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The Seasoning House

The Seasoning House
Sterling Pictures Ltd., Templeheart Films, Filmgate Films, Großbritannien 2012

Capelight Pictures, Ahrensfelde, Vertrieb: Al!ve AG, Köln, 27.09.2013, DVD im Amaray Case, Thriller/Drama, ca. 98 Min, EAN: 4042564144581, Regie & Drehbuch: Paul Hyett , Darsteller: Rosie Day, Sean Pertwee, Kevin Howarth, Anna Walton, Jemma Powell, Alec Utgoff, Laurence Saunders, Musik: Paul E. Francis, Extras: Audiokommentar mit Paul Hyett, Mike Riley, Rosie Day, Kevin Howarth und Sean Pertwee, Making of (16 Minuten)
www.capelight.de
www.alive-ag.de

Während des Kosovo Krieges werden junge Mädchen in abgelegene Häuser verschleppt, dort unter Drogen gesetzt und an ihre Betten gekettet zu Zwangsprostituierten gemacht. In einem dieser Bordelle hat Hausleiter Viktor (Kevin Howarth) an der jungen taubstummen Angel (Rosie Day) aus der neusten Mädchenlieferung einen Narren gefressen. Er behält sie für sich. Außerdem muss Angel sich um das Essen kümmern und die anderen Mädchen regelmäßig mit Heroin auf ihre Freier vorbereiten. Eine Arbeit, die Angel mit stoischer Abgestumpftheit erledigt. Als ein neues Mädchen (Anna Walton) ankommt, das die Gebärdensprache beherrscht, beginnt Angel ihr zu helfen. Durch die Lüftungsschächte des Hauses gelangt Angel zu ihr und die beiden freunden sich an. Als die Soldaten (u.a. Sean Pertwee) in dem Haus auftauchen, die Angels Familie und Nachbarn getötet haben und einer von ihnen (Ryan Olivia) Angels Freundin zu Tode vergewaltigt, nimmt sie grausame Rache.

Die Filmografie von Prosthetic- und Make-up-Experte Paul Hyett liest sich wie ein »Best of« des englischen Genrekinos der letzten Jahre. Hier finden sich wenig zimperliche Einträge wie The Descent 1 und 2, Eden Lake, Mutant Chronicles gleichwertig neben Beispielen des eher leisen Schreckens (Die Frau in Schwarz) und Actionblockbustern (Unknown Identity), die Hyett als Make-up-Artist betreut hat. In seinem vorliegenden Regiedebüt unterläuft er alle naheliegenden Erwartungen und liefert einen ungeheuer dichten Albtraum in verstörend ruhigen und schmutzigen Bildern ab. Das titelgebende Seasoning House, ein Bordell, in dem gefangene Mädchen unter Drogen gesetzt zwangsprostituiert werden, wirkt wie ein in der Hölle angesiedeltes Niemandsland, in dem Schmerz, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit aus jeder Ritze sickern. Wie ein Geist bewegt sich die zerbrechlich wirkende Angel in Zeitlupe durch die von Schmerzenslauten erfüllten Flure zwischen grobschlächtigen Männern hindurch, die keine Skrupel haben, zu Tode vergewaltigte Mädchen vor aller Augen wie Müll zu entsorgen.

In den Szenen, in denen die unterschwellig brodelnde Gewalt auf blutige Weise explodiert – etwa wenn Angel dem Mörder ihrer Freundin im Zweikampf das Gesicht zerschneidet – kann Hyett dann wieder aus seiner reichen Erfahrung als Make-up-Fachmann schöpfen.

Im Grunde ist The Seasoning House ein »Rape and Revenge«-Thriller, der so unbequem und bedrückend ist, wie es das Subgenre vorgibt. Regisseur Hyett arbeitet zwar punktuell mit den brachialen Mitteln der Gattung doch grundsätzlich »lebt« sein Film in erster Linie nicht von Gewaltdarstellungen, sondern von seiner albtraumhaften und aufgeladenen Atmosphäre, die jederzeit explodieren kann.

Gleichzeitig legt The Seasoning House, wie auch einige andere jüngere Beispiele britischer Genrekost, unberechtigtes Understatement an den Tag.

Auch die Darsteller, allen voran die während der Dreharbeiten erst 17-jährige Rosie Day, die sich als taubstumme Angel ausschließlich auf ihr Körperspiel und ihre Mimik stützen kann, liefern wahre Glanzleistungen ab. Auf der unbequemen Seite bleibt vor allem Newcomer Ryan Oliva als der tierhafte Vergewaltiger/Mörder Ivan unangenehm im Gedächtnis. Der viel beschäftigte Sean Pertwee kann dagegen bereits auf eine lange Karriere zurückblicken, während der er regelmäßig zwischen Kino (Dog Soldiers, Doomsday, Wilderness) und TV (The Cop – Crime Scene Paris, Elementary, Luther, Death in Paradise) pendelt.

Fazit:
Die Hölle des Krieges jenseits der Schlachtfelder. Extrem bedrückender »Rape and Revenge«-Thriller vor dem Hintergrund des Kosovo Krieges. Ein kleines brutales Meisterwerk.

(eh)