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Britta Bolt – Das Haus der verlorenen Seelen

Britta Bolt – Das Haus der verlorenen Seelen

Pieter Posthumus, genannt PP, ist im Amt für Katastrophenschutz und Bestattungen beschäftigt und sucht entweder die Angehörigen eines einsamen Verstorbenen, den keiner vermisst und der kein Geld für die Bestattung hinterlassen hat, damit sie die Bestattung ausrichten und bezahlen, oder richtet die Bestattung eines solchen Verstorbenen mit dem Geld des Staates aus, wenn er keine Angehörigen mehr finden kann.

Privat hat er mit Anna de Vries zu tun, der Inhaberin der Gaststätte De Dolle Hond, die im Amsterdamer Rotlichtviertel gelegen ist und mit einigen anderen Menschen wie mit seiner Nichte Merel, die bei der Zeitung arbeitet oder mit Cornelius, der Gedichte für die Beerdigungen, bzw. über die Toten verfasst.

Auch mit Marloes Vermolen hat PP zu tun, die das Haus der verlorenen Seelen neben dem Dolle Hond besitzt und dort Leute beherbergt, die gestrandet sind, wie ehemalige Junkies, die nicht genug Geld besitzen, um woanders zu wohnen oder Stricherinnen und Stricher, die vom Milieu fortkommen wollen und auch sehr arm sind.

Im Haus der verlorenen Seelen findet dann auch ein Mord an dem jungen Ex-Stricher Zig Zagorodnii statt. Er wird tot in seinem Zimmer gefunden, und dort ist alles voller Blut. Marloes ist außer sich, bekleckert sich auch noch mit dem Blut und ruft ihre Freunde Pieter und Anna zu Hilfe.

Die Polizei wird gerufen, und Pieter Postumus bringt die Beamten auf die Idee, dass der Fall um Zig Zagorodnii etwas mit einem älteren Fall zu tun haben könnte, nämlich mit dem Fall des Mordes an Tony Wojciechowski, einem ehemaligen Loverboy, der als solcher Mädchen zu seinen Freundinnen und sie dann, meist mit Drogen, gefügig machte und auf den Strich schickte.

Die Polizei in Person des Kommissars Flip de Boer greift PP ’s Hilfe gerne auf und verdächtigt nun Maloes Vermolen, Zigs Wirtin, beide Morde begangen zu haben. Marloes wird verhaftet und inhaftiert. Anna, Pieters ehemalige Freundin, die nun mit dem Musiker Paul de Vos, der mit seiner Band immer im Dolle Hond auftritt, seit einiger Zeit ins Bett geht, ist außer sich, denn sie mag ihre Nachbarin gern und traut wir so etwas wie zwei brutale Morde natürlich gar nicht zu. Sie besucht Marloes öfter im Gefängnis und im Gericht und muss feststellen, dass diese von ihrer Anwältin gar nicht gut verteidigt wird, obwohl es sich um eine Star-Verteidigerin handelt.

Anna fragt sich, ob die Anwältin dies aus irgendeinem Grund extra tut. Sie muss außerdem zur Kenntnis nehmen, dass die Gerichtspsychiater, die Marloes Persönlichkeit auf Wunsch begutachten sollen, zu dem Schluss kommen, Marloes sei psychisch krank, denn sie ist völlig durcheinander und durch den Wind, weil ihr Zigs Tod sehr nahe geht,.

Anna befürchtet nun, man werde die hilflose Wirtin gnadenlos für die Morde verurteilen und dann in die gerichtliche Psychiatrie einweisen, wo sie für immer verschwinden werde. In diese Richtung läuft der Prozess, und auch Fernsehen und Presse, die über die Hexe vom Rotlichtviertel berichten, befürworten einen solchen Ausgang des Verfahrens.

