Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Rübezahl, der Herr des Gebirges – Folge 24

Rübezahl, der Herr des Gebirges
Volkssagen aus dem Riesengebirge
Für Jung und Alt erzählt vom Kräuterklauber
Verlag Carl Gustav Naumann, Leipzig, 1845

24. Wie Rübezahl unter die Studenten gerät und sich allda edel benimmt.

Studenten reisen gern, und das ist auch recht gut, denn je mehr sie sich in der Welt umsehen, desto geschickter werden sie für die Welt, und wäre dabei nur zu wünschen, dass nun nicht alles so bequem beim Reisen wäre, sondern dass es sich die Reisenden etwas saurer werden lassen müssten. Je mehr Kampf der Mensch mit der äußeren Welt zu bestehen hat, desto mehr nähert er sich anderen, weil er ihrer mehr bedarf, wird teilnehmender und freundlicher und milder in Urteil und Tat.

Je bequemer er es hat, desto weniger bekümmert er sich um andere und geht auch kalter und unfreundlicher an ihnen und ihrem Geschick vorüber.

Nun, in früheren Zeiten wurde es den Menschen beim Reisen saurer, folglich auch den Studenten. So ging es denn einigen derselben, die wenig in der Tasche hatten und hinüber wollten nach Grüssau. Denn als sie mitten im Gebirge waren, gelangten sie an einen Waldstrom, der so breit und so tief war, dass sie sich nicht getrauten, durch denselben zu kommen. Indem sie nun so am Ufer standen, zum anderen Ufer hinübersahen und das Maul aufsperrten, als sollten ihnen gebratene Tauben hineinfliegen, kam Rübezahl zu ihnen in Gestalt eines Wanderers. Sie erzählten ihm ihre Not und sagten, hier werde er wohl auch wieder umkehren müssen. Aber Rübezahl sagte, das werde er wohl bleiben lassen. Sie sollten nur Mut fassen, denn Gott verlasse keinen ehrlichen Deutschen. Zum Beweis gebe er ihnen hier einen Stab, mit dem sie ohne alle Mühe und Gefahr durch jedes Wasser kommen könnten. Die Studenten ließen sich das nicht zweimal sagen. Der Herzhafteste unter ihnen setzte auch gleich den Stab ins Wasser, und die anderen hielten sich an ihn an, und so kamen sie alle glücklich hinüber. Das war nun zwar recht gut, aber doch noch nicht alles damit abgemacht. Denn wie das alte Studentenlied sagt:

Der Bursch nach altem Schrot und Korn
hat immer frohen Mut, vallera usw.

So hatten auch unsere Studenten frohen Muth, und wer den hat, der ist immer zur Freude geneigt, und findet sie drum leicht überall, und wer gern tanzt, dem ist leicht gepfiffen.

Das war denn auch der Fall mit den Studenten, als sie in die Herberge kamen. Sie stellten da zwar ihren Stab, den sie nach dem ihnen geleisteten Dienst gar hoch schätzten, sorgfältig hinter die Tür und waren nach Studentenweise fidel und jubelten bis in die Nacht. Als sie aber früh aus der Herberge aufbrachen, dachten sie nicht an ihren Stab. Er fiel ihnen erst ein, als sie eine Meile weit gegangen waren und sich vor ihnen ein großer Sumpf ausbreitete. Also kehrten sie wieder um, um ihren Stecken zu holen. Der Kräuterklauber wunderte sich, dass Rübezahl diese Nachlässigkeit nicht übel genommen und den Stecken weggebracht hatte, denn in dem Punkt ist ihm nicht zu trauen, er wird leicht rabiat. Aber sie fanden ihn wirklich wieder und gelangten auch mittelst desselben glücklich über den Sumpf.

Nun haben es die Studenten in der Art, dass sie nicht leicht vorübergehen können, wo unser Herrgott einen Arm herausgereckt hat. So kam es denn, dass auch unsere Studenten bald wieder in einem Wirtshaus saßen, wo sie ihren Stab in einen Winkel gestellt hatten.

Nun, nachdem er ihnen schon zweimal aus der Not geholfen, hatten sie wohl Acht auf ihn. Als sie wieder aufbrachen, suchten sie ihn sorgfältig im Winkel auf.

Der aber, welcher ihn führen sollte, machte nun ein gar sonderbares Gesicht, als er sein ansichtig wurde, besah den Stab von allen Seiten, hob ihn in die Höhe und schüttelte den Kopf. Er rief die anderen herbei. Diese betrachteten auch den Stock und schüttelten die Köpfe. Denn der Stock hatte seine frühere einfache Natur verloren, war schwer und zu einem Rohr von gediegenem Gold geworden. Nun, über so etwas tröstet sich jeder, und am ersten ein Student.

Sie nahmen also die Gabe dankbar an, teilten dann ihren Schatz, setzten hierauf ihre Reise ganz fröhlich fort und werden wohl noch in manchem Wirtshaus eingekehrt sein. Sollten dem Leser einmal lustige Studenten begegnet sein, so werden es wohl diese gewesen sein.