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Das Sündenhaus

Antonia Hodgson
Das Sündenhaus

Historischer Thriller, Hardcover, Droemer Knaur, München, August 2017, 416 Seiten, 19,99 Euro, ISBN: 9783426654408, aus dem Englischen von Sonja Rebernik-Heidegger
www.droemer-knaur.de

Frühjahr 1728. Auf eine »Bitte« von Englands Königin Queen Caroline reist Tom Hawkins, mit allen Wassern gewaschener Gentleman, zum Herrenhaus von John Aislabie in Yorkshire. Doch die ländliche Idylle entpuppt sich für Tom schnell als Hexenkessel: Die Queen wird von Aislabie erpresst, denn der ehemalige Schatzkanzler war mitverantwortlich für die »Südseeblase«, den größten Finanzskandal des 18. Jahrhunderts. Aislabie wiederum erhält seit einiger Zeit zunehmend blutigere Drohbriefe. Ehe Tom es sich versieht, gerät er zwischen alle Fronten und mitten hinein in einen mörderischen Racheplan.

Thomas Hawkins ist der Sohn eines Geistlichen, der einen großen Teil seines Lebens damit verbracht hat, sich gegen Regeln, die ihm auferlegt wurden, zu rebellieren und dabei in unterschiedlichem Maße in Schwierigkeiten zu geraten. Bei seinem ersten Auftritt brachten ihn seine vielen Schulden in eine Zelle des berüchtigten Marshalsea-Gefängnisses, welche er mit einem Mörder teilte. Bei seinem zweiten Auftritt wurde er vom Tod zurückgebracht, nachdem er des Mordes für schuldig befunden worden war und eine Reise zum Schafott unternommen hatte. Nun ist er auf einer Mission für Königin Caroline, die Ehefrau von George II., nach Norden unterwegs.

Die Geschichte beginnt 1701 mit einem Feuer in John Aislabies Haus am Red Lion Square. Das Hausmädchen Molly Gaining legt in einem Dachzimmer Feuer, in der Absicht, von ihrem Diebstahl abzulecken, aber das Feuer breitet sich im Haus aus, tötet Aislabies Frau Ann und jüngste Tochter Lizzie.

In den folgenden 27 Jahren hat Aislabie eine ziemlich erfolgreiche politische Karriere gemacht, in der er als Finanzminister tätig war. Er ist eine kontroverse Figur, die in der South Sea Bubble von 1720 in seiner Rolle als Schatzmeister der Navy involviert war, die viele Familien ruinierte. Diese Spekulationsblase ist Anlass dafür, dass Aislabie aus dem Parlament vertrieben und kurz im Tower of London eingesperrt worden war. Mit seiner zweiten Frau Lady Judith lebt Aislabie nun in Studley Royal in Yorkshire und wird bedroht. Er hat schlecht geschriebene Briefe erhalten und dann, am Tag der Ankunft von Hawkins, wird der blutige Kadaver eines Rehs vor seiner Haustür abgeladen. Die Innereien des Rehs wurde entfernt, aber das tote Kitz, das es trug, wurde zurück in die leere Bauchhöhle gelegt. Jemand möchte sicherstellen, dass Aislabie die Nachricht erhält. Das Reh ist eindeutig für ihn bestimmt. Ist Elizabeth Fairwood, die junge Witwe auf Studley Royal, die behauptet, seine lange, tote Tochter zu sein, auch in Gefahr? Mehr als ein Mitglied des Haushalts zweifelt an ihrem Anspruch. Dies stellt Thomas Hawkins vor ein weiteres Rätsel, das es zu lösen gilt.

Obwohl es möglich ist, Das Sündenhaus als eigenständigen Roman zu lesen, ist es wahrscheinlich besser, die vorherigen zwei Bücher zuerst zu lesen, da sie ein abgerundetes Bild von Hawkins, Kitty und dem jungem Sam wiedergeben. Während des Lesens gelangt man zu der Erkenntnis, dass Hawkins nicht wirklich ein sympathischer Charakter ist. Manche mögen ihn als den heroischen Rebellen sehen, aber mit der privilegierten Erziehung, die er im Gegensatz zu Kitty und Sam genossen hat, kehrt er dieser den Rücken zu, indem er so lebt, als wäre ein Verschwender nur kindisch. Er ist nicht sehr daran interessiert, sich an die Normen der Gesellschaft zu halten, obwohl er sich dessen bewusst ist, dass es für seine Glaubwürdigkeit als Ermittler problematisch wäre, wenn er seine Lebensgemeinschaft mit Kitty gegenüber der öffentlichen Meinung verschweigen würde. Was Thomas rettet, ist die Tatsache, dass es sehr deutlich ist, dass er sowohl an Kitty als auch an Sam hängt. Ihre Sicherheit ist für ihn von höchster Wichtigkeit. Es ist gerade diese Eigenschaft, auf die der Blick des Lesers gerichtet wird.

Das Sündenhaus ist eine unterhaltsame Lektüre, aber kommt recht langsam in Fahrt.  Thomas’ wahre Mission greift erst spät in die Geschichte ein, obwohl man sich vage bewusst ist, dass Sam in dieser Hinsicht mit vielen Dingen umgehen kann. Ein Aspekt des Buches, das der historische Thrillerfan genießen wird, ist die Tatsache, dass die Geschichte um echte Menschen und einige reale Ereignisse aufgebaut ist. Das macht die Charaktere solider und die Story glaubwürdiger. 

Fazit:
Hodgsons sicherer Griff für Charakterdarstellung und Plot erzeugt von Zeit zu Zeit eine abscheuliche, verschmitzte, unterhaltsame und immens erfreuliche Abenteuergeschichte – vom pathetischen Prolog bis zu seinem erschreckenden Finale. Wer die früheren Bücher von Antonia Hodgson gelesen und genossen hat, für den lohnt sich eine Lektüre von Das Sündenhaus.

(wb)