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Das verräterische Herz

Das verräterische Herz

Warum hält mich jeder für verrückt? Ich weiß, was ich gehört habe. Ich höre es immer noch. Wenn ich versuche zu schlafen, schleicht es sich hinterhältig und erbarmungslos in meinen Kopf. Unmerklich, fast zärtlich, beginnt es zu pulsieren. Doch dann beginnen die Schläge zu wachsen, steigern sich stetig zu einem voluminösen Pochen. Das bringt mich zur Raserei. Ich laufe in meiner Zelle auf und ab und trommle mit den Fäusten gegen die Wände. Die Mauern bleiben unbeeindruckt, meine Hände bluten. Das Pumpen wird lauter, immer lauter und ebenso meine Schreie. Die Tür geht auf! Ich werde von starken Händen gepackt und zu Boden gedrückt. Ein kleiner Stich, und alles um mich herum wird ruhig, so herrlich ruhig.

Ich kann nicht erklären, wann dieser Verdacht in mir entstand. Doch einmal geboren, fraß er sich in meine Gedanken, verbreitete sich wie ein unheilbarer Krebs und quälte mich Tag und Nacht. Meine Frau betrügt mich!

Ich liebte meine Frau, glauben sie mir. Unsere Ehe basierte auf gegenseitigem Respekt und Liebe. Nie störte ein Streit, Eifersucht oder andere Banalitäten unsere Harmonie.

Es war ihr Verhalten. Sie gebar sich sehr nervös und ein Blick in ihre Augen zeigte mir die Lüge! Ja, ich glaube, das war es. Ich konnte es in ihren Augen lesen.

So beschloss ich, meine Frau zu töten, um diese treuelosen, verlogenen Augen und meine quälenden Gedanken für immer loszuwerden. Sooft sie mich ansah, kostete es mich sämtliche Beherrschung, die ich aufzubringen vermochte, um meine Intention zu verbergen. Ich teilte weiterhin das Bett mit ihr. Wir saßen am selben Tisch, unterhielten uns wie gewohnt und aßen zusammen. Nichts ließ meinen Plan durchblicken, so schwer es mir auch viel. Doch letzte Skrupel ließen mich die Hürde zu meiner Tat nicht nehmen, und so verging Tag für Tag ohne die Erlösung meiner malträtierten Seele. Jede Nacht lag ich neben ihr, beobachtete sie und wartete auf eine verräterische Geste, ein geflüstertes Wort oder einen Namen, um mir die letzte Hemmung zu nehmen. In der sechsten Nacht geschah es! Ihre Lippen begannen ein Wort zu formen, und kaum hörbar, entwich es diesem betrügerischen Mund. Dieser mir unbekannte Männername schuf die zündenden Funken, die das tödliche Feuer in mir entfachten. Mit einem martialischen Schrei stürzte ich mich auf sie. Im Nu hatte ich sie auf den Boden gezerrt. Meine Hände schlossen sich um ihren Hals und drückten heftig zu. Sie hatte keine Chance zur Gegenwehr, doch das Herz wollte nicht aufhören zu schlagen und tickte noch etliche Minuten weiter. Schließlich verebbte der Herzschlag und ich war erlöst.

 

Ich legte meine Hand auf ihre Brust und ließ sie dort verweilen. Es war kein Herzschlag zu spüren. Ihre ehebrecherischen Blicke würden mich nie mehr foltern. Erleichtert, fast vergnügt, machte ich mich daran, den Leichnam zu entsorgen. Den Kadaver aus dem Haus zu schaffen, hätte sicherlich die Aufmerksamkeit irgendwelcher Nachbarn auf mich gelenkt, also schaffte ich den Körper ins Bad, entkleidete ihn und legte ihn in die Wanne. Ich zerstückelte die Leiche und verpackte Gliedmaße, Kopf und Torso separat in Kunststoffsäcke und versteckte sie in einem zu Wartungszwecken genutzten Hohlraum unter dem Fußboden im Wohnzimmer. Nichts deutete auf meine Tat hin, weder Blutstropfen, Flecken oder dergleichen. Zufrieden über das vollendete Werk ließ ich mich in einen Sessel im Wohnraum nieder, als es an der Tür klopfte. Befreit ging ich in den Flur und öffnete, schließlich hatte ich nichts zu befürchten. Es handelte sich um zwei Polizeibeamte. Ein besorgter Nachbar hatte einen Schrei vernommen und sie alarmiert. Nun waren die Männer beauftragt, die Sache an Ort und Stelle zu überprüfen. Lächelnd ließ ich die Ordnungshüter herein und erlaubte ihnen sich umzusehen. Den Schrei, sagte ich, hatte ich wohl im Schlaf ausgestoßen und meine Frau sei mit einer Freundin ausgegangen. Mein lockeres Verhalten hatte die Polizisten überzeugt. Ich führte sie in mein Wohnzimmer und bat ihnen höflich etwas zu trinken an. So setzten wir uns und kamen ins Plaudern, als ich plötzlich ein leichtes Summen im Kopf spürte. Das Geräusch hielt an, begann sich schließlich zu steigern und wurde stetig deutlicher. Ich erhob mich aus meinem Sessel, doch die Beamten blieben unbeeindruckt sitzen und schwatzten weiter. Dann bemerkte ich, dass dieser Klang nicht nur in meinem Kopf war. Er tönte aus der Kaverne im Boden meines Wohnzimmers! Ein leiser, schnell pochender Laut, der ständig an Lautstärke zunahm. War es möglich, dass die Männer es auch hörten? Schweiß bildete sich auf meiner Stirn. Meine Gebärden wurden sichtlich nervöser, doch die Polizisten machten keine Anstalten zu gehen. Das Pumpen ertönte lauter, immer lauter! Mein Gott, was sollte ich tun? War es denn möglich, dass sie es nicht hörten? Oder wussten sie bereits, was ich getan hatte und fanden ihren Spaß an meiner Verzweiflung? Gefangen in diesem Albtraum wechselte mein Blick von dem verfluchten Loch im Boden zu den Männern, die fröhlich plauderten. Ich konnte dieses heuchlerische Lächeln nicht mehr ertragen und war dem Schreien nahe. Das Pulsieren schallte lauter!

»Ja, ich gestehe!«, brach es aus mir heraus. Ihr braucht euch nicht länger zu verstellen! Dort im Boden liegt sie! Hört ihr denn nicht ihr Herz? Ihr verräterisches Herz?

(mh)