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Captain Concho – Band 44

Bill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 44
Auf Biegen und Brechen

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertugrul Edirne / Becker-Illustrators

Kurzinhalt:
Die schöne Bellinda hat Captain Concho eine Lageskizze des versteckten Camps im Sumpfland verschafft, in dem die Yankees entflohene Sklaven ausbilden, die als Sabotagetrupps der Konföderation Tod und Verderben bringen. In der Nacht vor der, geplanten Erstürmung des Camps bedankt sich Concho bei Bellinda auf seine Weise. Aber Verrat ist im Spiel und Captain Concho landet eher im Lager des Feindes, als er sich das gedacht hat. Der Tod ist ihm gewiss. Doch da sind noch Conchos verwegene Reiter; die auf Biegen und Brechen für ihren Captain kämpfen …

Leseprobe:

Eng umschlungen standen Captain Concho und die schöne Bellinda in ihr ein Hotelzimmer und küssten sich. Es ging auf Mitternacht zu. Schwach fiel das Licht einer Straßenlaterne herein und warf den Schatten des Fensterkreuzes an die weiß getünchte Decke.

Er hatte mit ihr zu Abend gegessen und Wein getrunken. Wie sie es am Vorabend versprochen hatte, hatte sie ihm eine Skizze über die Lage des Black Camp und über die Wege durch das riesige Sumpfgebiet am Alabama River gegeben, in dem sich die Yankees versteckt hielten.

Am nächsten Morgen wollte er mit seiner Abteilung in das Sumpfgebiet aufbrechen, um Black Camp zu zerschlagen, von dem aus seit Wochen Sabotagekommandos operierten und die zum Hafen nach Mobile führende Bahnlinie immer wieder lahmgelegt hatten.

Längst hatte er bei seinen Männern sein wollen. Doch diese grazile und faszinierende Frau hatte ihn in Beschlag genommen. Er war ihrem Charme und ihrer Weiblichkeit völlig erlegen, und sie hatte sich bis über beide Ohren in ihn verliebt.

Wie süß ihre Küsse schmeckten! Der Duft ihres Haares und ihres Parfüms betörten ihn. Eine Stunde konnte er den Abmarsch verschieben. Auch zwei! Da brauchte er kein schlechtes Gewissen zu haben. Schließlich hatte sie ihm die Skizze gegeben und damit sein größtes Problem gelöst.

Nun wusste er, wo sich die Basis der Yankee-Sabotagetrupps, das berüchtigte Black Camp, befand. Drei Wege führten dorthin durch das Sumpfgebiet. Nun war er in die Lage versetzt worden, einen Angriff zu planen, der Erfolg versprach.

Dass er diese drei Wege kannte, hatte er Bellinda Considine zu verdanken! Somit hatte es einen Sinn gehabt, diese paar Stunden mit ihr zu verbringen.

»Bitte, blieb über Nacht!«, bat sie ihn zärtlich und küsste ihn begehrlich.

Wie konnte er da widerstehen?

Er war schließlich ein Mann aus Fleisch und Blut und nicht aus Stein.

»Das Schlafzimmer ist nebenan!«, hauchte sie zwischen den Küssen.

Sie hatte eine Suite gemietet.

Captain Concho nahm Bellinda auf die Arme und trug sie hinüber. Sie seufzte ergeben und voller Leidenschaft, als er sich mit ihr auf das breite Bett sinken ließ, und hielt ihn festumschlungen, als wollte sie ihn nie mehr loslassen.

Der Säbel war ihm im Weg. Er wollte das Koppel abbinden.

Sie hielt ihn fest. »Kein Licht, bitte!«, flüsterte sie.

»Einen Augenblick nur!«

Sie lockerte den Griff, sodass er das Schloss öffnen und das Koppel mit der schweren Revolvertasche und dem Säbelgehänge ablegen und zu Boden gleiten lassen konnte.

»Ich liebe dich, Sam!«, seufzte sie und küsste ihn wieder begierig.

Wonneschauer durchrieselten sie, als sie seine Hand auf der Haut spürte.

Ein Geräusch drang von irgendwoher zu ihnen. Er hob den Kopf. Sie hatte davon nichts wahrgenommen und schlang die Arme um seinen Nacken. Captain Concho neigte sich wieder über sie.

