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Der Welt-Detektiv Band 6

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Eins plus, eins minus


Eins plus, eins minus oder die Geschichte von der Quote null

Eine Science-Fiction-Kurzgeschichte aus der Feder von C. C. Slaterman

Es war weit nach Mitternacht, als Björn Sanders durch ein Geräusch geweckt wurde, das er nur zu gut kannte. Verschlafen richtete er sich auf, schwang die Beine über den Bettrand und warf irritiert einen Blick aus dem Fenster.
Draußen tanzten inzwischen grellbunte Warnlichter durch die verschneiten Straßen der kleinen Ansiedlung und die Luft war vom Dröhnen schwerer Motoren erfüllt. Grüne, rote und blaue Lichter blinkten durch die Nacht, während ein amphibisches Kettenfahrzeug durch den Ort donnerte. Sander zweifelte keine Sekunde daran, dass der Lärm ihm galt, zumal er hören konnte, wie der tonnenschwere Koloss zielsicher auf seinen stählernen Wohncontainer zusteuerte. Rumpelnd kam das Gefährt schließlich keine zehn Schritte vor dem Haus zum Stehen. Das Röhren der Motoren erstarb und die Lichter erloschen. Für einen Moment wurde es in der Siedlung wieder dunkel und still. Dann öffnete sich die rechte Seitentür des Fahrzeugs mit einem lauten Zischen und das Innere spuckte ein halbes Dutzend Männer aus.
Langsam, wie auf ein stummes Kommando hin schalteten die Soldaten nacheinander die Leuchtstrahler ihrer Raumhelme an und das kalte Licht ließ das ganze Geschehen gespenstisch und unheimlich erscheinen. Inzwischen hatte es auch aufgehört zu schneien, aber es war immer noch empfindlich kalt. Der Anführer der Uniformierten trat vor und bestieg den Vorbau der würfelförmigen Unterkunft, die nahezu ausnahmslos aus grob miteinander verschweißten Metallplatten bestand. Einen Moment lang blickte er sich scheinbar suchend um, dann rammte er den Kolben seiner Strahlenwaffe gegen die Eingangstüre. Die dumpfen Schläge klangen überlaut durch die Nacht und aus dem Haus ertönte das verschreckte Wimmern eines Kindes. Hinter einem Fenster neben dem Eingang flammte ein Licht auf und schlurfende Schritte näherten sich der Stahltür.
»Verdammt, wer ist denn da?«
»Mach die Tür auf, Bürger Sanders. Dann wirst du es erfahren.«
Eine gemurmelte Verwünschung ertönte, dann wurde ein Riegel zurückgelegt und Sekunden später die Tür von Björn mühsam zur Seite geschoben.
Sanders, ein dürrer, mittelgroßer Enddreißiger, war nur mit einem rostroten Unterzeug bekleidet, das ihn noch hagerer erscheinen ließ, als er es ohnehin schon war.
Ungläubig starrte er auf die Soldaten.
»Was soll das, wisst ihr eigentlich, wie spät es ist?«
»Halt bloß dein Maul«, bellte der Anführer der Uniformierten.
»Glaubst du vielleicht, mir macht es Spaß, nachts bei dieser Kälte durch die Gegend zu fahren? Hättest du dich an die Regeln gehalten, wäre uns heute Nacht allen diese Sache erspart geblieben. Aber nein, du Dummkopf musstest deine Frau ja unbedingt ein zweites Mal schwängern, obwohl du genau weißt, dass du damit gegen die Quote verstoßen hast.«
Sanders wurde blass, was aber nicht nur an den eisigen Temperaturen lag.
»Wo … woher wisst, ihr …«
»Dem Rat der Föderation entgeht nichts«, unterbrach ihn sein Gegenüber.
»Dir ist hoffentlich bewusst, dass du mit deinem egoistischen Handeln unsere ganze Gemeinschaft gefährdest? Hat man dir nicht gesagt, dass es auf Milistrius gewisse Regeln hinsichtlich des Verbrauchs an Nahrungsmittel, Trinkwasser und Medikamenten gibt, bevor du deinen Arbeitsvertrag unterschrieben hast? Bis die Rohstoffe hier abgebaut sind, dauert es, was weiß ich noch wie viele Jahre und bis dahin hat sich jeder an den vorgeschriebenen Verbrauch zu halten, auch du. Durch die Vergrößerung deiner Familie verringerst du automatisch die Rationen der anderen.«
Trotz seiner prekären Lage stieg langsam kalte Wut in Björn Sanders auf.
In ohnmächtigem Zorn ballte er beide Hände und starrte in die mitleidlosen Augen seines Gegenübers, dessen Gesicht keinerlei Regung zeigte.
»Tut mir leid, aber ich bin nun mal keine Maschine. Ich bin ein Mensch, verstehst du? Ein Mensch, der Gefühle, Hoffnungen und Träume hat und die sind nicht vorhersehbar oder per Knopfdruck abzurufen.«
Der Soldat zuckte mit den Schultern.
»Das Gesetz auf Milistrius heißt aber Quote null«, erwiderte er gleichgültig.
»Du hast bereits ein Kind, ergo ist deine Quote mit dem Neugeborenen eins plus und das ist strafbar. Lass deine Frau das Kind wegmachen oder wir müssen jemand aus deiner Familie liquidieren. Eins plus kann nur durch eins minus wieder null ergeben, so lauten die Regeln.«
»Ihr Schweine«, keuchte Sanders.
Der Soldat zuckte unbeeindruckt mit den Schultern und hob seinen Waffenarm. Die Mündung der Strahlenwaffe zeigte jetzt genau auf Sanders Bauch.
Resignierend senkte Björn den Kopf.
»Was könnte ich eurer Meinung nach dagegen sonst noch unternehmen?«, fragte er leise.
»Ganz einfach«, erklärte der Uniformierte.
»Wenn du nicht willst, dass jemand aus deiner Familie stirbt, dann komm mit uns und kämpfe gegen einen anderen Quotenbrecher. Diese ganze Brut ist eine einzige Belastung für unseren Planeten. Ihr sind keine produktiven Mitglieder unserer Gemeinschaft, sondern produziert nur nutzlose Esser, aber genau das ist deine Chance. Erledige einen von ihnen und du erhältst wieder die Quote Null.«
Obwohl Sanders klar war, dass dieser uniformierte Scheißkerl vor ihm über das Leben und Sterben von Menschen so gleichgültig daherredete, als tauschten sie Erfahrungen über Kochrezepte aus, stand sein Entschluss längst fest.
Sein Kind sollte leben.
»Wann soll ich mitkommen?«, entgegnete er stoisch.


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