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Jimmy Spider – Folge 16

Jimmy Spider und die Kronjuwelen

Ich befand mich in einem noch nicht modernisierten Abschnitt des Londoner Stadtteils Soho.

Die Strahlen der Sonne versanken langsam am Horizont, und die ersten Schatten der Dämmerung ließen die altehrwürdigen Gassen dieses mittelalterlich wirkenden Ortes wie ein Ort voller Mystik und Geheimnisse erscheinen.

Entgegen dieser äußerst blumigen Beschreibung des Sonnenuntergangs befand ich mich auf dem Weg zu einem neuen Auftrag.

Aus Geheimdienstkreisen war das Gerücht aufgekommen, dass jemand plane, die Kronjuwelen zu stehlen. Diese Bedrohung war den Behörden offenbar so ernst gewesen, dass sie vorsichtshalber die wertvollen Schätze an einem Ort versteckt hatten, an dem man sie niemals erwarten würde – einem Museum. Sehr einfallsreich.

Genauer gesagt handelte es sich dabei um ein Museum für antike Schätze, wie etwa die Bundeslade, der Gral oder das Schwert des Königs Artus. Natürlich nicht die echten – die befanden sich vermutlich längst in den ewigen Schatzgründen. Allesamt waren sie Repliken, und unter denen sollten die Kronjuwelen – während im Tower of London eben solche Kopien aufbewahrt wurden – nicht auffallen, bis die Gefahr gebannt war. Was auch immer das bedeuten sollte.

Jedenfalls hatte die TCA meine Wenigkeit dazu auserwählt, die Juwelen zu hüten. Dazu befanden sich in dem Museum drei Nachtwächter.

Ich wandte meinen Blick vom Fenster und damit auch vom Sonnenuntergang ab und besann mich wieder auf meine eigentliche Aufgabe. Aber was war die eigentlich? Sollte ich hier in diesem Touristenübersohrhaumuseum bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag auf irgendwelche mehr oder weniger imaginären Diebe warten?

Ich schritt durch einige Gänge, an deren Wänden Kopien von Gemälden wie der Mona Lisa, etlichen Monets und Picassos den Eindruck erweckten, hier würden tatsächlich alle kulturellen Schätze dieser Welt aufbewahrt.

Nach einigen Minuten, in denen ich im Vorbeigehen duplizierte Meisterwerke bewundern durfte, für deren Ruhm mir mehr oder weniger das Verständnis fehlte, erreichte ich einen weitläufigen, saalartigen Raum, dessen Decke eine Glaskuppel bildete. Mittlerweile konnte man durch sie hindurch allenfalls nur noch Fledermäuse beim Balztanz bespannen.

In der Mitte des Raumes lagen sie, die Kronjuwelen. Aufgebahrt auf mehreren hölzernen Ständern und roten Kissen sowie geschützt durch einige Glaswände erweckten sie nicht gerade den Eindruck, der vielleicht wertvollste Schatz des britischen Königreiches zu sein.

Ehrlich gesagt konnte ich auch noch nie wirklich etwas mit dieser Ansammlung altertümlicher Kronen, Schwerter, Zepter und schwer verdaulichem Obst wie dem Reichsapfel anfangen. Das lag vielleicht an der Erinnerung an meine Mutter, einer Schottin, die stets einen gewissen Lokalpatriotismus ausgestrahlt hat und unverkennbar keine Freundin der Royals gewesen war. Auch mein Vater hatte nichts daran ändern können, dass ich sehr viel aufnahmefähiger für die Ansichten meiner Mutter gewesen bin.

Ich unterdrückte meine aufkommenden Erinnerungen an ein bestimmtes Ereignis und wandte mich wieder den wesentlichen Dingen zu. Die da waren, dass ich nichts zu tun hatte.

Hinter meinem Rücken erklang ein Hüsteln. Ich drehte mich um und sah Norman Lane, einen der drei Nachtwächter. Die anderen beiden, die sich irgendwo anders in den Gemäuern mehr oder weniger wörtlich herumtrieben (zumindest hatte ich eine dahingehende Vermutung), waren Jack Levine und seine Kollegin Claire Fontaine.

