Al Capone – Band 16
Al Capone
Band 16
Hat Ed Weller gemordet?
1. Kapitel
Im Mordhaus
Man weiß nicht wie, aber das Gerücht von der Ermordung Mr. Benson Beltmans, des berühmten Zeitungsmanns und Finanziers, hatte sich schon verbreitet, und trotz der späten Stunde versammelte sich vor dem Eingang des Zeitungsgebäudes ein Trupp von Neugierigen.
Die Ankunft der beiden Polizeiautos vergrößerte den Auflauf.
Shoemaker befahl seinen Leuten, die Neugierigen auseinanderzutreiben, um alsdann mit Farrell und zwei weiteren Beamten das Haus zu betreten. Die anderen zwei Polizisten waren dazu bestimmt, Ed Weller im Auto zu bewachen, der, wenn diese Untersuchung beendet sein würde, auf das Polizeipräsidium gebracht werden sollte.
Im Inneren des Gebäudes herrschte ein schreckliches Durcheinander, da zu dieser Zeit alle Redakteure fieberhaft an der Zusammenstellung der ersten Morgenausgabe tätig sein mussten und durch diesen Mordalarm ihren Arbeitsplatz verließen, um in das Zimmer des Direktors zu stürzen.
Dem Faktor der Druckerei war es schließlich gelungen, einen großen Teil der Belegschaft mit Vernunftgründen und Drohungen wieder an den Arbeitsplatz zu bringen.
Shoemaker und Farrell wurden nicht gerade mit besonderen Ehrenbezeugungen empfangen.
Auf den Gesichtern all dieser noch umherstehenden Leute wie Berichterstatter und in höherer Position stehenden Redakteure spiegelte sich deutlich die Empörung über das Verbrechen wider.
»In Chicago lebt man schlimmer als bei den Wilden. Es gibt einfach keine persönliche Sicherheit mehr!«, erklärte einer.
»Die Verbrecher machen sich selbstständig. Das ist unwürdig! Chicago entbehrt jeglichen Schutzes! Wozu haben wir denn die Polizei?«, fragte ein anderer, noch jüngerer Mann, der sich etwas vorgedrängt hatte.
»Die Polizei ist zu nichts gut!«
»Die Gangster bringen tagtäglich anständige Menschen um, und die Polizei kümmert sich absolut nicht darum. Die Ermordung unseres Direktors ist ein schlagender Beweis dafür, was mit unseren Behörden los ist! Die Gangster sind die Herren der Stadt!«
Diese und ähnliche Redensarten wurden in einem Durcheinander geführt, sodass man sein eigenes Wort nicht mehr verstehen konnte.
»Na schön, meine Herren«, rief Shoemaker, der diese Vorwürfe schon erwartet hatte, unbewegt aus. »Ich glaube, dass man mit herabsetzenden Äußerungen über die Polizei das Verbrechen wohl kaum aufklären wird.«
»Dieses Verbrechen wird genauso unaufgeklärt bleiben wie alle anderen auch!«, rief der Chefredakteur, vor den Captain tretend. »Das heißt, es würde ungesühnt bleiben, wenn die Polizei sich mit seiner Aufklärung befassen würde … Aber das kommt nicht in Frage, weil die Reporter unserer Zeitung den Mörder entdecken werden, auch wenn er sich in den Schlünden der Erde verbergen sollte. Außerdem werden wir jetzt gemeinsam in der Presse gegen die legere Haltung der Polizei vorgehen. Wir stehen schutzlos da. Vor Kurzem hat man einen unserer Berichterstatter ermordet, heute ist es unser eigener Chef, der ebenfalls der Rache der Gangster zum Opfer fiel. Scheinbar wollen sie unseren Aufklärungsfeldzug über ihre Untaten mit Terror zum Stillstand bringen …«
»Wir wollen Lärm schlagen … und uns ist es gleich, wenn es Amtsenthebungen hagelt! Falle, wer falle, aber diese Zustände dürfen so nicht weitergehen!«, schrie wieder der junge Mitarbeiter dazwischen.
