Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Im Gespräch mit Jonas Wolf

Geisterspiegel: Hallo Jonas, ich freue mich, dass du dir die Zeit nimmst, mir zu deinem Romandebüt Heldenwinter ein paar Fragen zu beantworten. Nun, ein Debüt ist es unter diesem Namen, den erfahrenen Autor dahinter erkennt man als erfahrener Leser dann doch irgendwie. 🙂

Jonas Wolf: Hallo, liebe Anke! Hallo, liebe Leser! Ich freue mich wirklich sehr, dass ich mich hier zu Wort melden darf. Als Autor sitzt man ja sonst meist allein zuhause rum und hat kaum Möglichkeiten, mit seinen Lesern in Kontakt zu treten. Interviews sind da eine willkommene Abwechslung, die ich immer gerne wahrnehme.

Geisterspiegel: Mit Heldenwinter gehst du nun einen neuen oder besser anderen Weg. Warum hast du dich entschlossen, diesen unter Pseudonym anzutreten?

Jonas Wolf: Ich habe ja in der Tat schon ein paar Romane auf dem Buckel und auch viele treue Fans gesammelt, aber genau der Gedanke an diese Fans war dann der entscheidende Auslöser für die Wahl eines Pseudonyms. Bei meinen bisherigen Büchern habe ich mich mit größter Wonne gegen bestimmte Konventionen und Genremuster gewehrt, weshalb meine Fans von mir in der Regel das Skurrile, Bizarre und etwas Abgedrehte erwarten. Heldenwinter ist nun allerdings ein klassischer Fantasy-Roman, der voll und ganz in der ehrwürdigen Tradition dieses Genres steht – und damit ist er sehr anders als meine bisherigen Bücher. Insofern erschien es mir sinnvoll, ein Pseudonym zu verwenden, um Missverständnisse zu vermeiden. Das Pseudonym ist im Übrigen nicht völlig geschlossen, und es wird also sicher den einen oder anderen Leser geben, der ziemlich schnell darauf kommt, wer sich hinter »Jonas Wolf« verbirgt. Doch eins muss in jedem Fall klar sein: Ein anderer Name steht auch für einen anderen Inhalt.

Geisterspiegel: Deine Vorliebe für Tolkien und Howard erklärst du im Buch selbst. Aber woher kommt diese tiefe Verehrung, um ihnen dann ein Buch nicht nur zu widmen, sondern sich sogar bei ihnen zu »bedienen«?

Jonas Wolf: Bei mir war es ehrlich gesagt genau anders herum: Während der Planung und des Plottens für Heldenwinter wurde immer klarer, dass viele Elemente aus Tolkiens und Howards Werken einfach unverzichtbar für die epische Fantasy sind. Als moderner Fantasy-Autor steht man auf den Schultern von Riesen und genau diesem Umstand wollte ich mich ja stellen, anstatt ihn irgendwie zu kaschieren. Daher ist Heldenwinter letztlich mein ganz persönlicher und bescheidener Dank an diese beiden Urväter des Genres. Sie haben den Autoren meiner Generation so viele faszinierende Bausteine hinterlassen, dass sich daraus immer wieder Neues errichten lässt, in dem zugleich etwas Vertrautes verarbeitet wird. Wenn ich epische Fantasy lese, hat das für mich stets das Gefühl, nach einer langen Reise zuhause in meiner Heimatstadt anzukommen: In meiner Abwesenheit wurde vielleicht hier und da ein bisschen was abgerissen, der eine oder andere Laden hat dichtgemacht, die Lieblingskneipe von früher hat den Wirt gewechselt oder die Preise angezogen, aber am Ende ist es doch schön, einfach daheim zu sein – oder Erkundungsgänge zu unternehmen, um nachzusehen, was sich denn nun genau verändert hat.

Geisterspiegel: Du hast dich in früheren Romanen unter anderem Namen den Zwergen gewidmet, nun den Halblingen. Was gefällt dir an den »Kurzen« besonders?

