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Das schwarze Buch vom Teufel, Hexen, Gespenstern … Teil 26

Das schwarze Buch vom Teufel, Hexen, Gespenstern, Zauberern und Gaunern
Dem Ende des philosophischen Jahrhunderts gewidmet
Adam Friedrich Böhme, Leipzig, 1796

Die Kluge kommt

In einem ansehnlichen, nicht weit von Crossen in der Neumark belegenen Dorf begab es sich 1789, dass die Kühe des dortigen Predigers seit geraumer Zeit entweder wegen schlechten Futters oder anderer Ursachen, schlechte blaue Milch gaben. Je blauer die Milch wurde, desto mehr verringerte sich auch überhaupt ihr Zufluss in den Eutern der Kühe. Die Frau Pastorin war hierüber nicht wenig verlegen und hielt mit ihrem Eheherrn, dessen Glaube an den Einfluss des Satans in die göttliche Regierung der Welt ihr bekannt sein musste, im Beisein ihrer alten Magd, die dergleichen Abenteuer beim Vieh schon mehrmals erlebt hatte, hohen Rat. Nach langen Beratschlagungen fiel man einmütig dem Gutachten der Viehmagd bei, die den Zufall für eine förmliche Behexung erklärte und dahin entschied, dass man zur Klugen (so nannte man hier vorzugsweise die Weiber, die sich mit Zeichendeuten und Entzauberungen abgeben) schicken müsse. Die Kluge kam und verordnete folgendes Hexenrezept.

Es wurde der Stall mit häufiger Schlagung dreier Kreuze durchräuchert, beschworen und mit Kamillesäckchen ausstaffiert. Hierauf wurden Kräuter, die man am Johannistag von drei Kreuzwegen zusammengeholt hatte, mit Haaren von den Kühen untermischt, in einem Kessel langsam abgekocht. Dies sollte den Zauberbann bewirken, das heißt, die Hexe, die nun während des Kochens unausstehliche Pein und Marter empfinden müsse, nötigen, zu erscheinen und um Gnade zu bitten. Hierbei vergaß man nicht, den Hof wohl zu verwahren und alle Türen sorgsam zu verriegeln, damit nicht etwa die Hexe ihrer Strafe und Entdeckung dadurch entgehe, wenn sie sich heimlich einschleiche und etwas aus der Wohnung vom Besitzer mit sich nähme. Übrigens lauerte man von innen sorgfältig, ob sich nun jemand zeigen würde. Unglücklicherweise hatte eine Nachbarin des Predigers ein totkrankes Kind und kam nun eben in ihrer Not zu ihrem Seelsorger gelaufen, um sich etwas Weinessig zu erbitten. Allein dieser fuhr grimmig mit dem Kopf zum Fenster hinaus und ließ sie, da er gewiss überzeugt war, sie sei die Hexe, die sich nur dieses Vorwandes bediene, ihres wehmütigen Flehens und Bittens unerachtet, unbarmherzig vor der Haustür stehen, bis sie mit tränenden Augen zu ihrem hilflosen Kind zurückeilte. Da diese Sache nicht verschwiegen blieb, so soll kurz darauf auch die Frau des Krügers oder Schenkwirts im Dorf diesen Versuch bei ähnlicher Veranlassung nachgeahmt und gleichfalls auf eine unschuldige Person einen tödlichen Hass geworfen haben.