Sagen und alte Geschichten der Mark Brandenburg 63

Der Roland von Rheinsberg und die Remus-Insel
Im Boberow-Wald treibt noch heute Herr von Reisewitz sein Unwesen. Er hat schon so manchen in die Irre geführt, der sich nicht mehr zurechtfand, bis er plötzlich ein Lachen oder Händeklatschen hörte und sah, wo er hingeraten war.
Mit dem Herrn von Reisewitz soll es aber folgende Bewandtnis haben: Er lebte hier unter Prinz Heinrich und hatte alles zu arrangieren. Während Prinz Heinrich im Felde war, richtete er die Boberow-Cavel, die Fortsetzung des Schlossgartens, ein. Weil er beim Prinzen aber verleumdet wurde, machte dieser ihm deshalb Vorwürfe. Da vergiftete sich Herr von Reisewitz. Als Prinz Heinrich aus dem Krieg zurückkam, sah er, wie schön alles geworden war, und es tat ihm sehr leid. Seit dieser Zeit geht Herr von Reisewitz im Boberow-Wald um.
Fontane erzählt die Sage in seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg ähnlich nach mündlicher Überlieferung, nennt ihn v. Reitzenstein und fügt hinzu, man behaupte, er habe sich getötet, indem er einen Diamanten verschluckt habe.
Rheinsberg hatte auch einen Roland, der war ganz aus Gold. Bei einer Gelegenheit ist er verschwunden und wurde im See versenkt. Zwar kennt man den Ort, doch er ist nicht wiederzufinden.
So sagt man jetzt. Feldmann erzählt in seinen schon öfter erwähnten, aus der Mitte des 18. Jahrhunderts stammenden, hinterlassenen Schriften gleichfalls nach mündlicher Überlieferung: »Vor diesem hat in Rheinsberg ein hölzerner Roland gestanden, aber die Prenzlauer haben ihn gestohlen. Auf der Insel bei Rheinsberg sollen die Skelette der Riesen des Roland gefunden worden sein. Rheinsberg hatte in alten Zeiten große Privilegien und Freiheiten, doch ein Schreiber brachte die Bürger um diese, indem er ihre Briefe und Freiheiten auf eine Bürge (eine Trage) legte, Steine darum packte und die Bürge anschließend auf die See brachte und in die See warf, noch vor der Zeit des letzten Justi von Bredow (eines früheren Besitzers von Rheinsberg). Dieser Schreiber wurde nach seinem Tod ins Gewölbe der Kirche beigesetzt und sein Leichnam ist dort nicht verwest, sondern nur vertrocknet, obwohl der vierte Leichnam bei ihm verwest ist.«
Was die Riesenknochen anbetrifft, von denen Feldmann redet, so hat man auf einer Insel im See, die heute Remus-Insel heißt, beim Ziehen eines Grabens vor Zeiten viele Menschenknochen von angeblich auffallender Größe gefunden.1 Außerdem wollte man einige Grabsteine mit eigentümlichen Inschriften und sechs Vögeln darauf gefunden haben, die man für Habichte erklärte. Daraus wurde die kuriose Geschichte gemacht, dies sei das Grab des Remus gewesen, der von seinem Bruder Romulus nicht erschlagen worden sei, sondern sich hierher geflüchtet habe. Daher sei die Stadt auch Remsberg und später Rheinsberg genannt worden. Der Insel ist davon der Name Remus-Insel geblieben.
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