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Lieneke Dijkzeul – Schweigende Sünde

Lieneke Dijkzeul – Schweigende Sünde

Beim Klassentreffen in einer Schule wird einer der Lehrer, Eric Janson, tot auf der Herrentoilette aufgefunden. Die Polizei wird gerufen. Inspektor Paul Vegter und sein Team wissen zunächst nicht, ob es sich um Mord oder um einen Unfall handelt, denn der Tote ging wegen eines Skiunfalls an Krücken und könnte auf dem Toilettenboden ausgerutscht und unglücklich gestürzt sein. Aber bald gibt es Klarheit. Janson wurde mit einer seiner Krücken erschlagen, und diese ist wie vom Erdboden verschluckt.

Paul Vegter und seine Leute vernehmen noch in der Schule die etwa vierhundert erschienenen Exschüler und die circa dreißig anwesenden Lehrer, doch es kommt bei ihren Gesprächen nicht viel heraus. Sie erfahren nur, dass der Tote nicht sehr beliebt war – u.a. weil er Schüler und Kollegen gerne bloßstellte und zudem ein Frauenheld war – aber ein guter Lehrer, der seine Schüler im Griff hatte und auch gut organisieren konnte.

Die weiteren Ermittlungen führen den Inspektor und sein Team zu den beiden Exfrauen des Toten und dessen zwei Töchtern aus erster Ehe. Seine erste Frau und die Töchter scheinen ihn regelrecht gehasst zu haben. Aber haben sie ihn auch getötet?

Eine weitere Spur führt zu der ehemaligen Geliebten des Opfers, einer Lehrerin, die zur Zeit ihres Verhältnisses mit dem Toten noch blutjung war und gerade die Universität verlassen hatte. Sie verfügt offensichtlich über mehr Geld als ihr Lehrerinnengehalt und hat sich über längere Zeit teure Dinge geleistet. Sie könnte Janson erpresst haben, denn dessen Kontobewegungen zeigen, dass er regelmäßig hohe Beträge abbuchen ließ. Aber war er erpressbar, und wenn ja, womit?

Vegter und seine Leute tappen hier, wie auch sonst, im Dunkeln. Und es ist noch nicht einmal klar, ob es sich um Mord, Totschlag oder sogar Notwehr handelt.

Man ist kurz davor, die Akte zu schließen und den Fall als ungelöst erledigt zu betrachten. Endlich aber ergibt sich eine weitere Spur zu einem ehemaligen Schüler, David Bomer, ein arroganter junger Mann, der seine von ihm schwangere Freundin sitzen lässt. Vegter vermutet, dass er zumindest ein wichtiger Zeuge ist, und verfolgt die Spur um seine Person weiter. Er bekommt heraus, dass er eine neue Freundin hat, Eva Stotijn, eine ehemalige Mitschülerin, alleinerziehende Mutter einer kleinen Tochter, die wie er auf dem Klassentreffen war, und die ein Geheimnis umgibt. …

 

Der Autorin gelingt es mit ganz wenigen Mitteln, die Spannung von der ersten bis zur letzten Seite aufrechtzuerhalten. Ungewöhnlich an ihrer Erzählweise ist dabei vor allem, dass sie ganz banale Begebenheiten und Gespräche schildert, die dann erst viel später ihre entscheidende Bedeutung offenbaren und den Ermittler, Paul Vegter, weiterbringen.

Dieser Ermittler setzt vor allen Dingen auf Psychologie und löst allein durch Nachdenken am Ende den fast unlösbar erscheinenden Fall. Er ist ein alternder Mann, der seine Frau vor einiger Zeit verloren hat, von seiner erwachsenen Tochter getrennt lebt und quasi nur noch seinen alten Kater, eine welkende Zimmerlinde, die Arbeit und seine Kollegen und Kolleginnen hat. Er wird sehr sympathisch, weil mitfühlend und sensibel dargestellt, und wirkt auch sehr galant gegenüber den Frauen, mit denen er zu tun hat. Allerdings ist er allein auch kaum lebensfähig, was durch seinen unbeholfenen Umgang mit seiner Freizeit und den alltäglichen Erfordernissen des Lebens zum Ausdruck kommt.

Als Ermittler ist Paul Vegter jedoch ein Mann mit Weitsicht und Überblick, der die Stärken und Schwächen seiner Mitarbeiter kennt, ihre Kräfte zu nutzen versteht und die Zügel souverän in der Hand hält. Ihm selbst entgeht nicht ein Detail in den Aussagen und Verhaltensweisen seiner Zeugen und Verdächtigen, und so ist es kein Wunder, dass er am Ende diesen kniffligen Fall löst, dessen Thema gerade in der heutigen Zeit wieder ausgesprochen aktuell ist.

Fazit:
Lieneke Dijkzeul legt mit Schweigende Sünde einen psychologisch perfekten, stilistisch herausragenden Kriminalroman vor, der den sensiblen und anspruchsvollen Leser interessieren dürfte. Ströme von Blut oder actionreiche Darstellung fehlen hier ganz, aber die Spannung der Geschichte wird auf kluge Weise in anderer Form aufgebaut und aufrechterhalten. Die etwas andere Sicht auf Taten und Täter, die die Verfasserin dem Leser nahebringt, und auch das überraschende Ende der Geschichte, das dem Leser durchaus als gerecht erscheinen dürfte, machen das Buch zu einem Genuss. Eine bemerkenswerte Story, die ich sehr empfehlen möchte.

Die Autorin:

Lieneke Dijkzeul stammt aus den Niederlanden und wurde im März 1950 in Sneek geboren. Sie veröffentlichte viele Bücher für Kinder und Jugendliche und bekam dafür eine Reihe von Preisen, bevor sie anfing, Thriller und Krimis für Erwachsene zu verfassen.

Zuerst publizierte sie Kurzgeschichten in niederländischen Kinderzeitschriften und 1990 ihr erstes Kinderbuch. Ferner schrieb sie Sketche und Liedtexte für eine Fernsehserie. Ihren größten Erfolg im Kinder- und Jugendbuchbereich hatte sie mit einem Fußballroman über einen afrikanischen Jungen, der von einem Talentscout entdeckt und Profifußballer wird.

2006 veröffentlichte sie ihren ersten Kriminalroman für Erwachsene, Schweigende Sünde, der 2012 zuerst in Deutschland herausgegeben und für zwei Preise nominiert wurde.

Sie ist heute eine der herausragenden Krimiautorinnen der Niederlande.

Quellen:

Bilder:

  • Cover des Romans. Mit freundlicher Genehmigung des Deutschen Taschenbuch Verlags.

(ww)