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Der Welt-Detektiv Band 6

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Hessische Sagen 17

Das schwere Laub

Eine alte Frau ging in den Wald bei Alsbach, wo man es im Rabenloch heißt, um Laub zu lesen. Während sie damit beschäftigt war, kam ein Mann zu ihr, den sie nie gesehen hatte, fragte sie dies und jenes und lachte immer dazu, wenn sie ihm antwortete, bis sie ihm endlich keine Antwort mehr gab. Da war er plötzlich verschwunden. Als sie nun das Laub zusammengebunden und auf den Kopf geladen hatte, um es nach Hause zu tragen, wurde es ihr mit jedem Schritt, den sie tat, schwerer, sodass sie zuletzt kaum mehr fort konnte, das Bündel hinwarf und sprach: »Entweder ist das Laub nasser als ich geglaubt habe, oder es liegt ein Stein im Bund.« Sie löste die Knoten, um das nasse Laub auszulesen. Da siehe, sprang ein Klotz heraus, der rollte den Berg hinab, ehe sie sich versah, und stand am Fuß desselben als ein schmucker Jäger lachend wieder auf. Da merkte sie erst, dass ein Geist ihr einen Streich gespielt hatte, schürzte die Knoten wieder und trug das nun leichte Bund so rasch nach Hause, wie es ihre alten Beine erlaubten, denn jetzt wurde es ihr doch ängstlich in dem stillen einsamen Wald.

Einige sagen, der Geist sei ein Jäger aus Lorsch, der da umgehen müsse, und erscheine oft auch als dreibeiniger Hase.


Geister fortgetragen

Auf der Herrmühle in Schönberg wohnte eine Müllerin, die gab sich mit falschem Maß und Gewicht ab, und als sie tot war, ging sie um in der Mühle und konnte niemand darin wohnen bleiben. Da wurde der Zauberer Struwel aus Stettbach gerufen, der fing die Seele der Müllerin und trug sie in einem Sack in die Haal, das ist ein Wald hinter Reichenbach beim Borstein und dort kann ein jeder die Müllerin herumlaufen sehen.

Derselbe Zauberer wollte einem Wirt in Niederbeerbach einen Possen tun. Da ging er in das Wirtshaus und ließ vor der Tür seinen Tragkorb stehen mit einer eingefangenen Seele darin. Gleich war auch die neugierige Wirtin da und hob den Deckel auf. Da fuhr ein Ding wie ein stumpfschwänziges Huhn heraus und die Bodentreppe hinauf. Die Frau getraute sich nicht, es dem Zauberer zu gestehen und dieser, nachdem er seinen Schoppen getrunken hatte, ging ruhig mit dem leeren Korb fort. Die Nacht aber fing auf dem Boden ein furchtbarer Lärm an, die Türen wurden aufgerissen und zugeschlagen und alles durcheinander geworfen. Ebenso ging es in den folgenden Nächten und endlich musste der Wirt dem Zauberer 150 Gulden bezahlen, damit er das Ding mit großer Mühe wieder einfing und in die Haal trug.


Der umwandernde Bär

Ein Bürgermeister von Fulda, der oft ungerecht handelte und namentlich die Braulose sehr nach Gunst und nicht nach Pflicht verteilte, muss zur Strafe dafür umgehen, und zwar in Gestalt eines Bären und verfolgt und umgeben von Hunden, Katzen, Schweinen und anderem Getier, welches heulend und schreiend mit ihm durch die Luft daherzieht.


Koberstadt

Auf der Koberstadt stand in uralten Zeiten eine große Stadt, worin ein heidnischer König regierte. Eines Tages ging diese Stadt mit ihren Bewohnern unter. Der König aber wandert noch stets in Gestalt eines Hirsches in der Gegend umher und bringt die Leute, welche sich verspäten, vom rechten Wege ab.


Der Batschhund zu Gedern

Im Dorf Gedern lässt sich ein großer Hund mit Feueraugen sehen, welcher der Batschhund genannt wird und die Leute ängstigt, welche ihr Weg von der Kirche bis zum Bach führt. Einst wollte eine Frau im Schloss waschen. Sie glaubte, der Tag sei schon angebrochen, stand auf und eilte dem Schloss zu. Da verfolgte der Batschhund sie bis zum Gartentor. Sie eilte durch dasselbe und schlug es hinter sich zu, aber der Batschhund sprang über die Mauer und lief ihr bis an das Haus nach.


