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Schwäbische Sagen 74

Schwäbische-Sagen

Zweites Buch

Geschichtliche Sagen


Die Eierleger

In Jaxtheim war einmal eine Bauersfrau, die hielt nur ein paar Hühner, brachte aber immer eine große Menge Eier auf den Markt nach Krailsheim. Den Nachbarn war das schon lange verdächtig vorgekommen. Weil sie aber nicht herausbringen konnten, wie dies zugehe, so wandten sie sich an den Knecht des Hauses und beredeten diesen, dass er der Frau aufpassen solle. Dazu verstand er sich gern, denn ihm selbst war es schon aufgefallen, dass die Frau beständig zweierlei Brot backte, halb weißes, das sie allein aß, und schwarzes für die übrigen Hausgenossen. Als die Frau nun einmal wieder auf dem Markt war, suchte der Knecht nach dem halbweißen Brot und fand es endlich in der Schublade des Tisches, schnitt sich ein ordentliches Stück davon ab und aß es auf. Kaum aber hatte er das Brot im Leib, so musste er gackern wie ein Huhn, lief schnell in den Hühnerstall, setzte sich auf das Nest und fing an, Eier zu legen. Während er so dasaß, rief ihm sein Herr. Weil aber das Eierlegen gar kein Ende nehmen wollte und er deshalb nicht fortkonnte, so bat er seinen Herrn, dass er doch zu ihm in den Hühnerstall kommen möge. Und wie er nun kam und der Knecht ihm die ganze Geschichte erzählte, wollte der Bauer es erst nicht glauben. Um sich selbst davon zu überzeugen, ging er hin und aß auch ein Stück vom Hexenbrot. Alsbald fing er gleich­falls an zu gackern, lief, was er konnte, in den Hühnerstall, fetzte sich neben den Knecht aufs Nest, und beide legten nun miteinander eine ungeheure Menge Eier.

Jetzt wusste der Knecht, woher die Hausfrau die vielen Eier bekam. Nachdem er es den Nachbarn verraten hatte, wurde die Geschichte bald überall bekannt. Seitdem wollte niemand der Frau ihre Eier mehr abkaufen. Die Jaxtheimer aber erhielten wegen dieser Frau den Spottnamen Eierleger, den sie auch bis auf den heutigen Tag behalten haben.


Räpplesfresser

Diesen Unnamen führen die Jesinger, weil sie einmal einen gefallenen Rappen verzehrt haben sollen.


Gansloser Streiche

In einer Gebirgsschlucht des Filstals liegt das gute Dorf Ganslosen, von dem erzählt man sich wunderliche Geschichten, wie sie heutzutage nimmer vorkommen, woher es denn geschehen sei, dass man in gauz Württemberg jeden Schick (Posse) und dummen Streich einen Gansloser Streich nennt. Von den Ganslosern will man nämlich unter vielen anderen insbesondere folgende Geschichten wissen:

1. Der Storch

Auf den Wiesen der Gansloser Bauern hielt sich früher ein Storch auf, den bewunderten und verehrten sie dergestalt, dass sie ihm zu Ehren einst ein besonderes Fest feierten, in die Kirche zogen und dort folgendes Lied sangen:

Heut feiern wir das hohe Tier,
Das uns auf unsern Wiesen geht.
Es hat ein schwarz-weiß Wames an
und einen Schnabel wie a Gans.
Hallelujah!

Indes wurde der Storch den Ganslosern doch bald lästig, weil er ihnen so viel gutes Gras verwatete. Sie hielten daher einen Rat, wie man den Storch am besten von den Wiesen entfernen könne und beschlossen nach langem Hin- und Herreden, dass der Büttel ihn wegjagen solle. Damit aber auch dieser kein Gras verwate und man zugleich urkundlich die Ausführung dieses Beschlusses wisse, erhielten vier Gemeinderäte den Auftrag, den Büttel auf einer Bahre hinauszutragen. Und es geschah also. Der Storch aber ließ die Gansloser bis dicht in seine Nähe kommen und flog dann davon, worauf der Büttel seine Träger noch auf die Höflichkeit des Storches aufmerksam machte, indem derselbe, bevor er fortgeflogen war, sich noch vor den Gemeinderäten verbeugt habe.

Wenn das Volk sagt: »Dees ist a Gans­lauser Stroach!«, so fügt es zur Erklärung auch wohl hinzu: »Wie da, wo mer a Storch g’schoßa hat.« Nach einer anderen Sage ist überhaupt in Ganslosen der erste Storch göttlich verehrt worden.

2. Sonnenuhr

Als die Gansloser Kirche erbaut worden war, brachte man an der Seite auch eine Sonnenuhr an. Jedermann freute sich darüber. Nur der Schultes bemerkte mit bedenklichem Gesicht, dass der Regen die schönen Farben bald abspülen werde, weshalb er den Rat erteile, dass man ein schützendes Dach über die Sonnenuhr herrichten lasse. Das tat denn die Gemeinde auch sogleich, und alle bewunderten die Weisheit und Fürsicht ihres Schultes.


Die Messung des Brunnens

Die Gansloser hatten einstmals einen neuen Gemeindebrunnen graben lassen und hätten gar zu gern gewusst, wie viel Mann tief der Brunnen wohl sein möge. Da legte der Schultes eine Stange quer über den Brunnen, hing sich an dieselbe und befahl, dass sich an seine Füße ein Gemeinderat hängen solle, und an dessen Füße wieder einer und so fort, bis man auf den Boden komme. Da hingen nun bereits ihrer fünf oder sechs aneinander und zogen alle zusammen an den Füßen des Schultes, sodass diesem die Last fast zu schwer wurde und die Hände ihm schier von der Stange abgleiten wollten.

Da besann er sich aber schnell und rief: »Haltet fest, ihr da hunten! I muoß emal in d’Händ speie.« Und plumps lag der Schultes mit seinen Gemeinderäten im Brunnen. Nun weiß ich nicht, sind sie noch darin oder nicht?