Lane hatte sein ergrautes Haar nach hinten gekämmt, sodass ich in ein Gesicht mit Falten blickte, die zwar den Grand Canyon nicht vor Neid hätten erblassen lassen, aber schon nicht zu übersehen waren. Trotz seines fortgeschrittenen Alters strahlten seine Augen etwas Jugendhaftes aus. Das lag möglicherweise auch an seiner Vergangenheit, die er, wie ich bereits erfahren hatte, bis zu seiner Pensionierung als Streifenpolizist im Dienste des Staates verbracht hatte.

Ich nickte ihm zur Begrüßung zu.

»Na, Agent Spider, schon einen Einbrecher entdeckt.«

»Ich bin nicht vom FBI.«

»Weiß ich doch. Aber auch die müssen sich manchmal mit Einbrechern herumplagen, Agent.«

»Wie gesagt, ich bin nicht vom FBI.«

»Sie sind ziemlich wortkarg, oder?« Er lächelte und setzte seine Wächtermütze, die er bisher in der rechten Hand gehalten hatte, wieder auf. »Trotzdem wünsche ich Ihnen noch einen schönen Abend, Agent Spider.«

»Den werde ich sicher haben, solange Sie mich nicht Agent Spider nennen. Viel Spaß noch.«

Norman Lane stutzte kurz, lächelte und schüttelte ein wenig verwirrt den Kopf, bevor er wieder seines Weges ging.

Da ich mittlerweile sinnloserweise schon seit einer ganzen Weile an derselben Stelle stand, suchte ich mir, auch um der Gefahr, hier Wurzeln zu schlagen und damit das Mauerwerk zu beschädigen, vorzubeugen, eine Sitzgelegenheit. Am anderen Ende des Raumes fand ich eine Sitzgelegenheit auf einem gepolsterten Stuhl.

Neben dem Stuhl stand ein kleines Schild mit der Aufschrift Original-Bürostuhl von Sir Melville Macnaghten. Wer auch immer das sein mochte. Ich vermutete einfach mal einen Scherz.

Zu dumm, dass ich nichts zu lesen mitgenommen hatte. So konnte das Warten eine schlimmere Folter werden als ein Tauchgang in einer Feuerquallenkolonie.

Die Sekunden verrannen, wurden zu Minuten, und meine Müdigkeit nahm zu. Nach einiger Zeit begannen meiner Augenlider langsam hinabzugleiten.

Eigentlich hätte ich mir ein Nickerchen ja erlauben können. Schließlich befanden sich noch drei Nachtwächter in dem Gebäude, und wenn wirklich hier jemand einbrechen würde, würde mich schon der Krach wecken. Andererseits … bei meinem letzten Fall in Deutschland hatte ich mir auch ein Nickerchen gegönnt und war im nächsten Moment in einer Höllenwelt gelandet. Das sollte mir diesmal nicht passieren.

Dieser Gedankengang erwies sich jedoch als ziemlich kontraproduktiv, denn durch meine Erinnerungswallungen fielen mir erst recht die Augen zu. Vielleicht sollte ich einfach an nichts denken. Nichts …

Ich sackte langsam zusammen. Offenbar war an nichts zu denken doch keine so gute Idee gewesen. Aber auch der beste Verbrecherjäger der Welt brauchte mal seine Ruhe.

Pischuuuw.

Ich schreckte hoch. Innerhalb weniger Sekunden war ich wieder völlig wach.

Hatte ich da einen Schuss gehört? Und wenn ja, von wo?

Abrupt stand ich auf und sah mich um.

Ein Gefühl sagte mir, ich sollte mal nach links gehen, in den Gang, der zur Ausstellung berühmter Folterinstrumente führte. »Wie passend«, murmelte ich vor mich hin.

Ich lief, so leise wie möglich, den mit weiteren kopierten Gemälden gespickten Gang entlang, bis ich aus einer Links-Biegung etwas hervorragen sah. Zwei Beine …

Ich griff nach meiner Desert Eagle, zog sie aber noch nicht hervor.

Als ich einen ersten Blick um die Ecke warf, sah ich die Bescherung: Norman Lane war es, dessen Beine steif um die Ecke gelugt hatten. Auf seiner linken Brustseite befand sich eine stark blutende Wunde. Ich brauchte nicht einmal einen Blick in seine Augen werfen, um zu wissen, dass er tot war.

