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Till Eulenspiegel in 55 radierten Blättern – 54. Blatt

Till Eulenspiegel in 55 radierten Blättern
von Johann Heinrich Ramberg, mit Text nach der Jahrmarkts-Ausgabe. Verlag C. B. Griesbach. Gera. 1871

Eulenspiegels sonderbares Begräbnis and dessen Grabmal in Mölln

erkehrt im Leben, verkehrt auch im Tode, so kam es mit Eulenspiegel. Nachdem er seinen boshaften Geist ausgehaucht hatte, nahmen die Bewohner des Hospitals, in welchem er gestorben war, seinen Leichnam, legten ihn in einen platten Sarg und setzten denselben auf die Bahre, welche auf der Hausflur stand. Da kamen die Schweine, welche dem Hos­pital gehörten, nach Hause gelaufen und warfen die Bahre um. Die alten Hospitaliten hoben Bahre und Sarg wieder auf. In der Eile hatten sie den Sarg verkehrt aufgesetzt, sodass die Leiche mit dem Gesicht zur Erde gekehrt lag. In dieser Lage nahmen die Träger die Leiche auf und wollten sie zum Grabe tragen, denn niemand hatte das Verkehrt­stehen des Sarges bemerkt.

Aber der alte Küster sagte zu den Anwesenden: »Dieser hat nicht wie andere Christen in der Welt gelebt. Darum soll er auch nicht so, wie er jetzt liegt, liegen bleiben. Sie kamen her und kehrten den Sarg um, aber siehe, da fanden sie erst, dass der Sarg schon ver­kehrt gestanden und die Leiche auf dem Bauch gelegen hatte.

Da sprach der Küster: »Nun, da zeigt es sich ja, dass er verkehrt liegen will. Wir wollen ihm seinen letzten Willen nun auch gewähren, und Eulenspiegel wurde in die­ser Lage zum Grab gebracht. Als sie die Leiche in das Grab hineinsenken wollten, zerriss das Seil unter dem Sarg an dem Ende, wo Eulenspiegels Füße lagen. Der Sarg stürzte schnell hinab und kam aufrecht zu stehen.

Da spra­chen sie alle: »Lasst ihn so stehen, wie er jetzt steht, denn dieser Eulenspiegel ist verkehrt im Leben gewesen, er will auch im Tode verkehrt sein.«

Also ließ man Eulenspiegel im Grab auf den Beinen stehen.

Bald nach seinem Tod aber beschloss man, zu seinem Andenken auf seinem Grab einen Stein aufzurichten und eine Linde zu pflanzen. Auf dem Stein wurde ein Spiegel, worauf oben eine Eule saß, eingehauen und um dieses Sinn­bild folgender Spruch eingegraben:

Diesen Stein soll niemand erhaben,
Eulenspiegel steht hier aufrecht begraben.
Anno 1350

Noch lange Zeit danach wallfahrteten die Leute zu Eulen­spiegels Grab und gedachten des toten Narren und seiner Schwänke, welche überzarte Ohren einer späteren Nachwelt wohl beleidigten, aber Volksmund, besonders der Jugend, bis heutigen Tags fortleben.