Der Dappo

In Schotten und der Umgegend herrscht der Glaube, dass, wenn jemand etwas Böses begangen hat, in mitternächtlicher Stunde der Dappo kommt und ihn dafür straft.


Das Grille

In Kornfeldern lässt sich oft ein Gespenst sehen, das Grille, womit die Knaben einander Furcht einjagen. Was es eigentlich sei und welche Gestalt es habe, weiß man nicht mehr.


Geist beraubt

In einer Dorfkirche zeigten sich einstmals weiße Geister, die hatten Nachtmützen auf. Des Küsters Magd, die in der Kirche um acht Uhr zu läuten hatte, erzählte davon in der Schenke, und als sie sich so mutig stellte, boten ihr die Gäste Geld, wenn sie einem der Geister seine Kappe vom Kopf nähme. Den anderen Abend um acht Uhr sah sie in der Kirche einen weißen Mann an der Treppe stehen, die unter die Empore führte, dem entriss sie seine Mütze und eilte damit zur Schenke zurück. Kaum aber hatte sie den Gästen die Kappe gezeigt, so klopfte es auch schon am Fenster und der Geist guckte herein und sagte: »Gibst du mir meine Kappe nicht wieder, so brech’ ich euch allen den Hals.«

Voll Angst gingen sie zur Kirche und die Magd warf die Kappe zur Tür hinein und sagte: »Da hast du sie!«

Aber der Geist antwortete: »So will ich sie nicht, du musst mir sie selbst wieder aufsetzen.«

Da ging das Mädchen mit Zittern und Zagen hinein, doch war sie kaum drinnen, als der Geist sie packte, an den Wänden herumschleuderte und in Stücke zerriss.


Kind in der Luft

Einige Weiber sammelten Holz im Wald bei Knoden. Da hörten sie plötzlich ein Kind schreien. Sie wussten lange nicht, woher der Ton kam, bis sie endlich sahen, dass das Kind anderthalb Stockwerk hoch in der Luft schwebte und mit Armen und Beinen gewaltig strampelte. Das dauerte aber nicht lange. Bald darauf schoss es wie ein Pfeil durch das Gebüsch dahin und verschwand.


Der Höhmann

Zwischen Breitwiesen und Bensheim geht schon seit uralten Zeiten ein Geist auf den Bergen umher, welcher der Höhmann heißt. Er erscheint gewöhnlich als ein großer und starker grauer Mann, welcher beim Gehen den Boden nicht berührt, sondern in einer Höhe von ungefähr zwei Fuß über der Erde einherschreitet. Er läuft oftmals den Leuten nach und ruft: »He! He!«

Und wer dann stehen bleibt und auf ihn wartet, dem springt er auf den Buckel und reitet ihn, bis er zusammensinkt. Wem das begegnet ist, der lebt nicht mehr lang.

Der Höhmann zeigt sich auch bisweilen in der Gestalt einer Rehgeis und einmal hat ihn eine Frau aus Reichenbach gleich einem Affen auf einer Wiese herumspringen und Purzelbäume schlagen sehen. Er singt oftmals mit einer überlauten gellenden Stimme. Der Ort, an welchem er sich meistens aufhält, ist die Finsterhölle, eine Stelle im Wald, nicht weit von Knoden.


Vom Reichelsheimer Schlösschen

Zu verschiedenen Malen hörte der auf dem Reichelsheimer Schlösschen wohnende Verwalter zu nächtlicher Weile ein gewaltiges Getös auf dem Fruchtspeicher, gerade als wenn ein Wagen mit Korn darauf herumgefahren würde. Zu anderer Zeit gab es im Keller einen großen Lärm, wie wenn ein Küfer an den Fässern klopfte. Nie aber war ein sichtbarer Urheber des Unfugs zu entdecken.

In einer mondhellen Nacht stand der Verwalter im Obstgarten hinter dem Schlösschen auf der Lauer, um einen Apfeldieb zu erwischen. Da sah er plötzlich oben in einem Fenster des Hinterbaus einen alten Mann in schwarzer altfränkischer Tracht ganz gemächlich herauslehnen.