Da fiel plötzlich greller Lichtschein auf das Bett.

Concho ruckte hoch. Bellinda zog er mit in die Höhe, da sie ihn vor Angst und Schreck noch fester umklammerte als zuvor.

Es war das Licht einer Stalllaterne. Männer stürzten in das Schlafzimmer.

Captain Concho stieß die vor Angst schreiende Frau zurück und bückte sich nach seinem Säbel. Es war jedoch schon zu spät. Fünf, sechs Gestalten warfen sich auf ihn und rissen ihn zu Boden, und sie fesselten und knebelten ihn, und das geschah alles so schnell, dass er gar nicht dazu kam, Widerstand zu leisten.

Die Kerle wickelten ihn in eine Decke. Er erkannte noch, dass sich zwei Schwarze darunter befanden, dann sah er nichts mehr. Die Burschen hoben ihn auf und trugen ihn aus dem Zimmer und die Treppe hinunter.

Von Anfang an war er sich darüber im Klaren, dass es sich um Yankees handelte, um Männer von Colonel Mason, dem Commander von Black Camp. Captain Concho hatte ihn erst vor Tagen dort draußen in der Wildnis in seine Gewalt gebracht. Er hatte sich von Mason den Weg nach Black Camp zeigen lassen wollen. Aber dort draußen im Sumpfland war ihm der Kerl entwischt.

Um eine Kiste Schampus hatten sie zuvor miteinander gewettet, wer am Ende wessen Gefangener sein würde.

Hatte dieser verrückte Kerl das Kommando nach Waynesboro geschickt, um diese Wette zu gewinnen?

Captain Concho glaubte das. Es kam ihm nicht der Gedanke, dass ihn Bellinda verraten haben könnte, die Colonel Mason ebenfalls kannte und die Concho zunächst für Masons Spionin gehalten hatte.

Die Männer trugen ihn auf einen Wagen, der sich sofort in Bewegung setzte.

Captain Concho fluchte.

War ihm dieses Missgeschick widerfahren, weil er seine Pflicht verletzt hatte? Aber, zum Teufel noch einmal!

Nachdem ihm Bellinda die Skizze gegeben hatte, konnte er sich doch unmöglich auf der Stelle von ihr verabschieden.

Sie hatte ihm die Skizze beschafft, weil sie ihn liebte!

Niemals hätte er sie so abrupt sitzen lassen können, nachdem sie ihm so geholfen hatte. Sie hätte ja glauben müssen, dass er die Gefühle, die sie für ihn empfand, eiskalt ausnutzte, nur um die Skizze zu erhalten.

Benson würde nun warten. Gewiss saß der Lieutenant noch wach im Saloon ihres Pullmanwagens und wartete auf seine Rückkehr. Sie hatten ja vereinbart, einen Angriffsplan erst auszuarbeiten, wenn sie die Skizze hatten.

Die Yankees wickelten ihn aus der Decke, und einer der Männer nahm ihm den Knebel aus dem Mund. Unter der Wagenplane sah man die Hand nicht vor Augen. In dieser absoluten Dunkelheit vermochte er nicht festzustellen, wie viele Männer sich bei ihm befanden und ob sie Weiße oder Schwarze waren.

Trotz der Dunkelheit ließ der Kutscher die Pferde hin und wieder galoppieren. An den Stößen des Wagens erkannte Captain Concho, dass sie nicht auf einer Straße, sondern querfeldein durch die Nacht fuhren. Todsicher in östliche Richtung – Black Camp entgegen.

Concho war wütend. Da würde Colonel Mason ganz schön grinsen, wenn ihm seine Männer berichteten, dass sie ihn im Schlafzimmer einer Frau überwältigt hatten. Auch noch in Bellinda Considines Schlafgemach! Gott sei Dank waren sie beide noch angezogen gewesen. Aber immerhin!

Der Tag begann zu grauen. Keine Sekunde hatte er schlafen können. Dazu war er viel zu wütend. Auf sich selbst versteht sich. Wem sonst, als sich, konnte er die Schuld an dieser Misere geben.

