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Ein Höllenjob für Monty Fox – Kapitel 1

Ein-Höllenjob-für-Monty-FoxC.C. Slaterman
Ein Höllenjob für Monty Fox
Ein Space-Abenteuer der etwas anderen Art
Kapitel 1
Fiasko auf Merkur

Es gibt Tage, an denen man am besten im Bett geblieben wäre.

Ich hatte vorgestern so einen.

Eigentlich wollte ich auf Merkur nur einen Zwischenstopp einlegen, um meine Vorräte wieder aufzustocken, aber bevor es dazu kam, war ich schon mitten in einer Sache, die mich wahrscheinlich bis an mein Lebensende verfolgen wird.

Das ganze Fiasko begann mit einer kaputten Düse im Maschinenraum. Irgend so ein kleines, verschissenes Teil, das im Laden um die Ecke mit Sicherheit nicht mehr als 15 Interstellare Credit Einheiten gekostet hätte, und endete damit, dass mir fast das Zehntausendfache davon durch die Lappen ging. 150.000 ICE! Können Sie sich in etwa vorstellen, was für einen Hals ich hatte?

Am liebsten …

Aber lassen wir das, es hat meines Wissens nach noch nie zu etwas geführt, über Dinge wie wenn, wäre, oder hätte nachzudenken, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen war.

Wenn der Hase nicht geschissen hätte, wäre er dem Fuchs entkommen, so einfach ist das.

Also kommen wir wieder zum Anfang.

Ich befand mich gerade im Anflug auf den Raumflughafen, als vor mir im Cockpit plötzlich mehrere Lämpchen zu blinken begannen. Gleichzeitig drang aus dem Maschinenraum ein unglaublicher Lärm zu mir in die Kanzel herüber.

Ich murmelte einen Fluch.

Normalerweise brachte mich so schnell nichts aus der Ruhe, aber dieser undefinierbare Lärm und die stetig wachsende Anzahl der flackernden Kontrolllampen ließen mich langsam doch etwas nervös werden. Ein Blick auf den Variometer machte es nicht besser.

Der Zeiger von dem Ding fuhr Karussell.

Wenn ich ihm Glauben schenken durfte, befand sich mein kleines Schiffchen nicht mehr im vorprogrammierten Sinkflug auf die Einflugschneise des Raumhafens, sondern trudelte stattdessen Selbigem mit einer geradezu unvorstellbaren Geschwindigkeit entgegen.

In meiner Magengegend begann es unvermittelt zu kribbeln.

Meine Finger flogen über die Steuerungstastatur, drückten Knöpfe, legten Hebel um und hackten ein Back-up und Sicherungsprogramm nach dem anderen in den Bordcomputer.

Vergebens!

Mein Flieger ruckte und zuckte einen Augenblick lang, als hätte er Schluckauf, und fiel dann wie ein Stein zu Boden.

Der Raumhafen raste mir förmlich entgegen.

Gleichzeitig stieg mir der Geruch von verschmorten Kabeln in die Nase.

Jetzt ist alles aus, schoss es mir durch den Kopf.

 

***

 

Ich weiß bis heute nicht, wie es mir gelang, den Sturzflug zu stoppen. Keine Ahnung, was ich damals gemacht habe, aber irgendwie brachte ich die Maschine doch noch in waagrechte Haltung, bevor sie in der Einflugschneise aufsetzte.

Trotzdem war die Landung brutal.

Mein Flieger setzte mit einer solchen Wucht auf dem Boden auf, dass ich befürchtete, er würde jeden Moment auseinanderbrechen. In der Kabine herrschte ein Tosen und Brausen wie bei einem Wirbelsturm, Armaturen zersprangen und das schrille Pfeifen, das aus den Kontrolllautsprechern drang, wurde unerträglich. Sogar das Metall ächzte, jedenfalls kam es mir für den Bruchteil einer Sekunde so vor.

Mehr Zeit nachzudenken hatte ich nicht, denn die Sache war noch längst nicht ausgestanden. Auch auf Merkur gelten gewisse physikalische Gesetze. Zum Beispiel die Fliehkraft, dafür sorgten die erdähnlichen Bedingungen unter der gigantischen Kuppel, die sich einer Käseglocke gleich über den Raumhafen stülpte.

Kaum gelandet schoss der Raumgleiter wie von einem Katapult abgefeuert nach vorne und schlitterte Funken sprühend über die Landebahn.

Gleichzeitig erfolgte ein Totalausfall der elektronischen Installationen. Das Flight Management System stellte seine Arbeit ein, die Kontrolllampen der Schubregelanlagen blinkten um die Wette und die Anzeige von Kurskreisel und Wendezeiger änderte sich im Sekundentakt.

Mein Bodenbildschirm zeigte irgendwelche vorbeihuschenden Schemen, dann etwas, das mit signalroter Warnfarbe angemalt war.

Im gleichen Augenblick rammte meine Maschine dieses rote Etwas.