»Meine Herren, also ich empfehle Ihnen noch einmal, ein wenig Ruhe zu geben, denn mit Redensarten kann ich nichts anfangen«, sprach Shoemaker mit ruhiger Stimme, da er den Zeitungsleuten gegenüber sehr nachsichtig sein wollte, denn sie sind es, die die Wertschätzung auch des bedeutendsten Polizeibeamten bestimmen.
»Ruhe!«, riefen einige Stimmen zugleich. Alle begriffen, dass Ruhe nötig war, damit die Polizei die üblichen Untersuchungen anstellen konnte.
»Ich verspreche Ihnen, dass der Mörder gefasst werden wird«, erklärte Shoemaker feierlich, als er sich wieder Gehör verschaffen konnte. »Ich setze alles daran, schon in meinem eigenen Interesse.«
»Da müssten wir ja schön dumm sein, wenn wir darauf warten wollten, bis die Polizei den Mörder fassen kann«, war die Antwort auf die Versicherung des Captains.
»Das wird man ja sehen!«, warf der Kommissar Octave Farrell dazwischen. »Ich kann ja verstehen, meine Herren, dass Sie aufgeregt sind, aber es bleibt schließlich doch nichts anderes übrig, als in Ruhe Schritt für Schritt Untersuchungen anzustellen und systematisch vorzugehen!«
»Führen Sie mich bitte sofort zu dem Opfer«, befahl Shoemaker, »und bringen Sie den Mann, der das Verbrechen entdeckt hat, schnellstens zu mir.«
Octave Farrell und Shoemaker betraten das Zimmer von Mr. Benson Beltman. Dort, auf dem Boden, in einer Blutlache liegend, konnte man die elegante Gestalt des Mannes sehen, der noch bis vor Kurzem der geschäftsführende Direktor des »CHICAGO HERALD-Zeitungsunternehmens war.
Eine Kugel war ihm in den Kopf gedrungen, und der Tod musste, nach dem Einschuss zu urteilen, auf der Stelle eingetreten sein. Unzweifelhaft war Mr. Benson in dem Augenblick überrascht worden, als er sich anschickte, ein Telefongespräch mit einem Teilnehmer der Stadt zu führen, denn er lag vor dem Apparat, und der Knopf, der für direkte Stadtverbindungen vorgesehen war, war heruntergedrückt.
Das Büro selbst besaß zwei Türen: eine, mit rotem Plüsch ausgeschlagen, den Haupteingang bildend, und eine Nebentür, die auf einen kleinen Korridor führte.
Im Zimmer standen außer den üblichen Möbelstücken noch zwei Schränke, von denen einer als Bücherschrank diente und der zweite, mit undurchsichtigen Glasscheiben versehen, zur Aufnahme von wichtigen Dokumenten vorgesehen war.
Während Farrell sich aufmerksam im Zimmer umsah, wartete Shoemaker voll Ungeduld auf die Ankunft des Mannes, der den Ermordeten entdeckt hatte.
»Ich weiß nicht, ob ich Mut genug habe, ihn noch einmal zu sehen, der in so gemeiner Weise hinterlistig ermordet worden ist«, schluchzte eine Stimme hinter der Tür.
Als sich diese öffnete, trat der unglückliche Diener ein, der wachsbleich war und vor Aufregung zitterte. Es hatte den Anschein, als bringe ihn die Anwesenheit der Polizei noch mehr aus seiner Fassung.
»Sie«, begann Shoemaker, »sind der Erste, der festgestellt hat, was Mister Benson Beltman zugestoßen ist?«
»Jawohl, Herr Kommissar«, stammelte der Angestellte, der als Diener in dem großen Zeitungshaus tätig war.
»Na, nun seien Sie mal ruhig«, versetzte Shoemaker. »Sie sind krank, und ich werde Rücksicht auf Sie nehmen. Bitte setzen Sie sich!«
Die vollständige Story steht als PDF, EPUB, MOBI und AZW3 zur Verfügung.
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