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Das schwarze Buch vom Teufel, Hexen, Gespenstern … Teil 63

Das schwarze Buch vom Teufel, Hexen, Gespenstern, Zauberern und Gaunern
Dem Ende des philosophischen Jahrhunderts gewidmet
Adam Friedrich Böhme, Leipzig, 1796

Die Schatzgräber zaubern sich in die Karre.

Schatzgräbereien, denen der Hang des gemeinen Mannes zum Aberglauben und zur Begierde, ohne Mühe reich zu werden, noch immer einen so großen und leichten Spielraum gibt, sind desto gefährlicher, weil der anfangs Betrogene gewöhnlich bald darauf als Betrüger erscheint und sich dadurch wiederum schadlos zu machen sucht. Hievon ist folgende Geschichte Beweis.

Einer der Hauptkomplizen, ein Schuster aus Stralsund gebürtig, damals 35 Jahre alt, zeigte schon im Jahr 1775, als er sich noch von seinem Handwerk redlich ernährte, einen großen Hang zu abergläubischen Dingen, indem er eine Gaukelei vornahm, die ihm und einem seiner Gesellen beinahe das Leben gekostet hätte, so wie er dadurch den Tod seiner Ehefrau und des anderen Gesellen, wiewohl ohne Absicht verschuldete. Er hatte nämlich einen Hund, den er sehr liebte. Dieses Tier starb Anfang Dezember 1775 plötzlich. Der Inquisit hegte den Verdacht, sein Nachbar habe ihn mit Gift getötet. Um sich davon zu überzeugen und den vermeinten Täter recht empfindlich zu bestrafen, brauchte er folgendes abergläubisches Mittel. Er nahm das Herz des toten Hundes, bespickte solches mit Stecknadeln, tat es in einen neuen Topf mit Wasser, setzte solchen um Mitternacht auf ein Kohlenbecken und ließ es unter dem strengen Stillschweigen der Mitanwesenden, die aus seiner Frau und zwei Gesellen bestanden, kochen. Unglücklicherweise aber waren die Kohlen, deren man sich zu diesem Experiment bediente, nicht ausgeglüht. Da die Fenster und Türen der kleinen Stube fest verschlossen wurden, auch niemand sich regen durfte, so wurde die Frau und der eine Geselle darüber ein Opfer des Todes. Sowohl der Inquisit als auch der andere Geselle verloren alle Besinnung, sodass insbesondere Letzterer, da man erst den anderen Morgen, als die Tür von den Nachbarn aufgeschlagen war, zu Hilfe kommen konnte, nur mit genauer Not am Leben erhalten wurde. Dass der Hund wirklich vergiftet worden war, fand sich bei angestellter medizinischer Untersuchung nicht. Die Justizkanzlei zu Hannover erkannte hierauf am 23. Dezember 1775, dass da überall kein Verdacht einer böswilligen Absicht gegen die verunglückten Personen vorhanden sei, dem Inquisiten, der sogleich ins Gefängnis gebracht worden war, den Arrest zur Strafe anzurechnen und ihm von seinem Beichtvater die Unzulässigkeit seiner Handlung vorzuhalten sei. Welchen Lebenswandel der Mann in der Folge führte, weiß man nicht; nur heiratete er bald wieder und zeugte mit seiner Frau mehrere Kinder, von denen jedoch nur eins am Leben blieb. Im Jahr 1787 erschien er abermals als ein erfahrenes Mitglied einer ordentlichen Verbrüderung von Schatzgräbern, die hauptsächlich einen anderen berüchtigten Betrüger an ihrer Spitze hatten, der sich für einen Freimaurer ausgab und diese Hülle zu allerhand Geldprellereien der untersten Volksklasse missbrauchte, einige Schätze nachwies, in Bierkrügen magisch experimentierte und allerhand Gesindel angeblich zu Freimaurern aufnahm. Dabei machte er Bauern weiß, sie könnten, wie schon die Benennung dartue, nunmehr frei in allen Krügen zechen, indem alle Flaschen und alle Geldkrüge sich ihnen unentgeltlich öffnen würden, sobald sie nur ihre hohe Würde dem Wirt bekannt machten. Dies köstliche Privilegium war natürlich schon wert, dass man ein paar Louisdor dafür anlegte. Auch fehlte es nicht an Zulauf. Zu den Spießgesellen dieses Wundermannes, der aber zu seinem Glück, schon vor der im April 1787 bei dem Gerichtsschulzenamt der Neustadt Hannover erhobenen Inquisition, die Stadt verlassen hatte, gehörten noch drei andere: ein Schuster daselbst, aus Kopenhagen gebürtig, 56 Jahr alt, Ehemann und Vater von drei lebenden Kindern; sodann ein pensionierter Invalide und Leinenweber, 44 Jahre alt, von Rössing gebürtig, und endlich ein Leinenweber aus Rethmar, 54 Jahre alt, beide ebenfalls Ehemänner und Väter von drei Kindern.

Diese Bande hatte in einem Zeitraum von ungefähr vier Jahren, einen Schatz von beinahe sechshundert Reichstalern in ihre Taschen gezaubert, und die Glieder derselben gerieten dabei doch in weit armseligere Umstände.