Irgendwie war mir der Mann sogar sympathisch gewesen, trotz seiner Angewohnheit, mich für einen FBI-Agenten zu halten. Aber konnte ihn …?

Ich spürte etwas Kaltes in meinem Nacken. »Keine falsche Bewegung, Mr Spider!«

Für einen Moment erstarrte ich. Mein Gegner hatte mich kalt erwischt. Ich brauchte keine funkelnde Kristallkugel, um zu erraten, dass mich jemand mit einer Pistole bedrohte.

»Ziehen Sie jetzt langsam ihre Hand hervor und heben Sie sie mit ihrer anderen über den Kopf!«

»Über ihren oder meinen?«

Der Mann hinter mir, sehr wahrscheinlich auch der Mörder von Norman Lane, stieß einen Fluch aus.

»Was denken Sie wohl, Spider?«

Ich zuckte mit den Schultern. »Überraschen Sie mich.«

Wieder folgte ein Fluch, diesmal noch deftiger.

»Über Ihren natürlich!«

»Kein Problem.«

Ich tat, was mir befohlen worden war. Meine Desert Eagle ließ ich allerdings stecken.

»Und nun drehen Sie sich ganz langsam um!«

Ich machte aus dem langsam ein in Zeitlupentempo, bei dem man Gras beim Wachsen zusehen könnte.

»So langsam nun auch wieder nicht.«

Abrupt ruckte ich meinen Körper herum, um meinen Gegner zu überraschen. Der hatte jedoch wohl damit gerechnet und war, mit vorgehaltener Waffe, einen Schritt zurückgewichen.

Als ich den Mann sah, erkannte ich sofort, wer Norman Lane erschossen hatte: Jack Levine, der zweite Nachtwächter. Ich hatte ihn bisher nur kurz einmal bei meinem Eintreffen gesehen. Braune Haare, blaue Augen, ein Gesicht, bei dem sicher nicht wenige Damen auf andere Gedanken gekommen wären (wenngleich sich auch bei ihm schon einige Falten eingearbeitet hatten).Über seinem restlichen Körper trug er eine dunkelblaue Uniform.

Er verzog seine Lippen zu einem überheblichen Lächeln. »Ab jetzt lasse ich Ihnen den Vortritt. Wir gehen zurück zur Halle mit den Kronjuwelen. Wir wollen doch nicht die große Show verpassen, oder?«

»Kommt drauf an, wie gut die Show wird.«

Sein Lächeln verschwand. »Keine weiteren Mätzchen, Agent Spider, wir …«

»Ich bin nicht vom FBI.«

Wütend krallte er seine rechte Hand um den Pistolenlauf. »Das ist doch völlig irrelevant! Gehen Sie endlich in den Ausstellungsraum. Los!«

Um ihn nicht weiter zu verärgern (von ein paar Kugeln durchlöchert zu werden, würde nicht gerade zu meiner Gesundheit beitragen), befolgte ich seinen Befehl und ging langsam zurück zu dem Ausstellungsraum der Kronjuwelen.

Unterwegs ließ ich meiner Neugierde freien Lauf. »Was hat das alles zu bedeuten?«

»Das werden Sie schon sehr bald erfahren.«

Offenbar hatte der Mann seine Gesprächsbereitschaft nicht gerade mit Löffeln gegessen.

Nach nicht mal einer Minute erreichten wir die kleine Halle. Die Kronjuwelen lagen noch immer an der Stelle, an der ich sie in Erinnerung hatte.

»Und jetzt … werfen Sie mal einen Blick nach oben!«

Ich legte meinen Kopf in den Nacken – und zuckte überrascht zusammen. Von der Glaskuppel hinab hatten sich zwei schwarze Gestalten abgeseilt. Offenbar die angekündigten Einbrecher. Sie hatten anscheinend ein Loch in die Kuppel geschnitten und hingen nun an ihren mitgebrachten Stricken.

Als sie langsam nach unten glitten, winkte mir einer der beiden zu. Mit der anderen Hand griff er an seinen Kopf und zog sich die schwarze Skimaske ab, die sein Gesicht verhüllte.

