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Guido von Scharfenstein – Kapitel VI

Guido von Scharfenstein, der mächtige Bezwinger der Zauberer und Hexen, und die wunderbare Rose
Eine Ritter- und Zaubergeschichte aus guter alter Zeit
J. Lutzenberger Verlag Burghausen

VI.

Nach einem scharfen Ritt erreichten am folgenden Tag die Ritter den Wohnsitz des Zauberers Gundelbart, wo der Unhold eben den gescheiterten Anschlag seiner Schwester vernahm und nun zitterte vor dem, der da kam mit starkem ritterlichen Arm und gewappnet gegen alle Hexen- und Zauberkünste.

Wie Bruno Gundelbarts Schloss beschrieben hatte, so fand es sich auch. Es stand frei ohne Mauern und Wälle, aber von einem breiten Sumpf umgeben, an dessen innerem Rand die Ungeheuer des Zauberers Wache hielten. Eine schmale Brücke führte über den Sumpf, deren Eingang ein gewaltiger Löwe bewachte. In deren Mitte lauerte ein Wolf mit scharfem Zahn und das entgegengesetzte Ende hütete ein Drache, dessen feuriger Odem die ganze Brücke bestrich.

Beim Herannahen der Ritter erhoben sämtliche Bestien in ihrer eigentümlichen Weise ein furchtbares Geheul und Gezische, dass selbst die furchtlosen Ritter davon erzitterten. Dieser Lärm war ein Zeichen für Gundelbart, dass er herausgefordert werde. Sobald derselbe nachgelassen hatten, erschien er vor der Pforte seines Schlosses in seiner ekelhaften Gestalt, die noch durch eine riesenhafte Größe imponierte. Als Waffe führte er eine mächtige Keule bei sich.

Nachdem der Schlangenritter ihn sah, brach er in fürchterliche Schmähungen los und forderte Gundelbart auf, er solle ihm seine Gattin Utta ausliefern; entgegengesetzten Falles er zu gewärtigen habe, dass er unter dem Beistand der ihn begleitenden Ritter sein Eulennest erobern und ihn samt seiner Brut zerstören werde. Wolle er aber einen ehrlichen Zweikampf vorziehen, so sei er erbötig, diesen mit ihm zu bestehen, wenn er ihm mit einem Eid bekräftige, dass er keine Hinterlist gegen ihn anwenden wolle.

»Oho, du einfältiges Aas!«, entgegnete Gundelbart höhnisch, »ich meinte, dir müsste mehr daran liegen, mit mir zu kämpfen, als mir. Da es mich aber gelüstet, dir jämmerlich den Hals zu brechen, so schwöre ich bei allen Geistern der Ober- und Unterwelt, ja bei meiner großen Mutter Kanda schwöre ich, dass nur ich ganz allein dir gegenübertreten will! Bist du es nun zufrieden, du erbärmlicher Wicht?«

»Ich bin es und werde kommen, dir deinen Affenschädel zu zertrümmern!«, versetzte Bruno, dem von mehreren seiner Begleiter geraten wurde, doch den ungleichen Kampf nicht zu bestehen, da seinem Eid nicht zu vertrauen sei und Gundelbart mit seinen Zauberkünsten ihn sicher bewältigen werde. Doch die Liebe zu Utta ließ Bruno keine Gefahr scheuen. Da auch Guido ihm den möglichsten Beistand und die Befreiung aus jeglicher Gefangenschaft zugesichert hatte, befahl Bruno, Gundelbart möge seinen Bestien gebieten, dass sie ihn frei die Brücke passieren lassen. Hierauf schwang dieser seine Keule nach allen vier Winden, murmelte einige Zauberformeln dazu. Alsbald legten sich die wilden Tiere mit dumpfem Gebrumme nieder. Bruno fasste sein Schwert fest in der Rechten, schob den linken Arm durch die Riemen des Schildes und trat so beherzt und festen Schrittes über die Brücke. Gundelbart stand mitten auf dem Rasenplatz vor seinem Schloss, lehnte auf seiner Keule, schaute mit verächtlicher Miene dem kommenden Ritter entgegen und bewegte sich auch dann noch nicht, als dieser ihm so nahe war, dass sein Schwert ihn hätte erreichen können.

