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Oberhessisches Sagenbuch Teil 63

Oberhessisches Sagenbuch
Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald
Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873

Der Hexenmeister von Kästrich

Es ist eine alte Geschichte: »Ungestraft lässt sich der Teufel nicht rufen. Wer ihn aber ruft, der muss ihm auch Arbeit verschaffen.«

Zu Kästrich war ein Mann, der unternahm es, die Schätze zu heben, welche der Sage nach in dem Steinrück bei Windhausen verborgen liegen, und wollte am Ende die drei Alten heraufbeschwören, welche in dem Berggewölbe daselbst am steinernen Tisch sitzen sollen. Er machte dazu alle nötigen Vorbereitungen zu Hause und zog mit Kreide doppelte Ringe auf den Stubenboden. Nachdem er Frau und Kind zu Bett gebracht und ihnen die äußerste Ruhe anbefohlen hatte, ergriff er »Der schwarze Rabe«, welche das gemeine Gebetsbuch aller Hexenmeister ist, setzte sich in einen der Kreise und begann zu lesen.

Es dauerte nicht lange, so ging die Tür auf und ein Huhn gackerte im Hausährn.

Der Hexenmeister rief: »Was willst du?«

Das Huhn antwortete »Du hast mich gerufen und darum bin ich da.«

Da fing er wieder an: »So will ich dich nicht. Komme in anderer Gestalt!«

Er schlug die Tür zu, setzte sich in den Kreis und las weiter.

Bald öffnete sich dieselbe wieder und ein großer, zottiger Bär mit ausgestreckten Tatzen und schrecklichem Rachen stand vor ihm.

»Was willst du?«, fragte er denselben.

»Du hast mich gerufen«, entgegnete der Bär, »und darum bin ich da.«

»So will ich dich nicht«, schrie ihn der Hexenmeister an, »komme in anderer Gestalt.«

Der Bär fragte: »Sag mir in welcher?«

Jener antwortete: »In schöner, und kannst du es, in Menschengestalt.« Darauf setzte er sich wieder hin und las. Nun ging es wieder wie die beiden ersten Male, nur stand nun ein blutjunger Mensch vor ihm, wie ein Jägerbürschlein anzusehen. Zu diesem sprach er: »Komm mit!« Er hieß ihn in den leeren Kreis treten. »Sag mir«, hob er an, »kann ich die Schätze im Steinrück heben?«

»Ja«, antwortete der Jäger, »wenn du die Bedingungen erfüllst.«

»Nun, was hab ich zu tun?«

»Du musst auf Walbersnacht wiederkommen und drei Dinge zum Opfer bringen, einen schwarzen Bock, einen weißen Entenschnabel und einen Buben von acht Jahren, der aus deinen Lenden entsprossen ist.« Bei diesen Worten wandte er sich um zum Bett, in welchem die Frau mit seinem achtjährigen Söhnlein lag, und warf auf dasselbe einen so furchtbaren Blick, dass der Mutter das Herzblut zu Eis gefror. »Gelt«, sagte er dann, »das ist dir zu schwer«, als der Hexenmeister zauderte.

»Ja«, antwortete dieser, »den Bub mag ich nicht hergeben. Es ist mein Herzblatt.«

Als dies der Jäger hörte, schrie er: »Willst du also nicht, nun, so lass es bleiben, aber mache fort, ich habe Eile!« Und stampfte vor Wut mit dem Fuß. Da entließ ihn der Hexenmeister und trat an das Bett seiner Frau. Gleich fing er aber auch bitterlich an zu weinen.

Der giftige Blick des Teufels hatte die Arme jählings getötet.