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Das Buch vom Rübezahl – Teil 28

Das Buch vom Rübezahl
Neu erzählt von H. Kletke
Breslau, 1852

28. Wie Rübezahl einen groben Knecht zum Besten hat

Ein Knecht eines Bauern aus Warmbrunn fuhr einmal mit einem Wagen nach Hirschberg, um dort Getreide zu holen. Als er unweit von Hermsdorf kam, stand ein reisender Geselle am Wegesrand und bat darum, ihn ein Stück mitzunehmen. Der Knecht sagte jedoch, er müsse eilen, um bei guter Zeit in die Stadt zu kommen. Da wies der Reisende ihn so derb auf seine Ungefälligkeit hin, dass jener dennoch anhielt und ihn aufsitzen ließ. Nachdem sie eine Weile in starkem Trab gefahren waren, begannen die Pferde, immer langsamer zu gehen, sodass der Knecht fortwährend damit beschäftigt war, sie mit Schreien und Peitschen im Gang zu halten. Als er aber in Kunersdorf durch den Zacken fahren wollte, blieben die Pferde beim Ausgang des Wassers mit dem Wagen stehen und wollten nicht von der Stelle. Der Knecht wusste gar nicht, was er denken sollte, denn die Pferde zogen überhaupt nicht an. Da lachte der Reisende und wollte ihm einen guten Rat geben, wie er es anfangen solle, um weiterzukommen.

Aber der Knecht, den die Sache verdross, entgegnete zornig: »Was versteht ihr vom Fuhrwerk? Das muss ich besser wissen!« Daraufhin nahm er die Peitsche. Als er tüchtig auf die Pferde loshieb, ging eines von ihnen mitten entzwei, sodass die Hälfte zur Erde fiel. Der Knecht erschrak so sehr, dass er vor Angst nicht wusste, was er anfangen sollte. Der Reisende aber sprang vom Wagen und verhöhnte ihn. Es sei ihm recht geschehen für sein grobes Mundwerk, sagte er. Wie sein Bauer ihn loben werde, wenn er so zeitig auf dem Markt erscheine! Da der Knecht nun gar keinen Rat wusste und das Unglück bereits geschehen war, ging er zum nächsten Bauern, erzählte ihm die seltsame Begebenheit und bat ihn um ein Pferd, um den Wagen in die Stadt zu fahren. Der Bauer wollte sich die wunderliche Geschichte selbst ansehen. Als er mit dem Knecht zum Wagen kam, standen beide Pferde munter und gesund davor. Es fehlte ihnen nichts als der Fuhrmann. Wer war nun froher als dieser! Nachdem er sich beim Bauern für dessen Dienstwilligkeit bedankt hatte, fuhr er getrost nach Hirschberg. Als er nahe an das Langgassen-Tor kam, sah er seinen Mitreisenden und wollte ihm sein Abenteuer erzählen.

Er rief: »He, guter Freund, bleib ein wenig stehen!«

Doch der andere tat, als hörte er es nicht, und ging immer weiter zum Tor hinein. Der Knecht, der ihm mit unverwandten Augen nachsah und voller Eifer war, ihn einzuholen, fuhr hart an das Tor an, sodass die Achse zerbrach. Da lag er!

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