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Im Zauberbann des Harzgebirges – Teil 28

Im Zauberbann des Harzgebirges
Sagen und Geschichten, gesammelt von Marie Kutschmann

Vom Zwergkönig Hübich – Teil III

Einstmals ging eine arme Bergmannsfrau aus Grund in den Wald, um Tannenäpfel zu suchen. Traurig schritt sie ihres Weges. Sie war sehr unglücklich, denn schon wochenlang lag ihr Mann krank danieder und konnte nicht arbeiten. Ihr selbst war es bei größtem Fleiß nicht möglich, genug für sich und ihre zahlreiche Familie zu verdienen. Oft gingen die Eltern und ihre armen Kleinen hungrig schlafen.

An diesem Tag wollte die fleißige Frau nun versuchen, recht viele Tannenäpfel zu finden, denn der Bäcker hatte ihr dafür Brot zu geben versprochen. So durchschritt sie eilends den Wald, als plötzlich Hübich vor ihr stand und die Erschreckte fragte, was sie hier zu suchen habe. Die Frau erzählte dem Zwergkönig von ihrem Vorhaben und von dem Unglück, das sie so schwer betroffen hatte. Aufmerksam hörte Hübich zu, und als sie fertig war, reichte er ihr ein Bündchen Kräuter, nach deren Gebrauch ihr Mann sofort genesen werde. Dann bezeichnete er ihr auch noch den Ort, an dem die meisten Tannenzapfen zu finden seien. Mit herzlichem Dank eilte die Bergmannsfrau weiter. Anfangs fand sie an dem bezeichneten Ort keinen einzigen Tannenapfel. Schon glaubte die Arme, der Zwergkönig habe sie zum Besten gehabt, wie er das ja schon bei vielen anderen getan hatte, als plötzlich ein Zapfen nach dem anderen direkt in ihre am Boden stehende Kiepe flog, und zwar mit solcher Geschwindigkeit, dass der Korb über und über voll war. Die Frau spähte in die Tannen hinein, um zu sehen, woher denn eigentlich das Wunder komme; aber nichts ließ sich in den Zweigen blicken, die nur leise, als ob der Wind hindurchführe, sich neigten. Als sie ihre Kiepe auf den Rücken heben wollte, war dieselbe zu ihrer Verwunderung weit schwerer als sonst. Nur mühsam trug sie die Last weiter.

Auf dem Rückweg traf die Frau abermals den Hübich, welcher sie fragte, ob sie denn genug Tannenzapfen gefunden hätte.

Als sie ihm alles berichtete und ihr Staunen ausdrückte, sagte der Zwergkönig: »Ja, das war mein Volk, welches dir geholfen hat. In den Zweigen haben die Zwerge gesessen und die Tannenzapfen in den Korb geworfen. Daher ist derselbe auch so schwer, denn wenn du daheim bist, wird alles eitel Silber sein. Nimm es für dich und die deinen.«

Es geschah, wie Hübich gesagt hatte. Als die Frau zu Hause die Kiepe leerte, war alles Silber. Davon ließ sie dankbaren Herzens eine Kirche bauen; aber es war noch so viel übrig, dass die Bergmannsfamilie lange sorglos und glücklich leben konnte.