»Nun!«, rief Bruno, »soll ich dich wehrlos niederhauen, Schurke? Erhebe deine Keule und verteidige dich. Ich will ehrlichen Kampf.«

Gundelbart erhob langsam seine Waffe. Während ein teuflisches Grinsen auf seinem Gesicht spielte, streckte er sie gegen den Ritter aus. So wie das Ende derselben diesem gegenüberstand, züngelte eine grünliche Eidechse daraus hervor und spritzte einen Tropfen scharfen Giftes gegen Bruno hin. Als dieser davon berührt wurde, entfielen ihm Schwert und Schild. Er, der hohe kräftige Ritter sank bebend zusammen, bellte mit der Stimme eines Hundes und leckte wie ein solcher dem triumphierenden Scheusal schmeichelnd die Füße.

Dieses aber schaute höhnend hinüber zum jenseitigen Ufer, setzte dem besiegten Bruno einen Fuß auf den Nacken und rief: »So geht es allen Wichten, die da meinen, es mit mir aufnehmen zu können! Hat nun vielleicht noch einer Lust, sein Heil zu versuchen. Er möge kommen!« Hierauf schlang er eine Kette um des Schlangenritters Hals, der nun auf allen vieren kroch und winselte wie ein geduldiger Haushund und führte ihn zu der Schlosspforte, wo er ihn an eine Klammer legte und mit einigen Fußtritten traktierte.

Dem zurückgebliebenen Rittern gefror das Herz in ihrer Brust zu Eis, als sie sahen, was dem tapferen Bruno widerfuhr. Keiner wagte ein Wort zu sprechen.

Indessen erhob sich Guido von Scharfenstein zu seiner ganzen Höhe. Mit der Stimme des rollenden Donners rief er hinüber zu dem jubelnden Schurken. »Triumphiere nicht zu früh, elendes Hexengewürm, noch leben die Rächer solcher Untaten! Nicht umsonst sollst du einen Zweiten zum Kampf gefordert haben. Ich werde kommen und dich in den Staub treten. Wisse, dass ich deine Zauberkünste so wenig fürchte, wie jene deiner schmutzigen Erzeugerin, der Hexe Kanda.«

»Elender Wurm!«, rief Gundelbart grimmig. Der Geifer lief ihm aus seinem ungestalteten Maul. »Wagst du es, die große Kanda zu schmähen. O, komm doch herüber, dass ich dir tausendfach größere Schmach noch bereite, wie jenem Elenden. Sieh doch, meine Wächter legen sich schon. Sie werden dir nichts tun, denn ich allein muss dich für deine Frechheit strafen!«

»Lass immerhin alle deine Bestien los, du erbärmliche Affengestalt, ich werde dennoch kommen, dich zu züchtigen!«, zürnte Guido und machte sich, ungeachtet des Abmahnens vonseiten der übrigen Ritter, bereit, den Weg anzutreten. Mit festem, klirrenden Tritt, dass die Brücke unter ihm erbebte, schritt er hinüber und ohne Zaudern mit hochgeschwungenem Schwert auf Gundelbart zu. Dieser wollte wie bei Bruno seine Zauberkunst gebrauchen. Doch sobald die Eidechse aus der Keule hervorzüngelte, bog sie sich ängstlich gekrümmt zur Seite, ohne ihr Gift gegen Guido ausspritzen zu können. Dieser hieb nun auf Gundelbart los. Da kam Entsetzen über den Elenden, der nun sein Heil nur noch in der natürlichen Kraft seiner Glieder zu finden hoffen konnte. Obwohl diese groß war, so fehlte ihm doch der feste, vertrauende Mut, nachdem er seine Zauberkunst vergeblich erprobt hatte. Es entspann sich ein grimmiger Kampf der Rache und der Verzweiflung. Hoch schwang der Zauberer seine mächtige Keule, des Ritters Schild fing den Schlag auf. Scharf sauste Guidos gutes Schwert durch die Luft, aber der gewandte Gegner wich entweder dem Streich aus oder warf ihm die eisenbeschlagene Keule entgegen. So dauerte der Kampf lange Zeit unentschieden fort. Den gegenüberstehenden Rittern bangte es bereits für Guido. Gerne wären einige derselben ihm zu Hilfe geeilt, wären sie nicht durch die grimmigen Wächter der Brücke zurückgedrängt worden. Eben brauste ein schwerer Keulenschlag auf Guidos Helm nieder, dass er klirrend in zwei Stücke zersprang und er selbst sank in ein Knie. Schon triumphierte Gundelbart und schwang seine Waffe zum letzten zerschmetternden Schlag. Aber noch einmal raffte sich Guido empor: »Rosamunde!« rief er. Neue Kraft strömte durch seine Adern. Ein grausiger Schauer durchbebte den riesigen Gegner bei diesem bedeutungsvollen Namen. Die schon erhobene Keule blieb starr in der Luft. Der Ritter hingegen war zu neuer Tat gestählt. Schnell wie der Blitz sauste seine Klinge nieder und der rechte Arm des Scheusals lag abgehauen mit samt der Keule am Boden. Gundelbart selbst stürzte ermattet nieder und Guido setzte ihm mit gezücktem Schwert und mit den Worten den Fuß auf die tief röchelnde Brust: »Auf der Stelle entzaubere nun den ehrenwerten Ritter Bruno, du giftige Natter, oder ich bereite dir tausendfache Qualen!«

