Frank Reade Library – Eine Einführung Teil 1
Frank Reade Library
Eine Einführung
Teil 1
Im späten 19. Jahrhundert erlebte das Genre der Science-Fiction in den Vereinigten Staaten entscheidende Impulse, maßgeblich geprägt durch zwei Schriftsteller: Jules Verne, einen bekannten französischen Literaten, sowie Lu Senarens, der als Hauptautor der Frank-Reade-Jugend-Science-Fiction-Groschenromane gilt.
Jules Verne schuf ein beeindruckendes Œuvre von Romanen, die sich mit außergewöhnlichen Reisen befassten. Diese Erzählungen führten die Leser von der Erde zum Mond, versetzten unseren Planeten in eine hypothetische Umlaufbahn um die Sonne, erkundeten die Tiefen der Ozeane und durchquerten zahlreiche primitive Regionen, ausgestattet mit spekulativen technischen Innovationen. Vernes Werke unterhielten nicht nur Generationen von Jugendlichen sowie Erwachsenen, sondern etablierten auch ein dauerhaftes Muster in der Science-Fiction: die Abenteuererzählung im geografischen Kontext. Ein bemerkenswerter amerikanischer Vertreter dieses Stils war Frank Reade Jr., der über einen Zeitraum von etwa sechs Jahren (1892–1898) nahezu wöchentlich neue mechanische Erfindungen präsentierte. Zu seinen Kreationen zählten elektrisch angetriebene Luftfahrzeuge, welche nach dem Prinzip des Hubschraubers funktionierten und Geschwindigkeiten von über 150 Meilen pro Stunde erreichen konnten, ferner Luftschiffe mit tragflächenbasiertem Auftrieb, U-Boote sowie komplexe kombinierte Fahrzeuge. Obwohl die Frank-Reade-Geschichten letztlich Jules Verne zugerechnet werden können, erlangte der Schöpfer dieser Werke den Beinamen amerikanischer Jules Verne – eine Bezeichnung, die zwar schmeichelhaft, aber möglicherweise übertrieben erscheint –, denn in einigen Aspekten antizipierte Frank Reade gelegentlich Vernes Ideen.
Erste Publikationen solcher bemerkenswerten Erfindungen erschienen in Serien im THE BOYS OF NEW YORK, einem Geschichtenmagazin, das von Frank Tousey zwischen den späten 1870er und frühen 1890er Jahren herausgegeben wurde. Die einzelnen Erzählungen wurden später als separate Hefte in der THE FIVE CENT WIDE AWAKE LIBRARY, einer Groschenromanreihe, die unter dem Titel THE WIDE AWAKE LIBRARY bekannt war, nachgedruckt. Geschichten vor Oktober 1892 machen etwa ein Fünftel des gesamten Frank-Reade-Konstrukts aus.
In der WIDE AWAKE LIBRARY erfreute sich Frank Reade offenbar großer Beliebtheit, weshalb Tousey beschloss, eine eigene Publikation, ausschließlich seinen Abenteuern gewidmet, ins Leben zu rufen. Dies war jedoch kein neuer Trend im Bereich der Groschenromane, da Serien unter den Namen ihrer Helden bereits für Nick Carter, Old Sleuth und Old Cap Collier existierten.
Am 24. September 1892 wurde folglich die FRANK READE LIBRARY gegründet, die bis zum 5. August 1898 existierte, zunächst wöchentlich bis Februar 1894 und anschließend zweiwöchentlich erschien. Insgesamt wurden 191 Ausgaben publiziert, wobei die letzten vier Neuauflagen der ersten vier waren, sodass es 187 verschiedene Geschichten in der Serie gab, von denen etwa ein Fünftel zuvor anderweitig veröffentlicht worden war. Die verbleibenden vier Fünftel stellten neue, speziell für die FRANK READE LIBRARY verfasste Geschichten dar.
Trotz vielversprechender Anfangsaussichten nahm die Popularität der Serie in den letzten beiden Jahren erheblich ab, und Tousey stellte sie schließlich ein. Im Jahr 1902 wurde jedoch beschlossen, die Geschichten in einer neuen Serie unter dem Titel FRANK READE WEEKLY mit farbenfrohen Einbänden neu aufzulegen. Auch dieser Versuch war nicht von Erfolg gekrönt und endete nach 96 Ausgaben. Folglich wurde etwa die Hälfte der Frank Reade-Geschichten seit ihrer ersten Veröffentlichung in der äußerst seltenen FRANK READE LIBRARY nie wieder nachgedruckt.
Für die Jugend der 1880er und 1890er Jahre verkörperten die Frank Reade-Geschichten offenbar das Nonplusultra des Science-Fiction-Abenteuers – ungeachtet unserer heutigen Betrachtungsweise – und wurden beinahe bis zum Ende der Serie gelesen. Hinzu kommt, dass Tousey die FRANK READE LIBRARY auf minderwertigem Zeitungspapier druckte, das erheblich schlechter war als das Papier, welches er für die meisten seiner anderen Publikationen verwendete. Es verwundert daher nicht, dass nur sehr wenige Exemplare überlebt haben und diese in einem maroden Zustand sind.
In der Gegenwart sind diese Ausgaben der FRANK READE LIBRARY von großem Wert. Sie sind nicht nur bei Sammlern von Groschenromanen und Jugendbüchern begehrt, sondern werden auch von Enthusiasten der frühen Geschichte der Luftfahrt geschätzt. Darüber hinaus sind sie für Historiker der Science-Fiction und der populären Literatur von Bedeutung. Obwohl die Frank Reade-Geschichten keinen literarischen Anspruch erheben, verdeutlichen sie eine rudimentäre Art der Integration von Wissenschaft in die Fiktion und spiegeln zahlreiche Sitten und Gebräuche wider, die in der höheren Literatur möglicherweise nicht auftreten, im wirklichen Leben jedoch Einfluss besitzen.
Quellen:
(wb)
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