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Der Konstanzer Hans Teil 4

W. Fr. Wüst
Der Konstanzer Hans
Merkwürdige Geschichte eines schwäbischen Gauners
Reutlingen, 1852

Viertes Kapitel

Hans wird kaiserlicher Soldat und entweicht dreimal.

Die ganze geschlossene Gesellschaft bestand aus elf Personen und wurde zunächst nach Spaichingen und gleich darauf nach Rottenburg am Neckar abgeführt. Sie gaben sich gegenseitig das Versprechen, einander nicht zu verraten. In letzterer Stadt angekommen, hatten sie gleich die Aufmerksamkeit des kaiserlichen Werbeoffiziers auf sich gezogen, welcher solche kräftige Burschen gern für den bayrischen Erbfolgekrieg angeworben hätte. Da durch die Untersuchung, welche übrigens nicht streng geführt wurde, nichts gegen sie erhoben werden konnte, so forderte er sie auf, sich anwerben zu lassen, wozu sie gleich bereit waren. Der Schul-Toni aber, der schon früher in Rottenburg als Gefangener gewesen war, kam in engen Gewahrsam.

So kam Hans glücklich aus dem Gaunerleben heraus. Der Eintritt in den Soldatenstand hätte ihn vielleicht für immer gerettet, wenn er nicht hintergangen worden wäre. Man beredete ihn nämlich, es sei für ihn besser, wenn er sich als österreichischer Untertan anwerben lasse. Er bekomme dann zu den bereits empfangenen drei Talern Handgeld überdies noch dreißig Gulden. Erst nachher erfuhr er, dass er nun nicht so bald wieder frei werden würde. Dies machte ihn ganz niedergeschlagen und unwillig. Er fasste sogleich den Entschluss, zu entlaufen, sobald sich eine Gelegenheit zeigen würde.

Die Rekruten wurden auf der Donau nach Wien hinuntergebracht. Wenige Tage nach der Ankunft daselbst führte er listig sein Vorhaben aus, kam glücklich bis an die bayrische Grenze, wurde aber hier festgenommen und wieder nach Wien zurückgebracht. Von hier aus kam er mit 500 anderen Arrestanten zur Armee nach Böhmen, wo er für seine Entweichung 30 Stockschläge aushalten musste.

Diese Strafe hatte aber nicht die Wirkung, ihn von dem Gedanken an das Ausreißen abzubringen. Denn obwohl er nun die militärischen Übungen eifrig lernte und schnell begriff, seine Pflicht als Soldat gehörig er füllte und sich so das Vertrauen seiner Oberen erwarb, so brütete er doch stets über den Plan, abermals zu entkommen und führte denselben auch an der sächsischen Grenze mit einem gleichfalls unzufriedenen Unteroffizier aus. Er wollte zu den preußischen Husaren übergehen, wurde aber am Tag seiner Entweichung wieder eingefangen und musste nun die harte Strafe des Gassenlaufens erstehen. Wie er diese mit erbittertem Mut aushielt, so verweigerte er auch trotzig den Gebrauch des Spitals zur Heilung seines zerfleischten Rückens und tat seinen Dienst wie ein Gesunder. Da ihm aber dies eine Krankheit zuzog, so wurde er mit anderen Kranken in das Hauptspital nach Prag gebracht. Nach einigen Tagen kam er in die Zahl der Genesenden, welche unter keiner strengen militärischen Aufsicht standen, und lernte nun bei seinem Herumschlendern in der Stadt und in der Gesellschaft verdorbener Burschen vollends alles Schlechte, was er bisher noch nicht wusste. Zu seinem Unglück traf er unter denselben auch einige frühere bekannte Gauner und wurde durch sie in die Geheimnisse der Taschendieberei eingeweiht. Auch diese Kunst hatte er bald gelernt und sich eine solche Fertigkeit darin erworben, dass er sich vom Erlös des Gestohlenen recht gute Tage machen konnte.

Da aber ihm und seinen sauberen Diebsgenossen der Wirkungskreis innerhalb der Stadt zu eng und der Soldatenstand entleidet war, so wurde abermals ein Plan zum Ausreißen verabredet, doch nun nicht gleich ausgeführt, da der Friede zustande gekommen war und die Regimenter in ihre Standquartiere abmarschierten. Hans mit anderen Genesenden wurde seinem Regiment, das nach Freiburg im Breisgau kam, erst später nachgeschickt. Obwohl er oft leicht hätte entkommen können, entwich er doch erst auf der letzten Station vor Freiburg, weil ihm sein Kamerad und Lehrmeister in der Beutelschneiderei es so geraten hatte. Nur halb angekleidet entfloh er am frühen Morgen in den nahen Wald. Da zugleich mit ihm, wiewohl ohne Verabredung, noch mehrere ausgerissen waren, so wurde Sturm geläutet. Hans verkroch sich in eine ausgemauerte Brunnenquelle und zog das Farrenkraut, mit welchem dieselbe dicht umwachsen war, über seinen Kopf her, um nicht entdeckt zu werden. In dieser beschwerlichen Stellung und bis an das Kinn im Wasser verblieb er bis gegen den Abend und litt Hunger und Kälte. Erst als er nichts mehr von den Häschern befürchten zu dürfen glaubte, ging er aus seinem Versteck heraus und blieb bis zur Dämmerung im Wald, um dann unter dem Schutz der Nacht seinen Weg weiter fortzusetzen.