Jonas Wolf: Die Zwerge und Halblinge sind für mich ein idealer Spiegel des Menschseins, wobei sie natürlich jeweils für sich betrachtet für sehr unterschiedliche Aspekte dessen verstanden werden können, was das Menschsein ausmacht. So begreife ich die Zwerge als Sinnbild für Forscherdrang, das Erkunden unbekannter Regionen (die bei ihnen üblicherweise tief unter der Erde liegen) sowie den Umgang mit Technik. Die Halblinge hingegen beanspruchen in meiner Vorstellung das Gemütliche, das Heimelige, die Ehrlichkeit und die Tapferkeit, die in vielen von uns steckt und sich bisweilen recht unerwartet zeigt. Letzteres – dieses unerwartete Hervorbrechen – kann aber genauso gut für eher unangenehme Wesenszüge wie Verschlagenheit oder Genusssucht gelten (wie einer der Halblinge in Heldenwinter belegt). Noch dazu sind mir beide Völker grundsympathisch, weil sie eben trotz ihrer Andersartigkeit in ihrem Handeln immer nachvollziehbar und verständlich bleiben. Und – das will ich keineswegs verschweigen – mein Herz schlägt für den Underdog.

Geisterspiegel: In meiner Rezension schrieb ich, dass sich etliche Parallelen zu den Werken von Tolkien und Howard finden lassen. Besonders fiel mir das an der Figur Dalarr auf, »Gandalf feat. Conan« oder so ähnlich. Die Charakterisierung Dalarrs ist dir meines Erachtens großartig gelungen. Welche Beziehung hast du selbst zu ihm?

Jonas Wolf: Dalarr war die zentrale Grundidee für Heldenwinter – ein »dunkler Gandalf«, der auszieht, um sich an seinen ehemaligen Weggefährten zu rächen. Diese Idee hat sich natürlich im Lauf der Zeit und beim Schreiben selbst dann noch stark verändert. Besonderer Dank gilt hierbei insbesondere meinen sehr klugen Agenten Roman Hocke und Uwe Neumahr, die mir dazu geraten haben, Dalarr nicht zur Hauptfigur der Geschichte zu machen. Mit dem eher jungen und unerfahrenen Namakan ist der Protagonist dem Leser (und hoffentlich auch der Leserin) viel näher und erst im Kontrast zu Namakan wird auch deutlich, wie übermächtig und unmenschlich Dalarr manchmal ist.
Dalarr ist natürlich – ähnlich wie Conan – eine Art Wunschphantasie: der unbeugsame, nur seinen eigenen Moralvorstellungen verpflichtete Mensch, der sich von nichts und niemandem einschüchtern lässt. Ich hoffe allerdings, dass es mir gelungen ist, auch die Kehrseite dieser Phantasie aufzuzeigen – dahingehend, dass Unbeugsamkeit und Willensstärke allein einen auf überhaupt gar keinen Fall unfehlbar machen. Heldenwinter ist nicht zuletzt ein Roman über den verantwortungsvollen Umgang mit Macht.

Geisterspiegel: In deinem Roman wird unwiederbringlich gestorben. Und doch spielen die Toten bis zum Ende eine Rolle, werden immer wieder erwähnt und haben in den Rückblenden ihre Auftritte. Wie stehst du als Autor und Leser zu vermeintlich toten Helden, die dann im Laufe des Geschehens wieder erscheinen, und die Situation retten?

Jonas Wolf: Das (scheinbare) Töten und anschließende Zurückbringen von Figuren scheint ja in letzter Zeit vor allem George R. R. Martin für sich gepachtet zu haben, wenn ich mir A Dance with Dragons so anschaue. Doch auch Tolkien hat dieses Motiv mit Gandalfs Sturz und Wiederkehr bereits meisterlich eingesetzt. Kurzum: Es ist einer der Bausteine der epischen Fantasy, von denen ich oben schon gesprochen habe.
Ich ganz persönlich schrecke jedoch etwas davor zurück, ihn zu verwenden. In meinen Büchern trägt jeder Tod Bedeutung, jeder Tod löst etwas aus – und zwar in den Lebenden (denn der jeweils Tote »hat es ja hinter sich«). Diese Veränderungen, die in den Mitstreitern und Freunden des Toten, aber auch in seinen Feinden ausgelöst werden, ergeben für mich schon genügend spannende Geschichten. Da muss niemand von den Toten wiederauferstehen.

Geisterspiegel: Die Elfen verschwinden aus der Welt. Auch etwas, was Leser meist kennen. Jedoch läuft es in Heldenwinter etwas anders ab. Ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, dass Elfen nicht zu deinen bevorzugten Anderswesen gehören. Warum ist das so?