Ich wurde nach vorne geworfen und knallte mit der Stirn gegen die Instrumentenanzeige.

Die Welt vor mir begann sich zu drehen und ich sah lauter Sterne.

Danach war nichts mehr.

Nur noch Dunkelheit.

 

***

 

Als ich wieder zu mir kam, hing ich in meinem Pilotensessel wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Meine erste Tat bestand darin, mich vorsichtig abzutasten, um festzustellen, ob soweit alles okay war. War es auch, wenn man von dem Pochen in meinem Schädel und der daumengroßen Schwellung absah, die mein Zeigefinger auf der Stirn ertastet hatte.

Ich zwang mich trotz meiner prekären Lage dazu, einen Moment lang ruhig sitzen zu bleiben und tief durchzuatmen.

Das Pochen verschwand.

Trotzdem fühlte ich mich immer noch ziemlich mies. Abgesehen von den Kopfschmerzen spürte ich jeden Knochen im Leib, sogar an solchen Stellen, von denen ich gar nicht wusste, dass es da welche gab.

Der Aufprall war offensichtlich nicht von schlechten Eltern gewesen.

»Alles okay?«

Mein Kopf ruckte in die Richtung, aus der unerwartet die Stimme kam, und das Pochen folgte zugleich. Mit dem Pochen kamen auch die Sternchen zurück. Als die bunten Lichter wieder verblasst waren, sah ich im Eingang zum Cockpit einen Mann in einem dunklen Ganzkörperoverall stehen. Er lehnte mit dem Oberarm lässig am Türrahmen und beäugte mich neugierig.

Instinktiv legte ich die Rechte um den Griff meiner Waffe.

Leute in meinem Beruf leben im Allgemeinen nicht besonders lange, wenn sich wildfremde Männer unbemerkt heranschleichen können.

Ach ja, mein Name ist übrigens Fox.

Montgomery Tecumseh Fox.

Meine Freunde nennen mich Monty, der Rest vom Sonnensystem Arschloch, Killer oder Hurensohn, Sie können es sich aussuchen.

Warum?

Weil ich mein Geld damit verdiene, Leute aufzuspüren, die das Gesetz gebrochen haben, und das, ohne von Selbigem dazu legitimiert zu sein.

Um es kurz zu machen, ich bin Kopfgeldjäger!

Das ist unmoralisch, hat man mir gesagt.

Aha, und was ist dann mit denen, die die Kopfprämien erfunden haben? Sind die auch unmoralisch?

Scheinheiliges Pack, mir ans Bein pinkeln wollen, aber sich großartig das Maul zerreißen, wenn irgendwo jemand wieder durch die Maschen des Gesetzes schlüpft.

Die Milchstraße ist nun mal zu groß, als dass an jeder Ecke ein Vertreter des Gesetzes stehen kann.

Deshalb gibt es Leute wie mich.

Wir sorgen dafür, dass Kriminelle ihrer gerechten Strafe nicht entgehen.

Ich persönlich halte meine Arbeit für notwendig, auch wenn den meisten mein Job nicht gefällt.

Aber das geht mir gelinde gesagt am Allerwertesten vorbei.

Diese Leute sind erfahrungsgemäß sowieso diejenigen, die mich und meinesgleichen einerseits zwar verachten, andererseits aber am lautesten nach uns schreien, wenn sie persönlich von einem Verbrechen betroffen sind und die offiziellen Stellen versagen.

Doch zurück zu dem Typ im Türrahmen.

»Wie zum Teufel kommen Sie hier herein?«

Der Mann lächelte vielsagend. »Durch die Einstiegsluke, wie sonst.«

Auch das noch! Ein Klugscheißer!

 

***

 

Ich legte mir gerade eine scharfe Erwiderung zurecht, als er eine weit ausholende Handbewegung machte und mir mit seiner Antwort den Wind aus den Segeln nahm.

»Haben Sie noch nicht bemerkt, dass sämtliche Luken und Schotten offen stehen? Ich schätze, außer dem Notlicht funktioniert auf diesem Kahn gar nichts mehr.«

Erst jetzt registrierte ich das seltsame Dämmerlicht in der Kanzel. Die gesamte Innenbeleuchtung spielte toter Mann.

»Wenn Sie nichts dagegen haben, kann ich mich ja mal umsehen.«

Ich hatte nichts dagegen. Warum auch? Den Kerl hatte der Himmel geschickt.

Die großen weißen Buchstaben auf seinem blauschwarzen Monteuranzug wiesen ihn als Schrauben-Mike aus, als den Mann, der angeblich bisher noch jeden Raumgleiter zum Fliegen gebracht hatte.

Angeblich, aber: trau, schau, wem.

Jedenfalls nickte ich und der Typ verschwand wortlos im Bauch meines Fliegers.

Fünf Minuten später kam er wieder zurück. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen hatte er Würmer im Mund.