Zum Vorschein kam – Raymond Sterling. Auch das noch – aber eigentlich hätte ich es wissen müssen.

»Hallo Spider, lange nicht gesehen.« Er kicherte kurz. »Ich dachte, ich schaue mal bei meinem alten Freund vorbei und frage mal, wie es ihm geht.«

»Bis jetzt noch gut.«

»Sie sagen es – bis jetzt noch. Aber das wird sich bald ändern. Ach ja, wie geht es eigentlich Ihrer reizenden Kollegin? Wie hieß sie noch gleich … Tanja Berner. Ich habe gehört, sie ist nicht mehr allzu gut auf Sie zu sprechen.«

Dazu sagte ich lieber nichts. Stattdessen verzog ich nur säuerlich den Mund. Allerdings fragte ich mich, woher Sterling wohl diese Informationen und vor allem den Namen meiner Kollegin hatte. Bei unserer letzten Begegnung hatte ich ihn nicht genannt.

»Eigentlich ist es mir auch egal. Die Hauptsache ist, ich erledige meinen Job, und Sie streichen die Segel.«

»Was haben Sie denn für komische Segel?«

Verärgert verzog Ray das Gesicht. »Versuchen Sie das schon wieder, Spider?«

Sein Lächeln kehrte zurück. »Aber diesmal werde ich nicht nur den Schatz einsacken, sondern auch für Ihr endgültiges Ableben sorgen. Ich hatte natürlich eingeplant, dass Sie hier erscheinen würden, und bereits Vorkehrungen getroffen. Meine Monchoppies haben Sie vielleicht zwei Mal besiegt, aber einer Kugel werden Sie nicht entkommen. Nicht wahr, Jack …?«

Ich sah den Wachmann aus den Augenwinkeln nicken. »Natürlich, Boss.«

»… und Claire?« Damit hatte Sterling Levines Kollegin angesprochen. Ich erhaschte einen Blick, wie sie lächelnd an der Öffnung des Ganges stand, aus dem Levine und ich gerade gekommen waren. Offensichtlich steckte auch sie mit Raymond Sterling unter einer Decke.

Wieder ergriff Ray das Wort. »Nachdem das geklärt wäre … William, würdest du bitte die Glaskästen öffnen?«

Der zweite Einbrecher nickte und seilte sich weiter ab. Er hatte im Gegensatz zu Sterling seine Maske nicht abgezogen.

Er griff nach dem Glaskasten, in dem eine der Kronen lag.

»Die St.-Edwards-Krone«, klärte mich Sterling auf.

Offensichtlich diente das Glas lediglich als Staubfänger für die Krone, denn es ließ sich einfach abnehmen, ohne dass auch nur der Hauch eines Alarms losging.

Sterling griff nach der Krone und steckte sie in einen kleinen Sack, der mir bisher verborgen geblieben war und am Hüftgürtel befestigt war.

Der Räuber zeigte auf den nächsten Glaskasten, und wieder räumte sein Helfer die Vitrine zur Seite.

»Die Imperial State Crown.«

War Ray etwa ein Royals-Fan? »Sie scheinen ja ziemlich auf diesen Plunder zu stehen.«

Sterling zischte mir zunächst nur etwas Unverständliches entgegen. »Das, was Sie so selbstherrlich als Plunder bezeichnen, ist einer der größten Schätze der Welt. Ich will mir einfach auf der Zunge zergehen lassen, dass er sich nun in meinem Besitz befinden wird.«

Nachdem er auch die zweite Krone in einen neuen Sack weggesteckt hatte, wies er auf einen weiteren Glaskasten, in dem sich ein langer Stab und ein Schwert befanden. Sein Handlanger entfernte auch diesmal das Hindernis, bevor sich Sterling die nächsten Juwelen griff.

»Das Staatsschwert und das Zepter mit dem Kreuz. Damit wäre die Sammlung komplett.«

Ray gab mir noch einen lockeren militärischen Handgruß. »Damit wäre meine Arbeit getan. Ich würde mich noch zu gern näher mit Ihnen unterhalten, aber ich muss leider schon wieder weg. Sie wissen ja, die Pflicht ruft. Leben Sie wohl, Jimmy Spider. Sie waren wirklich ein netter Gegner. Ein sehr netter.« Er lachte noch einmal kurz auf, bevor er seinem Kollegen ein Zeichen gab. Der Mann setzte irgendeinen Mechanismus in Gang, der die beiden Einbrecher nach oben zog, sodass sie meinen Blicken entschwanden.