Da Marloes mehr und mehr alle Felle wegschwimmen, weiß Anna keinen anderen Rat mehr und bittet ihren guten Freund PP, zu ermitteln, wie er es zuvor schon einmal erfolgreich getan hat. Pieter, der allerdings eifersüchtig auf Paul de Vos ist und Anna noch immer liebt, zweifelt zwar daran, dass Marloes eine zweifache Mörderin ist, muss Anna aber trotzdem sagen, dass seine Ermittlungen ergebnisoffen sein werden und es also möglich ist, dass er herausfindet, dass Marloes doch die Mörderin ist. Anna akzeptiert dies schweren Herzens, und PP beginnt mit den Ermittlungen …

Das Autorenduo Böhler/Bolt beschreibt in seinem Roman sehr unterschiedliche und zum Teil skurrile Personen aus dem Rotlichtviertel in Amsterdam. Die Charakterzüge dieser Personen sind dabei sehr professionell und auch interessant gezeichnet, und man kann sich – gerade in einem solchen Viertel – genau die Personen als Bewohner vorstellen, die in dieser Story miteinander agieren.

Aber nicht nur die handelnden Akteure sind in dieser Geschichte gut platziert und professionell beschrieben, sondern auch das Viertel selbst. Seine Vorzeigestraßen und seine finsteren Gassen hinter der glitzernden Fassade sind ebenso markant, wie die kleinen Geschäfte, Restaurants, und Pensionen, die noch aus alter Zeit geblieben sind.

Zudem geben die beiden Verfasser noch einen Ausblick auf die stadtplanerischen Absichten in Amsterdam. Man will dort offenbar die kleinen Betriebe im Rotlichtviertel stärken und neue Betriebe dieser Art ansiedeln sowie das organisierte Verbrechen und skrupellose Spekulanten vertreiben, ein hehres Ziel. Man kann den Verantwortlichen dieser Stadt nur wünschen, dass sie ihre Ziele erreichen und so das Leben dort für die Bewohner besser machen.

Die Kriminalgeschichte, die in diesem Roman erzählt wird, ist sehr spannend, und der Leser muss bis zum Schluss zu warten, bis die Verbrechen aufgeklärt werden. Natürlich geschieht das nicht durch die – wieder einmal – unfähige Polizei, sondern durch den Privatmann Pieter Posthumus. Der leitende Kommissar, Flip de Boer, hilft PP zwar an einer Stelle auf die Sprünge, aber er möchte seine eigenen  Ermittlungsergebnisse trotz seiner Zweifel nicht in Frage stellen, wohl, weil die Justiz in Marloes Vermolen eine Täterin gefunden hat, die sie nun verurteilen will.

Am Ende kommt dann noch eine persönliche Tragödie ans Tageslicht, sodass die Personen, die in diesen Fall eingebunden sind, durchaus nicht alle glücklich mit der Lösung sind, die Pieter Posthumus präsentiert.

Fazit:
Ich möchte den Krimi Das Haus der verlorenen Seelen dem Leser empfehlen, der Romane schätzt, die nicht so seicht dahinplätschern und der es mag, wenn mit der Atmosphäre eines verrufenen Rotlichtviertels seitens der Autoren liebevoll umgegangen wird, und zwar trotz aller Verbrechen, die dort nun einmal an der Tagesordnung sind.

Wer sich auf diesem Kriminalroman einlässt, wird dafür mit der Beschreibung außergewöhnlicher Leute und mit der Schilderung einer recht extravaganten Ermittlungsmethode belohnt, die ich so bisher nur von den alten englischen Krimis her kenne.

Die Autoren:

Britta Bolt ist das Pseudonym des Autorenduos Britta Böhler und Rodney Bolt.

Rodney Bolt wurde in Südafrika geboren und lebte in Cambridge und London, bevor er – seit den 90er Jahren – in Amsterdam heimisch wurde. Er ist Reisejournalist und verfasste mehrere Biografien und Dramen, bevor er zusammen mit Britta Böhler die Pieter Posthumus-Krimis verfasste.

Britta Böhler ist seit 2012 Professorin in Amsterdam. Sie wurde in Freiburg geboren und arbeitete lange als Anwältin. 1991 zog sie in die Niederlande, wo sie durch Strafprozesse und ihre Haltung zur Anti-Terror-Gesetzgebung bekannt wurde.

Quellen:

Bild:

  • Cover des Romans. Mit freundlicher Genehmigung der Verlagsgruppe Random House GmbH.

(ww)