Vidocq – Herrscher der Unterwelt (2018)
Vidocq – Herrscher der Unterwelt
Eugène-François Vidocq ist der wahre Experte, wenn es um kriminelle Machenschaften geht. Er hat nicht nur theoretisch viel Wissen, sondern hat auch selbst etliche Gewalttaten miterlebt und durchlebt. Als sein alter Gegenspieler Maillard ihn jedoch unrechtmäßig des Mordes bezichtigt, fasst Vidocq einen folgenschweren Entschluss: Er wird seine Loyalität wechseln. Mit einem ungewöhnlichen Angebot tritt er an den Chef der Pariser Polizei, Jean Henry, heran. Vidocq setzt seine tiefgründige Kenntnis der kriminellen Welt ein, um Verbrechen aufzuklären. Er fordert dafür lediglich Straffreiheit.
Dieses unerwartete Bündnis stößt jedoch nicht überall auf Zustimmung. Viele sehen in Vidocq eine Bedrohung, die es zu beseitigen gilt, eine Gefahr für die bestehende Ordnung. Auf der anderen Seite erkennt sein ehemaliger Partner in Verbrechen, Nathanaël de Wenger, das enorme Potenzial dieses Paktes. Er hat eine klare Vision: Er will die Dunkelheit der Unterwelt nutzen, um selbst an die Macht zu kommen. Mit Vidocqs Hilfe will er die verborgenen Reiche dominieren.
Ein vielschichtiges Spiel aus Misstrauen und Ambition entfaltet sich. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen Gut und Böse. Es entsteht eine neue Dynamik in den undurchsichtigen Gefügen der Pariser Unterwelt. Vidocqs Entscheidung, den Pfad des Gesetzes zu betreten, eröffnet ein Kapitel voller Spannung und ungeahnter Möglichkeiten.
Eugène-François Vidocq ist definitiv eine der faszinierendsten Figuren in der Geschichte der französischen Kriminalität. Die Wandlung von einem Verbrecher zu einem Verbrecherjäger ist absolut bemerkenswert. Im Jahr 1809 begann er, seine Mitinsassen im Gefängnis auszuspionieren. Er stellte der Polizei dadurch wertvolle Informationen zur Verfügung. Es steht völlig außer Frage, dass Vidocq einen tiefgreifenden Einfluss auf die Entwicklung kriminalistischer Methoden hatte. Manche sehen in ihm sogar den ersten privaten Detektiv. Es ist keine Überraschung, dass sein Leben und seine Taten in zahlreichen künstlerischen Werken thematisiert werden. Es ist eine Tatsache, dass sich sogar prominente Schriftsteller wie Victor Hugo und Honoré de Balzac von ihm inspirieren ließen. Es ist eine Tatsache, dass seine Figur wiederholt in Theaterstücken, Filmen und Comics dargestellt wurde.
Regisseur und Co-Autor Jean-François Richet, bekannt für Das Ende – Assault on Precinct 13 (2005), widmet sich in Vidocq – Herrscher der Unterwelt mit bemerkenswerter Sensibilität dem Beginn der kriminologischen Laufbahn der Hauptfigur. Der Film zeigt eindrucksvoll die Wandlung des Protagonisten. Er hat sich von einem Leben auf der kriminellen Seite gelöst und kämpft fortan gegen das Verbrechen. Um diesen Übergang glaubhaft darzustellen, wird dem Protagonisten eine heroische Qualität verliehen. Er wird in Kontrast zu noch skrupelloseren Verbrechern wie Maillard und Nathanaël de Wenger gesetzt. Wer sich mit solchen Gegnern anlegt, ist eindeutig auf unserer Seite – oder zumindest auf der Seite der weniger Schlimmen, was in diesem Kontext fast genauso wichtig ist.
Es ist offensichtlich, dass dies eine hervorragende Möglichkeit ist, die vielschichtige Persönlichkeit der Hauptfigur darzustellen. Sie pendelt zwischen den Extremen von Gut und Böse. Vincent Cassel hat in Tödliche Versprechen – Eastern Promises (2007) und Dobermann (1997) bereits bewiesen, was in ihm steckt. In dieser Rolle beweist er sein Können, indem er über zwei Stunden hinweg mit ernstem Ausdruck auf der Leinwand agiert, ohne sofort als Hauptantagonist wahrgenommen zu werden. Denis Lavant ist die perfekte Besetzung für die Rolle des ungehobelten und chaotischen Rabauken. Der deutsche Schauspieler August Diehl, der in Vidocq – Herrscher der Unterwelt seine Französischkenntnisse präsentiert, bleibt zunächst undurchschaubar. Seine Darstellung ist subtiler, verführerischer und durchtriebener. Seine grausame Natur offenbart sich bei näherem Hinsehen.
Olga Kurylenko spielt die Baronin zurückhaltend, aber ihre Figur hat einige faszinierende Geheimnisse. Regisseur Jean-François Richet und sein Co-Autor Éric Besnard, bekannt für Filme wie À la Carte! Freiheit geht durch den Magen (2021). Und nach diesem Motto werden wir ein umfassendes Bild der Zeit kreieren. Es mangelt jedoch eindeutig an klarer Struktur und spannender Dramaturgie. Das ist bedauerlich, denn sowohl die Handlung als auch die Auswahl der Schauspieler und die dichte Atmosphäre sind beeindruckend. Der aufwändig inszenierte Kriminalfilm besticht durch eine stilvolle und düstere Bildsprache. Er verwandelt Paris in einen geheimnisvollen Schauplatz. Vidocq – Herrscher der Unterwelt hat die Erwartungen nicht erfüllt und ist an den französischen Kinokassen gescheitert. Das minimiert die Chancen auf eine Fortsetzung. Das Setting hätte definitiv das Potenzial für eine ganze Filmreihe geboten. Es ist definitiv eine gelungene Zeitreise, die ideal für einen entspannten Fernsehabend ist. Es ist klar, dass dies nur der Anfang einer umfassenderen Geschichte ist.
Angaben zum Film:
Originaltitel: L’Empereur de Paris, Land: Frankreich, Jahr: 2018, Regie: Jean-François Richet, Drehbuch: Éric Besnard, Jean-François Richet, Musik: Marco Beltrami, Marcus Trumpp, Kamera: Manuel Dacosse, Besetzung: Vincent Cassel, Olga Kurylenko, August Diehl, Freya Mavor, Denis Ménochet, Fabrice Luchini, Denis Lavant, Patrick Chesnais
(wb)
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