waren. Auf einem dieser Streifzüge, als ich nur einen Mann mit mir hatte, ritt ich an der Westfork des Trinity River im dichten Wald entlang, als etwas durch die Gebüsche lief, das ich dem Laut nach für einen alten Büffel hielt und nicht weiter beachtete.

Doch kaum waren wir einige Schritte weiter geritten, rief mein Begleiter: »Sieh die netten jungen Schweine!«

Auf dem bezeichneten Platz erkannte ich sofort zu meinem großen Vergnügen vier junge Bären, zwei kleine Kerle, zwei etwas größere, die da unter einem Baum recht gemütlich spielten. Nun wusste ich, dass es der alte schwarze Bär gewesen war, den ich im Gebüsch hatte laufen hören. Wir stiegen ab, um die Kleinen näher zu beobachten, als einer davon, ein kleiner munterer Kerl, auf meinen Begleiter zu hüpfte und an seinem Bein wie eine junge Katze zu spielen begann. Da wir nicht Lust hatten, auf die Rückkehr der Alten zu warten, besonders da es zwei Familien waren, so packten wir die Jungen, jeder zwei tragend, und machten uns auf den Heimweg. Die jungen Bären wurden schnell zahm, liefen bald frei in der Garnison Jacksboro herum und tummelten sich oft auf dem Paradeplatz, während das Regiment Inspektion hatte.