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Das schwarze Buch vom Teufel, Hexen, Gespenstern … Teil 30

Das schwarze Buch vom Teufel, Hexen, Gespenstern, Zauberern und Gaunern
Dem Ende des philosophischen Jahrhunderts gewidmet
Adam Friedrich Böhme, Leipzig, 1796

Ängstliches Gespensterwinseln

Ich lebte einst zu B. und wohnte im linken Flügel eines ziemlich großen Gebäudes, das seiner Lage und inneren Einrichtung nach sehr grauenvoll war. Des Nachts befand ich mich in diesem Flügel ganz allein. Mehrere Zimmer umgaben meine Stube, die ich jedoch alle öffnen konnte, außer ein kleines Kabinett, worin sich eine Registratur befand und welches zunächst an meine Schlafkammer und den Vorsaal meiner Stube grenzte, war verschlossen und der Eigentümer desselben schon seit mehreren Jahren tot. Mein Wohnzimmer, insbesondere aber das angrenzende Kabinett hielt man für verdächtig. Keiner wagte sich des Abends allein dahin. Viele wunderbare Ge schichten, welche sich hier zugetragen haben sollten, wurden mir erzählt. Ich leugne es nicht, der Wunsch, auch welche zu erleben und mich selbst von dem zu überzeugen, was ich bis dahin nicht glaubte, wurde oft bei mir rege. Einst des Abends nun saß ich noch spät in der Nacht und war beschäftigt. Alles war ruhig im Haus. Eine Totenstille hatte sich über die ganze umherliegende einsame Gegend verbreitet. Nur der kalte Nordwind sauste zuweilen durch die vor meinem Fenster sich befindenden hohen Erlen. Plötzlich wurde meine Ruhe unterbrochen. Ich hörte ganz vernehmlich die Stimme eines sich in Not befindenden Menschen. Ein ängstliches Winseln und Seufzen erschütterte zu oft wiederholten Malen mein Ohr und erweckten Furcht und Mitleid in meiner Seele. Sorgfältig überlegte ich, was wohl die Ursache hiervon sein könnte. Vor Tieren war ich ziemlich gesichert. Welcher Elende würde mitten in der Nacht meine Ruhe stören und meinen Beistand erflehen? Ich untersuchte indessen den Vorsaal und die nächsten Zimmer, aber vergebens war mein Bemühen. Alles fand sich in der besten Ordnung. Natürlich fiel nun mein Verdacht auf das Kabinett, denn erzählte Geschichten, deren Grund uns verborgen blieb, lassen immer, mögen sie auch noch so abgeschmackt sein, einen gewissen Eindruck in unserer Seele zurück, den auch die vernünftigste Vorstellung oft nicht ganz zu verwischen imstande ist. Dies war auch bei mir der Fall. Ich horchte in meiner Kammer. Dem Schall nach zu urteilen, konnte jenes ängstliche Winseln nirgends anders als hier sein. Meine Neugierde wurde ausnehmend gespannt. Viel hätte ich darum gegeben, wenn es mir möglich gewesen wäre, gleich den Schlüssel zu jenem zu erhalten. Da dies indes nicht gut anging, so setzte ich mich wieder zu meiner Arbeit nieder. Jenes mir unerklärbare Seufzen aber ließ sich wieder nach Verlauf einiger Zeit mit vermehrter Stärke hören und störte mich ausnehmend. Noch einmal untersuchte ich Tür, Fenster und alles, was einen Schall zu erregen imstande war, und entschloss mich nun, da auch meine Hoffnung getäuscht wurde, so lange vor der Tür des Kabinetts zu warten, bis ich noch einmal jene Stimme darin gehört haben würde. Beinahe hatte ich hier schon eine Viertelstunde verweilt und war eben im Begriff, in meine Stube zurückzukehren, als ich jene Stimme aufs Neue hörte und mich zugleich von ihrer Entstehung überzeugte. Es war nämlich in der gegenüberstehenden Wand ein kleiner Kamin, vor welchem ein Schirm und vor diesem ein kleiner Schrank stand. Vom Luftzug wurde jener Schirm gegen den Schrank getrieben, wieder zurückgezogen, und hierdurch jenes der menschlichen Stimme so auffallend ähnliche Geräusch erweckt. Alles Untersuchen würde hier vergebens gewesen sein, wenn sich nicht zufälligerweise jener Schirm in meiner Gegenwart geöffnet und wieder zugezogen hätte.