Jonas Wolf: Meine absoluten Lieblinge sind die Elfen sicher nicht, denn diesen Platz nehmen für mich schließlich schon die kleinen Völker ein. Ich verspüre den Elfen gegenüber allerdings auch keine großen Antipathien. Ich wollte sie in Heldenwinter vielmehr als wirklich fremdartig darstellen, gewissermaßen als entrücktes Volk, das von der Zeit vergessen wurde. Äußerlich mögen die Elfen den Menschen zwar ähneln, aber kulturell, sozial und hinsichtlich ihrer Mythen sind sie derart anders, dass ihr Verhalten für Menschen nur sehr bedingt nachvollziehbar wird. Genau dieses Gefühl wollte ich vermitteln. Damit wirken sie vielleicht auch ein bisschen weniger sympathisch, doch es ging mir sicherlich nicht darum, den Spitzohren eins auszuwischen.

Geisterspiegel: Was fasziniert dich an Spinnen? Und ist ein gewisses Spinnenwesen als Hommage an Kankra und Ungolianth zu verstehen?

Jonas Wolf: Ich hasse alle Krabbelviecher, und insbesondere Spinnen mit ihren vielen Beinen, Augen und Fangkiefern finde ich besonders gruselig. Zugleich sind sie natürlich perfekt angepasste Jäger, die sich unzählige ökologische Nischen erkämpft haben. Was sie wiederum zu einem perfekten Symbol für die Fantasy macht.
Das von dir angesprochene Wesen ist selbstverständlich auch eine klare Anspielung auf Tolkiens Spinnenmonster, wobei ich mit meiner Kongulwafa jedoch meinen etwas eigenen Weg gehe. Eine zentrale Inspiration war dabei auch Michael Endes Ygramul, die Viele – ein Wesen, das mich als Kind unglaublich fasziniert hat (und ich war damals schwerstens enttäuscht, als es nicht in der Verfilmung aufgetaucht ist).

Geisterspiegel: Ich habe nun mehrfach auf Parallelen hingewiesen, ohne das Wichtigste zu betonen. Trotz bekannter Elemente hast du es geschafft, deine ganz eigene Geschichte zu schreiben, indem du Orte, Personen und Handlungen in einen eigenen Kontext gesetzt hast. Wie ist das alles zusammen entstanden?

Jonas Wolf: Zuerst gab es die Idee einer Rache-Geschichte in einer klassischen Fantasy-Welt. Sehr schnell entstand dann die Figur des Dalarr und bald darauf die des Namakan. Davon ausgehend lief es dann alles wie von selbst.
Schon vor der Entstehung des Romans haben mein Co-Autor und ich beschlossen, unsere gewohnten Pfade zu verlassen: Anstatt gegen die Genrekonventionen aufzubegehren und – übertrieben gesprochen – das Rad immer wieder neu erfinden zu wollen, hatten wir vor, es weniger verbissen-innovativ angehen zu lassen. Diesmal wollten wir die Wellen der Genrekonventionen nicht mehr brechen, sondern auf ihnen reiten, uns von ihnen tragen lassen. Interessanterweise habe ich das dann trotz der unzähligen Muster und Konzepte, an die man sich bei der klassischen Fantasy traditionell so hält, gar nicht als beengend erlebt, sondern als befreiend. Die Fantasy ist ein so ungeheuer vielfältiges und abwechslungsreiches Genre, dass wirklich überall Inspirationen und Ideen lauern. Und auch bei der Ausarbeitung dieser Dinge hat man dann Freiheiten wie in kaum einem anderen Genre.

Geisterspiegel: Du experimentierst sehr gern, versuchst neue Wege zu gehen. Wie schätzt du deine Entwicklung selbst ein?

Jonas Wolf: Ja, wenn man sich meine bisherigen Bücher anschaut, dann merkt man wohl, dass ich gerne und viel experimentiere. Zu Beginn meiner Autorenkarriere war es einfach wichtig für mich, eigene Wege gehen zu können, und ich bin dem Piper Verlag und insbesondere dem dortigen Fantasy-Cheflektor Carsten Polzin sehr dankbar, dass er mir diese Freiheiten gelassen und immer zu mir gestanden hat. Aus diesen Experimenten lernt man aber natürlich auch etwas, und wenn man sich einige Texte »vom Herzen geschrieben« hat, dann ist man einfach freier in seiner persönlichen Entwicklung.
Heldenwinter ist eine Rückkehr zu meinen Wurzeln als Fantasy-Leser und gleichzeitig meine ganz persönliche Liebeserklärung an das Genre. Wenn ich mir die Rückmeldungen zum Buch anschaue, dann scheint man das auch zu merken, denn das Buch atmet geradezu Fantasy und ist ein rundes Gesamtpaket geworden, das hoffentlich auch vielen anderen Leuten zu gefallen weiß.