Die Betrogenen verharrten auch fast bis auf den letzten Augenblick in ihrer Verblendung und hatten mit größter Zuversicht in Hoffnung der vielen tausend Taler, die sie unter ihren Füßen, mithin ja so nahe wie möglich zu wissen glaubten, ihren letzten Heller dazu beigesteuert. Vorzüglich zeichnete sich dabei ein Einwohner des Amts Blumenau aus, der weil er einige Male des Nachts in seinem Garten einen feurigen Klumpen – vermutlich ein Irrlicht – erblickt hatte, sich weder durch Zureden seiner Obrigkeit und seines Beichtvaters noch durch gelinde Strafen vom Wahn eines in seinem Garten vergrabenen Schatzes hat abbringen lassen. Dafür verarmte er aber auch und brachte mehrere andere Personen, die sich zur Bestreitung der nötigen Kosten mit ihm vereinigt hatten, um ansehnliche Summen. Man kann leicht denken, dass die Betrüger bei diesen Leuten, denen der Kopf so voll von Schätzen war, leichtes Spiel hatten. Auch wurden sie von ihnen ängstlich aufgesucht. Als einmal eine Frau aus der Gesellschaft , die alle ihre Habseligkeiten schon dabei zugesetzt hatte, dem Beschwörer auf das Beweglichste zuredete, sie doch nicht zu hintergehen, wurde sie dadurch wieder beruhigt, dass der eine Schatzgräber ihr versicherte, wenn er sie betrüge, so mache er sich hiermit anheischig, ihr die Zinsen von dem Kapitälchen der 85.000 doppelten Pistolen, wonach den Leichtgläubigen eben nun der Mund wässerte, von nicht weniger als 77 Jahren auszuzahlen. Einst, als nach öfteren Experimenten in der Gegend von Seelze die Erwartung der Betrogenen aufs Höchste gespannt war und der eiserne Kasten mit den Goldstücken noch immer zu erscheinen zögerte, wussten die Betrüger sich nicht anders zu helfen, als dass sie sich von zwei dazu bestellte Leuten plötzlich verjagen und dem Anschein nach, gerade so wie Hanswurst in der Komödie, sich jämmerlich schlagen ließen.

Der Hokuspokus, dessen diese Herren Magiker vom Knieriemen und vom Weberstuhl sich bedienten, bestand hauptsächlich in Folgendem: Einer von ihnen gab sich für einen Professor, ein anderer für dessen Sekretär und ein Dritter für einen Hildesheimer Domprobst aus.

Sie trugen zuweilen katholische Priesterkleidung und bestellten einmal ihre Kunden auf den Domplatz in Hildesheim, wo sie das nötige Geld bloß für Seelenmessen, wie sie sagten, in Empfang nahmen. War dies nun vertan, so waren unter manchem Vorwand neue Seelenmessen erforderlich. Da schon so viel darauf verwandt war, so konnten die armen Leute dem Reiz nur noch zum letzten Mal ihre Barschaften daran zu wagen, nicht widerstehen. Nach und nach schritt man näher zu diesen Beschwörungen. Es wurde Erde von dem Platz, wo der Schatz vermutet wurde, um Mitternacht verbrannt. Dies geschah ein paarmal in der Seelzer Grund, auch in der Herrenhäuser Masch. Und welches Wunder: Diese Erde, die die Zauberer vorher heimlich mit brennbarer Materie vermischt hatten, brannte lichterloh. Sodann murmelte einer aus einem lateinischen Buch etwas her und betete. Dabei griff sich der arme Mann so an, dass ihm der Schweiß stromweise vom Gesicht rann. Zwar hatte einmal einer der Umstehenden dabei einigen Zweifel und glaubte beinahe, der hochwürdige Herr habe sich mit Wasser begossen, weil es ihm vorkam, als habe er es vorher wie in einem Gefäß in der Tasche des eifrigen Mannes rauschen gehört, doch erstickte der Wunderglaube bald alle Zweifel. Ein anderes Mal wurde von den Zuschauern bloß zu desto untrüglicherer Überzeugung, ein Dukaten, ein Dreimariengroschenstück gefordert, solches unter einem Bogen Papier auf einen Teller gelegt. Und siehe da: Als nach einigen Beschwörungen das Papier aufgehoben wurde, fanden sich sieben falsche Dukaten darunter, welche die ganze Gesellschaft einmütig für das feinste arabische Gold erkannte. Außer dem vorhin erwähnten Kapitälchen bestand, besage das von einem Geist beschriebene Papier, der Schatz diesmal noch ans einer viele Klafter langen massiven goldenen Kette, welche unsere Vorfahren, die Riesen, wie jedermann weiß, aus anständiger Prachtliebe und zum Besten künftiger Schatzlustigen um ihre Särge winden ließen.

Dagegen wurde auch zu einer anderen Zeit im Keller eines Bürgers zu Pattensen ein kleiner Schatz nicht verschmäht, welcher nur 12.000 Reichstaler wert war und über 80 Reichstaler an Seelenmessen kostete, obwohl er bis auf die heutige Stunde um keine Spanne gerückt sein soll.

Andere ähnliche Kunststücke konnten bei der Untersuchung nicht völlig aufgeklärt werden. So soll einmal einer von den Inquisiten in einem Dorf bei Schwarmstedt einige Bauern zu einem Schatz haben verhelfen wollen, wobei er in bloßem Hemd mit einer Larve vor dem Gesicht einen Geist vorstellen wollte, welches aber von den noch etwas ungläubigen Bauern bemerkt und der angebliche Geist tüchtig durchgeprügelt worden war.

Ein anderes Mal soll beim Dorf Leveste in gleicher Absicht ein schwarzer toter Hund von ihnen begraben worden sein, in der Hoffnung, die Bauern würden ihn für den Teufel halten. Endlich soll einer dieser Zauberer sogar den Daumen eines Gehenkten besessen haben, wodurch dieser vermittelst einer daran befestigten Bleifeder alles von selbst hinschreiben müssen, was der Beschwörer verlangt hatte. Vermutlich aber wird der schwarze Mann vergessen haben, diesen Zaubergriffel um sein und seiner Konsorten Schicksal zu befragen, denn sie wurden auf verschiedene Jahre zur Karre und ins Zuchthaus geschickt.