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Simone Buchholz – Mexikoring

Simone Buchholz – Mexikoring

Während in Hamburg – aber auch in anderen Städten der Welt – Autos angezündet werden, geschieht in einer dieser Nächte am Mexikoring, einen Bürohochhäuserviertel im Norden der Hansestadt, ein Mord.

Ein Fiat wird angezündet, in dem ein Mensch sitzt, der im Auto verbrennt. Es handelt sich um Nouri Saroukhan, den Sohn eines Mhallamiye-Clans aus Bremen. Später stellt man fest, dass er KO-Tropfen im Blut hatte. Zudem war das Auto abgeschlossen. Also handelt es sich definitiv um Mord.

Die Beamten der Hamburger Polizei und Chastity Riley von der Staatsanwaltschaft ermitteln. Beteiligt sind das Morddezernat und das Dezernat für organisierte Kriminalität.

Zunächst wird in Bremen ermittelt, denn der Tote war der Sohn eines Clans aus dieser Stadt. Die Beamten erfahren, dass Nouri anders war, als die normalen Söhne solcher Clans, die üblicherweise eine Karriere im kriminellen Milieu machen, dealen, Autos stehlen, im Rotlichtbezirk aktiv sind und auch morden.

Nouri stattdessen war intelligent, machte Abitur und sollte – vom Clan finanziell unterstützt – Jura studieren und die Clanmitglieder vor Gericht vertreten. Zu diesem Zweck war er in Hamburg. Aber der junge Mann wollte nicht so, wie seine Familie wollte.

Schon in seiner Jugend befreundete er sich mit der Tochter einer anderen Mhallamiye-Familie, Aliza Anteli, einen wilden Kind, das so gar nicht Mädchen sein und später heiraten und Kinder bekommen wollte, mit einem Mann, den die Familie aussuchte.

Aliza läuft vor ihrer Familie davon nach Hamburg, wo sie untertaucht. Nouri sucht und findet sie in der Hansestadt. Schließlich – sie sind beide nun alt genug – sind sie ein Liebespaar. Nouri beendet sein Jurastudium und beginnt, für eine Versicherung zu arbeiten, damit er genug Geld sparen kann, mit dem Aliza und er in Südamerika leben können.

Er ist gut in seinem Job und spart schnell sehr viel Geld, während seine Familie ihn verstößt und nicht mehr materiell unterstützt. Schließlich will er mit Aliza fliehen. Da wird er ermordet. Hat Aliza den Mord gesehen? Sie scheint am Tatort gewesen zu sein. Und wo in Hamburg können die Ermittler sie nun finden?

Simone Buchholz erzählt aus der Sicht von Chastity Riley diese Story, die sehr tief in die Welt der Clan-Familien und ihrer kriminellen Machenschaften hineinführt. Die Strukturen dieser Clans beschränken sich mitnichten auf Bremen und Hamburg, sondern erstrecken sich weitverzweigt über das ganze Land und sogar darüber hinaus.

Dem steht eine chronisch unterbesetzte Polizei mit unzulänglichen Mitteln gegenüber, die von den Clan-Mitgliedern verachtet und vorgeführt wird.

Der Ausbruch eines Clan-Angehörigen wie Nouri Saroukhan aus diesen Strukturen hat dann auch seinen Preis, und seine Liebe zu einer Frau die er nicht heiraten soll, ist ein Vergehen gegen die Gesetze der Familien, das – wenn man ihn und Aliza erwischt – sicherlich keinen guten Ausgang hat.

Erwähnt werden muss in dieser Besprechung noch, dass die Erzählerin der Staatsanwältin und ihren Kollegen eine ganz spezifische Sprache in den Mund legt, die cool und schnoddrig daherkommt und eine gewisse Melancholie und Kaputtheit ausdrückt, die dem Beschriebenen durchaus angemessen ist.

Auch die Personen selbst, die in dieser Geschichte handeln, sind kaputt, aber dabei oft hochsensibel und menschlich, die Verbrecher einmal ausgenommen.

Fazit:
In einer sehr eigenen Sprache erschließt die Autorin dem Leser die Abgründe der Welt der organisierten Kriminalität, in der für die Liebe von zwei jungen Menschen kein Platz ist. Trotz dieser Sprache, die ein wenig mit dem Holzhammer zu arbeiten scheint, zeichnet die Erzählerin sehr feinsinnige Charaktere, deren Sensibilität jedoch von den Waffen und der Gewalt der Clans an die Wand gedrückt wird.

Man weiß bei diesem Roman ganz genau, wer gut und wer böse ist, doch hier triumphiert das Gute am Ende nicht über das Böse, obwohl der Mordfall gelöst wird. Die Probleme der Gesellschaft mit den kriminellen Clans werden natürlich hier auch nicht endgültig beseitigt, sodass am Ende ein fader Geschmack auf der Zunge verbleibt.

Empfehlen möchte ich diesen Krimi dem Freund einer originellen Sprache, wie auch demjenigen, der sich für Geschichten über Clans mit mafiösen Strukturen und Handlungsweisen interessiert, die aus dem Nahen Osten stammen und dortige Regeln nun in Westeuropa praktizieren.

Die Autorin:

Simone Buchholz wurde 1972 in Hanau geboren und wuchs im Spessart auf. Sie studierte Philosophie und Literatur und wurde auf der Henry-Nannen-Schule zur Journalistin ausgebildet.

Seit 2008 schreibt sie Kriminalromane. Sie verfasste eine Serie von Romanen um die Hamburger Staatsanwältin Chastity Riley, zu welcher auch das vorliegende Buch Mexikoring gehört. Außerdem veröffentlichte sie Sachbücher über die Beziehungen zwischen Männern und Frauen.

Für ihre Chastity-Riley-Reihe bekam sie den Radio Bremen-Krimipreis, den Crime Cologne Award, den Deutschen Krimi Preis und den Stuttgarter Krimi Preis.

Sie lebt seit 1996 in Hamburg, ist verheiratet und hat einen Sohn.

Quellen:

  • Simone Buchholz, Mexikoring, Suhrkamp Taschenbuch Verlag, Berlin, 1. Auflage, 2018.
  • de.wikipedia.org
  • simonebuchholz.com
  • www.suhrkamp.de

Bilder:

  • Cover des Romans. Mit freundlicher Genehmigung des Suhrkamp Taschenbuch Verlags.
  • Foto der Autorin. Copyright: Gerald von Foris. Ebenfalls mit freundlicher Genehmigung des Suhrkamp Taschenbuch Verlags.

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