»Sieht nicht gut aus«, sagte er. Dabei schüttelte er den Kopf und kratzte sich mit einem ölverschmierten Schraubenzieher hinter dem Ohr.

Ich runzelte die Stirn. Das Kribbeln in meiner Magengegend meldete sich ebenfalls zurück.

»Was heißt das, es sieht nicht gut aus?«

»Ihr Raumgleiter«, sagte Mike.

»Was ist damit?«

»Sie fliegen einen Nerva 7«, sagte er. »Das heißt, das Hauptelement ihres Antriebs ist ein Kernreaktor, der durchgeleiteten Wasserstoff auf 4000° C erhitzt, welcher beim Ausströmen durch Ablassdüsen gepresst wird und so die Maschine vorwärts bringt.«

Kluges Kerlchen, aber das wusste ich selber.

Was ich nicht wusste, sagte er mir danach.

»Bei Ihnen ist eine dieser Düsen aber defekt, deshalb hat sich der Wasserstoff dort andere Wege gesucht.«

»Wie kann so etwas passieren?«, wollte ich wissen.

Schrauben-Mike zuckte mit den Achseln. »Das Ding ist zwar ein billiges Verschleißteil, das man an jeder Ecke kaufen kann, aber trotzdem sollte man es regelmäßig überprüfen. Offensichtlich hat man das bei ihrer letzten Wartung versäumt. Was dabei herauskommt, haben Sie ja eben am eigenen Leib erfahren. Ich an Ihrer Stelle würde mit der Werkstatt mal ein paar Takte reden.«

Meine Laune schwankte zwischen Axt und Benzin, während ich versuchte, mich an die Gesichter der beiden Mechaniker zu erinnern, die zuletzt an meinem Schiffchen herumgeschraubt hatten.

»Und wenn Sie eine neue einbauen? Ich meine, wenn das Ding, so wie Sie sagen, an jeder Ecke erhältlich ist, wird es ja wohl nicht die Welt kosten.«

»Das ist richtig. Aber die Düse einzubauen ist nicht das Problem, sondern eher Ihr Maschinenraum. Der ist nämlich …« Mike machte eine abfällige Handbewegung und schwieg einen Moment lang, bevor er weiterredete. »Am besten, Sie verschrotten das Teil und kaufen sich was Neues.«

Ich hatte Mühe, nicht laut loszulachen. Der Junge hatte Humor.

Mein letzter Job, der mir ein paar IC-Einheiten eingebracht hatte, lag über vier Wochen zurück. Seither litt meine Wertkarte an Schwindsucht. Wenn das so weiterging, musste ich demnächst mein Sparschwein plündern, um meine laufenden Kosten zu decken. Ich hatte weder einen reichen Onkel in der Verwandtschaft noch einen Geldscheißer im Cockpit.

»Gibt es keine andere Möglichkeit?«

Statt einer Antwort packte mich Mike am Arm und zerrte mich nach hinten. Im Maschinenraum angekommen wurde das immer noch andauernde Pochen in meinem Schädel schnell zur Nebensache. Ein kurzer Blick genügte, um mir darüber klar zu werden, dass er nicht übertrieben hatte.

Die rechte Seite meines Gleiters war total demoliert, die Metallwände verformt und der Boden ein einziges Durcheinander aus zersplittertem Glas, verbogenen Stahlteilen und angeschmorten Kabelsträngen.

Okay, das Ganze sah ziemlich scheiße aus, aber vielleicht …

Mike kannte kein vielleicht.

Er ließ mir genau dreißig Sekunden Zeit, um das Bild, das sich meinen Augen bot, zu verarbeiten. Dann versetzte er meinen Hoffnungen endgültig den Todesstoß.

»Allein, um das hier zu reparieren, müssten Sie einen Betrag zwischen fünfzehn- bis zwanzigtausend lockermachen. Für die kaputte Landevorrichtung und die demolierte Vorderfront jeweils noch mal so um die Fünftausend. Meiner Meinung nach rausgeschmissenes Geld, wenn man weiß, dass man schon für zehntausend einen guten Gebrauchten kaufen kann.«

Ich nickte betrübt.

»Was, schätzen Sie, bekomme ich dafür noch?«

»Zwei- bis dreitausend, bestenfalls noch vier.«

Ich überlegte kurz, überschlug noch einmal alle Möglichkeiten und verabschiedete mich schließlich in Gedanken von meinem Flieger.

Mein Abstecher nach Merkur entpuppte sich allmählich als ein einziges Fiasko.

Dann nickte ich Mike zu.

Irgendwie hatte ich bei ihm das Gefühl, dass er mich nicht über den Tisch ziehen würde, deshalb warf ich ihm ein Bonbon zu.

»Okay! Verkaufen Sie das Ding. Alles, was über viertausend ist, gehört Ihnen.«

Schrauben-Mike sah mich an, als ob er mich heiraten wollte.

Fortsetzung folgt …