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Elbsagen 19

Elbsagen
Die schönsten Sagen von der Elbe und den anliegenden Landschaften und Städten
Für die Jugend ausgewählt von Prof. Dr. Oskar Ebermann
Verlag Hegel & Schade, Leipzig

19. Die Sagen vom Lilienstein

Der Lilienstein ist ein hoher, steiler Fels, der dem Königstein gerade gegenüber liegt. Von fern gesehen scheint es, als ob er ganz von der Elbe umflossen würde. Aus verschiedenen Anzeichen lässt sich erkennen, dass er früher bewohnt gewesen sein musste.

Vor Zeiten kletterten einmal mehrere junge Leute aus Neugier am Fuß des Liliensteins umher, da sahen sie plötzlich vor sich einen Keller mit einer eingemauerten Tür, die aber offen stand. Aus Furcht wagten sie es nicht, hineinzugehen, merkten sich jedoch durch Zeichen den Ort so genau an, dass sie glaubten, ihn später ohne Mühe wiederfinden zu können. Als sie aber nach einiger Zeit zurückkehrten, konnten sie weder die Zeichen, die die sich gemacht hatten, noch den Keller noch überhaupt den ganzen Ort wiedererkennen. In dem Keller soll sich ein großer Schatz, eine ganze Braupfanne voll Dukaten, befinden.

Einige junge Burschen, die den Ort entdeckt hatten und den Schatz zur Nachtzeit heben wollten, wurden von gespenstischen Wächtern ergriffen und vom Lilienstein heruntergeworfen. Am nächsten Morgen hatte man sie am Fuß des Felsens, allerdings unversehrt, wieder aufgefunden.

Einst war eine arme Frau aus Waltersdorf mit ihrem Kind auf den Lilienstein gegangen, um Beeren zu pflücken. Da bemerkte sie plötzlich am Berg eine offene Tür und sah in dem dahinterliegenden Gewölbe ein großes Fass voll Gold. Sie setzte also das Kind auf einen dabeistehenden goldenen Tisch, raffte eilig so viel von dem Haufen, wie sie in ihrer Schürze fortbringen konnte, und eilte damit, ihr Kind zurücklassend, zum draußen stehenden Korb. Als sie aber umkehrte, fand sie die Tür nicht mehr und musste also auch ihr Kind als verloren ansehen. Nach Verlauf eines Jahres ging sie aber an demselben Tag und zu derselben Stunde an den nämlichen Ort, fand auch die Tür wieder und erhielt ihr Kind unversehrt zurück, das auf dem Tisch mit goldenen Äpfeln und Birnen spielte, gleichsam, als wäre seitdem nur ein Augenblick verflossen.