Geisterspiegel: In der Danksagung erwähnst du einen Co-Autor, der nicht genannt werden möchte, aber einen großen Anteil an dem Buch hat. Wie sah die Zusammenarbeit aus?

Jonas Wolf: Ich arbeite ja schon viele Jahre mit diesem Co-Autor zusammen, und die Zusammenarbeit verläuft eigentlich immer ganz ähnlich. Am Anfang ist da eine Idee, eine Figur oder eine Szene. Aus dieser Idee entsteht dann in einigen Gesprächen (oft auf langen Autofahrten) ein grobes Grundgerüst, das mein Co-Autor als Kurzexposé zu Papier bringt. Das können wir dann zum einen dem Verlag als Arbeitsgrundlage anbieten, es ist aber auch ein Fundament, über das wir beide lange nachdenken. Nach einer gewissen Zeit setzen wir uns dann für Brainstorming-Sessions zusammen. Die können manchmal Tage dauern, und oft geht es dabei auch ziemlich heiß her. Das Ergebnis ist dann ein grober Ablauf mit der kompletten Handlung und den meisten Figuren. Dieser Ablauf wird wiederum in eine saubere, einigermaßen übersichtliche Form geklöppelt, und auf dieser Basis schreibe ich dann das eigentliche Buch.
Während des Schreibens begleitet mich der Co-Autor natürlich und wird zu meinem größten – oder zumindest ersten – Kritiker, der mich auf schwächere Stellen hinweist oder mir dabei hilft, schwere Stellen zu bewältigen und zu strukturieren. Im Lauf der Jahre haben wir uns einfach sehr gut aufeinander eingespielt, sodass dieser Prozess sehr gut und erfolgreich abläuft.

Geisterspiegel: Und teilt er deine Liebe zu Tolkien und Howard?

Jonas Wolf: Im Vorfeld ist er für weite Teile der Recherche zuständig, und die besteht natürlich auch im Lesen von vielen, vielen Büchern. Doch obwohl er so viel liest (und lesen muss), haben sowohl Tolkien als auch Howard ein ganz besonderes Plätzchen in seinem Herzen.

Geisterspiegel: Und wie wird es nun weitergehen? Die Hinweise, die es zum 2. Band Heldenzorn gibt, weisen darauf hin, dass es keine direkte Fortsetzung sein wird. Inwieweit werden die Bände dann zusammenhängen, außer dass sie in der gleichen Welt spielen?

Jonas Wolf: Die Idee hinter dieser losen Reihe ist, dass Leser mit jedem Band in die Geschichte einsteigen können. Der treue Leser erkennt dann Verweise und Hintergründe, die er schon aus den anderen Bänden kennt, dem neuen Leser entgeht aber nicht wirklich etwas, wenn er mit einem späteren Band einsteigt – und wenn es ihm gefällt, kann er ja immer noch einen der vorherigen Bände lesen und hat dann den »Aha-Moment«.
Trotzdem gibt es natürlich bestimmte Motive, die immer wieder auftauchen und eine Rolle spielen werden, und die Geschichte der Welt des Skaldat und ihrer Bewohner wird natürlich auch fortgeschrieben. Heldenzorn spielt zeitlich nach Heldenwinter, und so bekommen die im ersten Buch eingeführten grausamen Pferdestamm-Barbaren im zweiten Buch ein menschliches und gar nicht so grausames Gesicht …

Geisterspiegel: Wie ich dich kenne, hast du mit klassischer Fantasy ganz sicher noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Von welchem Buch aus deiner Feder träumst du, konntest es aber noch nicht verwirklichen? Oder anders gefragt, würdest du auch gern mal in einem anderen Genre schreiben?

Jonas Wolf: *lach* Du schaffst es doch immer wieder, mich mit Fragen zu überraschen. In der Tat darf ich mich auch gerade in einigen anderen Genres wie dem Thriller, dem heiteren Sachbuch und sogar der Sci-Fi austoben. Da diese Bücher aber wiederum unter einem anderen Pseudonym erscheinen, darf ich dazu noch nichts verraten. Der aufmerksame Leser wird schon darauf kommen, was noch aus meiner Feder stammt.

Geisterspiegel: Ich danke dir ganz herzlich für die Beantwortung der Fragen und wünsche dir alles Gute und natürlich allzeit viele Leser.


Cover mit freundlicher Genehmigung des Verlages