Benson wartete gewiss noch immer. Wie spät war es? Bald würde die Abteilung antreten, um nach Black Camp zu reiten.

Er fluchte wieder in Gedanken, obwohl er wusste, wie sinnlos das war. Er verschaffte sich damit nicht einmal Luft.

Plötzlich hielt der Wagen. Sofort war Hufschlag zu vernehmen.

Captain Concho musterte die sechs Bewacher. Das waren alles Schwarze.

Eine Kavalkade sprengte heran. Da vernahm er auch schon Colonel Masons Stimme. Die Schwarzen flitzten hoch, schlugen die Plane zur Seite, warfen das Bordbrett herunter und trugen Concho nach vorn. Sie sprangen ab, holten ihn aus dem Wagen und stellten ihn auf die Füße.

Da schritt Colonel Mason schon auf ihn zu, lächelnd und in tadellos sitzender Uniform. Im Hintergrund gewahrte Captain Concho über ein Dutzend Offiziere und Chargierte in der Uniform der Unions-Armee.

Masons rechte Augenbraue zuckte, als, er, die Hände auf dem Rücken verschränkt, vor Concho stehen blieb, jenen etwas leicht überheblichen Zug um die Mundwinkel.

Er salutierte lässig, aber durchaus schneidig und elegant.

»Captain! Ich begrüße Sie auf das Herzlichste. Seien Sie versichert, dass ich es ehrlich meine.«

Captain Concho griente schlaff. »Ich kann mir vorstellen, wie ehrlich Sie es meinen.«

»Ich habe den Schampus schon kaltstellen und das Schachspiel aufbauen lassen.«

Ja! Darüber, mit wessen Schachspiel sie spielen würden, hatte ihm Mason auch eine Wette angeboten. Und er war darauf eingegangen. Somit hatte er nicht nur eine Kiste Schampus an den Colonel verloren. Sondern gleich zwei.

Aber noch befanden sie sich nicht in Mack Camp!

Masons rechte Augenbraue zuckte wieder. »Nun werden wir doch mit meinem Brett und meinen Figuren vorliebnehmen.«

»Ich gestehe Ihnen zu, dass es im Augenblick ganz danach aussieht, Colonel!«, erwiderte Captain Concho.

»Es ist Ihnen zuzugestehen, zu hoffen, bis wir durch das Tor von Black Camp geritten sind!«, spöttelte Colonel Mason. »Oder haben Sie eine Wette anzubieten?«

Mason war in England geboren. Ein Brite also, der die Allüren seiner ehemaligen Landsleute nicht abgelegt hatte. Von einem fairen Sportsgeist durchdrungen, war er ständig bereit, Wetten abzuschließen, deren Ausgang er voll akzeptierte, auch wenn er dabei das Nachsehen hatte.

Captain Concho schüttelte den Kopf.

»Wenn Sie mir Ihr Ehrenwort als Offizier geben, dass Sie keinen Fluchtversuch unternehmen, lasse ich Sie von den Fesseln befreien und gebe Ihnen ein Pferd. Sie können sich dann frei und ungebunden bewegen.«

»Sie wissen, dass ich Ihnen dieses Ehrenwort nicht geben kann«, versetzte Concho.

Colonel Mason zuckte mit den Schultern. »Ihr Problem! Ich wollte Ihnen nur Ihr Schicksal erleichtern.«

Captain Concho schwieg ihn an.

Colonel Mason hob die Hand kurz an den Hut. »In Black Camp sehen wir uns wieder«, sagte er und machte kehrt.

Die Schwarzen griffen zu und hoben Captain Concho auf den Frachtwagen. Da stockte ihm fast der Atem. Über Colonel Mason hinweg konnte er Bellinda Concidines Kutschwagen unter einer Baumgruppe stehen sehen. Von ihr bekam er nichts zu Gesicht. Aber war das noch nötig?

Dieses Miststück!, dachte er wütend. Sie hat mich verraten!

Hätte er auch nur eine Hand freigehabt, mit der Faust hätte er sich vor die Stirn geschlagen, weil er so leichtgläubig gewesen war.

Die Schwarzen stiegen zu ihm, und der Wagen fuhr weiter.

(wb)