Dadurch hatte sich meine Lage jedoch nicht wesentlich verbessert. Ich schaute noch immer in den Lauf von Levines Waffe.

Mein Gegenüber grinste wieder. »Bevor ich zur Tat schreite, möchte ich Sie erst einmal bitten, ihre Waffe hervor zu ziehen und auf den Boden fallen zu lassen. Ich möchte nämlich keine böse Überraschung erleben.«

Augenblicke später landete meine Desert Eagle vor mir auf dem Boden.

Zugegebenermaßen sah es jetzt ziemlich düster für mich aus. Aber ich hatte noch nicht alle Karten ausgespielt. Aus meinem großen Erfahrungsschatz, den ich aus solchen Situationen gesammelt hatte, wusste ich, dass mir noch immer eine, wenn auch ziemlich simple und für meine Gegner überaus peinliche Rettung blieb.

Levine hatte allerdings schon mit mir abgeschlossen. »Jetzt werden Sie …«

Ich hob hastig meinen linken Arm und wies spontan nach links. »Oh Gott, die Mona Lisa brennt!«

Es klappte tatsächlich, der Mann drehte seinen Kopf für einen Augenblick herum. Diesen Moment nutzte ich eiskalt aus.

Ich ließ mich einfach fallen, griff nach meiner Pistole und schoss – gerade in dem Moment, in dem Levine seinen Blick wieder auf mich gewandt hatte.

Reagieren konnte er nicht mehr. Meine Kugel schlug mitten in seine Brust und stieß ihn zurück.

Von irgendwoher erklang ein wütender Schrei. Ich schenkte Levine keinen weiteren Blick und konzentrierte mich auf Claire Fontaine. Die Dame hielt nun ebenfalls eine Pistole in den Händen und benutzte die Halle als Schießstand.

Ich duckte mich und versteckte mich hinter einigen Vitrinen, während die Kugeln über mich hinwegpfiffen.

Sie schoss und schoss, ohne wirklich richtig zu zielen.

Ich riskierte es einfach, richtete mich auf und jagte zwei Kugeln in ihre Richtung.

Beide Geschosse schlugen in den Kopf der Nachtwächterin. Ein erstickter Schrei war noch zu hören, dann brach Claire Fontaine zusammen.

Ich schüttelte den Kopf. Ich hatte versucht, sie kampfunfähig zu schießen, aber in den wenigen Augenblicken hatte ich keine Chance, gut zu zielen. Es war einfach um Leben und Tod gegangen.

Langsam ging ich auf Jack Levine zu. Ich dachte, er sei tot, doch dann sah ich, dass seine Augen noch leicht zuckten.

Ich beugte mich zu ihm hinab. Seine Brustwunde blutete stark. Es war wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis er der Verletzung erliegen würde.

Mein Gesicht dicht vor seinem, versuchte ich wenigstens noch ein paar Informationen zu erfahren.

»Sie wissen, dass Sie sterben werden. Sagen Sie mir, was Sie von Sterling erfahren haben, dann werde ich bei Ihren Verwandten ein gutes Wort für Sie einlegen.«

Seine Stimme, mehr ein Wispern, war kaum zu hören. Ich musste mein rechtes Ohr fast direkt an seinen Mund halten. »Er, er … sagte etwas von … er sei nur ein … kleines Licht. Er arbeitet für … er sagte seinen Namen nicht. Mehr … weiß … ich … nicht.«

»Okay. Okay. Noch eines, bitte – wer war sein Begleiter?«

»Ein, ein Amerik … aner. Ray sagte, er sei sein …«

Danach verstummte er. Für immer. Ich schloss seine Augen, die nur noch einen gebrochenen Blick zeigten.

Noch einmal atmete ich tief durch und griff nach einer Zigarre, obwohl ich wusste, dass ich diesmal verloren hatte.

Copyright © 2009 by Raphael Marques