Unter dem gewaltigen Fuß des Ritters krümmte sich Gundelbart winselnd und versprach, alles zu tun, wenn er ihn zu Bruno bringe und ihm seine Keule reiche, denn ohne sie könne er den Zauber nicht lösen.

Darauf schlang Guido die Kette, die Gundelbart auch für ihn schon in Bereitschaft hatte, nun um dessen eigenen Hals, ließ ihn die Keule mit der linken Hand erfassen und schleifte ihn zu Bruno, der sie gleich einem Hund anbellte. Mit einem Fußtritt deutete Guido dem Besiegten an, sogleich zu tun, was er begehre. Dieser kehrte sofort die Keule gegen Bruno umgewendet hin. Sogleich erhob sich dieser in seiner vorigen Manneskraft. Guido verlangte nun ferner von Gundelbart, dass er den Kerker bezeichne, der des Schlangenritters treues Ehegemahl gefangen halte. Nachdem dieses geschehen war, eilte Bruno, sie ungesäumt zu befreien.

Nun aber beschloss Guido, seinem Werk die Krone aufzusetzen und die Welt von einem Ungetüm zu erlösen, das schon so manches Elend veranlasst hatte. Er spaltete mit einem starken Hieb Gundelbarts scheußliches Haupt, schleppte ihn dann zum fauligen See, dessen Wasser das Hexennest umstand, und warf ihn mit samt der Keule hinein, die dem Elenden eine so gefährliche Waffe war.

Seinem und seiner Freunde Bemühungen gelang es ferner, die scheußlichen Ungetüme, welche das Zauberschloss bewachten, nach anstrengendem Kampf zu erlegen. Während sie diesen vollführten, fuhr aus der Pforte des Schlosses die ekelhafte Gundelberta, auf ihrer grauen Katze reitend, hervor und über die Helmbüsche der Ritter hinweg fort durch die Lüfte.

»Oho! Dich kenne ich!«, rief Guido ihr nach. »Sollst mir nicht wieder die Augen verblenden in der wunderschönen Gestalt einer Brunhilde, du gräuliches Ungetüm.« Hierauf trat Bruno aus der Schlosspforte und führte am Arm seine geliebte Utta, die zwar bleich und abgehärmt, aber immerhin eine liebliche Erscheinung war.

Hierauf wurde Feuer in das verruchte Hexennest gelegt. Als es in Flammen hoch aufloderte, da freuten sich die Herzen der biederen Ritter. Sie zogen nicht eher von dannen, bis alles in Asche verwandelt war. Alsdann setzten sie ihren Weg zur Schlangenburg fort, wo Bruno in der Freude seines Herzens, seine geliebte Frau wieder zu besitzen, sie aufs Herrlichste bewirtete.