Der Jäger, der oben wohnte, ein wilder und roher Mann, der an Nichts glaubte, saß eines Abends mit einem Bekannten unter einem Baum vor dem Schlösschen und sprach frevelhaft, wenn es noch einen Geist gebe, so seile er nur herkommen!

In demselben Augenblick kamen drei alte Männer in Rüstungen über die Brücke herausgeschwebt, gerade auf den Jäger zu. Der lief fort, was er laufen konnte und hielt erst unten im Ort wieder an und schaute sich um, hat auch von Stund an an die Geister geglaubt.

Als eines Abends die Viehmagd an den Stall kam, welcher ehemals eine Kapelle war, sah sie vor der Tür ein großes blaues Licht. Sie lief ins Haus zurück und rief noch mehr Leute herbei. Doch als die herbeikamen, erlosch das Licht zischend und man hörte ein Geräusch, als wenn drei Männer mit starken Tritten die Stiege hinaufeilten.

Ein Bursche in Reichelsheim sah im Traum eine große weiße Gans in einem Zimmer sitzen. Als er des anderen Abends mit einer Arbeit am Ziehbrunnen im Reichelsheimer Schloss beschäftigt war, sah er plötzlich dieselbe Gans, welche im Simmer am Boden des Schlosshofes stand und heftig mit den Flügeln schlug.

»Da ist sie!«, rief er, und alles war verschwunden. Ein kluger Mann sagte ihm des anderen Tages, so er stillschweigend etwas darüber gedeckt hätte, möchte er wohl einen Schatz bekommen haben.

Ein Mann, welcher spät abends den Schlossberg hinaufging, sah plötzlich ein paar Schritte vor sich etwas am Boden sitzen, das er für des Verwalters Hündlein hielt. Als er näherkam, sah er jedoch, dass es ein kleines Männchen war. Und als er ganz nahe davor stand und es ruhig sitzen blieb, schlug er mit dem Stock danach, worauf es verschwand. Er war aber kaum ein wenig weitergegangen, so wurde er plötzlich an den Schultern gepackt und gewaltsam herumgedreht, ohne dass er sehen konnte, von wem.

An dem unweit des Schlösschens befindlichen Trompeterwäldchen (so genannt von zwei hier spukenden Trompetern in Uniform) wurden nachts um elf Uhr zwei außerordentlich kleine weiße Kinder gesehen, welche im Sand saßen und spielten.


Die Rathaustreppe in Fulda

Am Rathausbrunnen in Fulda halten die Mägde ihre Klatschereien. Bis spät abends sind ihre bösen Zungen dort in Tätigkeit. Diejenigen aber, welche ihre Verleumdungen nicht widerrufen, müssen nach ihrem Tod mit ihrer Zunge die Rathaustreppe fegen, wozu der Teufel ihnen leuchtet. Um es aber recht sauber zu machen, nehmen sie zuvor am Brunnen das Maul voll Wasser. Daher kommt es auch, dass man oft morgens die Treppe ganz feucht sieht. Dies gilt stets als ein sicheres Zeichen, dass wieder ein Waschmaul büßen musste.


Severikapelle zu Fulda

Am ehemaligen Wollenwebergraben in Fulda steht die Severikapelle, die einzige Kirche der Stadt, in welcher zur Reformationszeit katholischer Gottesdienst gehalten wurde und worin nie Geistliche anderer Bekenntnisse predigten. Oft sieht man um Mitternacht die Fenster des Kirchleins erhellt und hört Orgel und Chorgesang. Das ist eine Geistermesse, welche von Priestern gelesen wird, die im Leben ihren Glauben treu- und eidbrüchig verließen.


Der Torwart im Schloss zu Ernsthofen

Etliche zwanzig Burschen und Mädchen waren im Schloss in der Spinnstube gewesen, wo sie verweilten, bis es zwölf Uhr schlug. Als sie nun heraus und über den großen Burghof dem Tor zugingen, da folgte ihnen eine Gestalt mit einem Licht, doch sahen sie nur ihren Kopf. Die ging mit ihnen bis außerhalb des Schlosses, da blieb sie plötzlich still stehen und sprach:

Bis hierhin geht mein Kreis.
Wären nicht zwei Kräuter,
Dann ging ich noch weiter.

Darauf wandte sie sich um und verschwand im Tor. Das war der Geist eines alten Torwarts.