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Der Konstanzer Hans Teil 12

W. Fr. Wüst
Der Konstanzer Hans
Merkwürdige Geschichte eines schwäbischen Gauners
Reutlingen, 1852

Zwölftes Kapitel

Wie Hans abermals in Gefangenschaft gerät und sich wieder hinauslügt.

Die Müllerin erkannte die Vögel an den Federn. Auf ihre Anzeige in Seitigen erschienen bewaffnete Bauern von da in der Mühle und hoben die Verdächtigen auf.

Hans war früher oft als Krämer in des Vogts Hause gewesen. Vor vier Jahren, als er in Oberflacht mit anderen Gaunern in Verhaft gekommen, war auch sein Vater von dem Seitinger Vogt ins Verhör genommen worden. Die Hans’ Lage war in zweifacher Beziehung sehr misslich. Einmal fürchtete er, vom Vogt erkannt zu werden, und zweitens traute er seinem Vater nicht. Zwar hatte er diesen die Nacht hindurch dringend gebeten, im Verhör ihn nicht als seinen Sohn anzugeben und darüber auch Zusicherung erhalten, aber des Vaters Unwille über den ungeratenen Sohn war so tief verwurzelt, dass dieser alles zu fürchten hatte.

Die Schleiferbärbel wollte Hans in der Nacht, als die Wächter schliefen, zur Flucht behilflich sein. Er verwarf aber dieses Mittel, sich aus der Gefahr zu retten, weil er sich lieber einer solchen aussetzen, als seinem Vater schaden wollte. So war also in der Gaunerseele noch ein Rest von Edelmut.

Hans und sein Vater wurden miteinander zuerst ins Verhör genommen. Jener gab an, er sei der Zirkelschmied Johannes Schüle aus Hammerspach, komme von Bischofzell, wo er zuletzt in Arbeit gestanden und habe sich dort erst vor Kurzem mit der Weibsperson verheiratet, die bei ihm sei. Hierauf händigte er seinen Pass dem Vogt ein, der ihm denselben mit den Worten zurückgab: Eure Sache ist gut.

Als der alte Herrenberger seinen Namen angab, erinnerte sich der Vogt wieder an das Verhör, das er vor vier Jahren mit ihm vorgenommen habe.

»Wo ist denn Euer Sohn?«, fragte er ihn.

Der Alte war in großer Verlegenheit und Hans stand wie auf Nadeln. Lange blieb die Antwort aus. Als der Vogt wieder fragte, ob er noch Soldat sei, und der Schuster mit Ja antwortete, da fiel es Hans wie ein Zentner vom bedrängten Herzen.

»Das ist gut für Euren Sohn«, fuhr der Vogt fort. »Ich glaube, er würde, wenn er nicht unter die Soldaten gekommen wäre, ein echter Spitzbube geworden sein und ohne Zweifel am Galgen geendet haben.«

Hierauf erzählte der Vogt Hans, wie des Schusters Sohn früher in Gesellschaft der Gauner gewesen, mit mehreren derselben vor vier Jahren in Oberflacht gefangen genommen, nach Spaichingen abgeführt und danach kaiserlicher Soldat geworden sei. Da Hans hier seine eigenen Schicksale so erzählen hörte, musste er sich recht Gewalt antun, die Stimmung seines Gemüts zu verbergen.

»Geht nur nie mehr mit diesem Mann«, setzte der Vogt noch hinzu, denn er hatte sich durch seinen Umgang mit Gaunern schon lange verdächtig gemacht.

Hans war froh, als der Vogt sie nun entließ, denn er fürchtete, sein Vater möchte ihn doch noch verraten. Er trieb daher die Schleiferbärbel zur eiligen Flucht, und schnell waren sie vor dem Dorf draußen.

Ebenso schnell kehrte auch der Rachegedanke in Hans’ Seele zurück. Der Schinder-Peter musste aufgesucht werden. Vorher aber stahl er einem Krämer zwei Pistolen, um gegen seinen Feind gehörig bewaffnet zu sein. Dass dieser ein großes Gefolge bei sich habe, dass er ihm die fürchterlichste Rache geschworen habe, das kümmerte den Konstanzer Hans gar wenig. Umso größer, meinte er, sei der Ruhm seines Sieges über den Feind. Mit einem einzigen Kameraden, dem er Mut einsprach, der Schleiferbärbel und einer anderen Gaunerin machte er den Zug gegen den Schinder-Peter, fand ihn aber, trotz seines Eifers, nirgends. Und nun wurde die weitere Verfolgung dadurch unterbrochen, dass Hans selbst auf schnelle Flucht denken musste. Er saß mit seinem bedeutenden Raub, den er beim Pfarrer in Flözlingen gemacht hatte, in einem Diebswirtshaus zu Neuhausen bei Villingen, als er von einer Gaunerin die Nachricht erhielt, es kämen viele Streifer auf das Dorf zu. Während er mit seiner Gesellschaft auf der einen Seite das Dorf eilig verließ, rückten auf der entgegengesetzten die Streifer ein. So entkam er glücklich, während mehrere andere seit einigen Tagen eingefangen worden waren.