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Jim Buffalo – 30. Abenteuer – Kapitel 5

Jim Buffalo,
der Mann mit der Teufelsmaschine
Veröffentlichungen aus den Geheimakten des größten Abenteurers aller Zeiten
Moderner Volksbücher-Verlag, Leipzig, 1922
Das 30. Abenteuer Jim Buffalos
Jim Buffalos Teufelsfahrt
5. Kapitel

Ein Sprung zu rechten Zeit

Noch immer sauste der Zug mit unverminderter Schnelligkeit dahin.

Die Passagiere schienen nicht einmal zu ahnen, in welch furchtbarer Gefahr sie sich befanden, welches Los den Führer der Maschine getroffen hatte.

Kein ängstliches Gesicht zeigte sich längs der langen Wagenreihe.

Jim Buffalos Teufelsmaschine war dem Zuge immer näher auf den Leib gerückt.

In der Ferne tauchten bereits die Felsenwände des Evanspasses auf, den der Zug zu durchqueren hatte.

Eine Viertelstunde später durchbrauste er die engen Felsentäler, von deren steil aufragenden Wänden donnernd das Echo des Wagengerassels widerhallte.

Bereits waren die Schluchten durchquert, die enge Felsengasse öffnete sich wieder und ließ jenseits der Schlucht eine eiserne Brücke schauen, die über eine tiefen Abgrund führte.

Aber noch war nichts geschehen, was Jim Buffalo hätte sonderlich beunruhigen können.

Sollten die Verbrecher ihren Plan wieder aufgegeben haben? Oder befand sich Joe, der das verabredete Zeichen geben sollte, gar nicht mehr im Zuge?

Wenn die Brücke überquert war, lag wieder freies Land vor ihnen.

Da weiteten sich plötzlich Jim Buffalos Augen.

Aus einem der Wagen heraus, es mochte der Gepäckwagen sein, streckte sich ein Arm mit einer kleinen Fahne, die er dreimal kurz hintereinander hin und her schwenkte.

Das Zeichen, was Joe in seinem Gespräch mit seinen Kumpanen erwähnt hatte.

Jim Buffalo sollte zu seinem Schrecken auch bald genug erfahren, was dies zu bedeuten hatte.

Der Arm war wieder verschwunden.

Da blitzte es plötzlich vor ihm auf. Ein Donnern und Krachen erfüllte minutenlang die Luft, vor seinen entsetzten Augen schoss eine feurige Flammengarbe zum Himmel auf, und als sie sich wieder in leichte Rauchwolken verflüchtigt hatte, sah er vor sich die gesprengten Trümmer der Brücke in die Luft hineinragen.

»Die Schurken haben die Brücke in die Luft gesprengt«, wandte sich Jim Buffalo mit bleichem Gesicht an seine beiden Begleiter.

»Und der Zug ist verloren, wenn er nicht vor der Brücke zum Halten gebracht wird«, stammelten diese mit zitternden Lippen.

Das donnerähnliche Krachen hatte auch die Passagiere aus ihrer Ruhe aufgeschreckt. An den aufgerissenen Fenstern zeigten sich verstörte, bleiche Gesichter, die, das Furchtbare ihrer Lage rasch erkennend, in laute Hilferufe ausbrachen.

»Wo ist der Maschinist? Ist er verrückt geworden, dass er nicht sehen kann?« tönten die Rufe wild durcheinander.

Noch wusste ja keiner von den Unglücklichen, dass der Zug führerlos war.

Und immer näher raste der Zug an die eingestürzte Brücke heran.

Kaum noch einige tausend Meter trennten ihn von der Stelle. Minuten, wahnsinnige bange Minuten für die Passagiere, die ihren Tod vor Augen sahen.

Die Verzweiflung war bereits so weit gestiegen, dass die Zuginsassen nicht mehr wussten, was sie taten.

Koffer und Pakete flogen wahllos aus den Fenstern, als ob es gelte, zunächst unnützen Tand statt das kostbare Leben in Sicherheit zu bringen.

Aber wer hätte es auch wagen wollen, aus dem dahinsausenden Zuge zu springen? Er wäre unfehlbar an den Felswänden zerschellt oder mit zerbrochenen Gliedern liegen geblieben.

In das Rollen der Räder mischten sich jetzt laute, wahnsinnige Jammerschreie.

Es war ein entsetzliches Bild, dieser führerlos dahinrasende Zug mit seinen zu Tode geängstigten Passagieren, denen von vorn die krummgebogene Eisengestänge der Brücke wie drohende Gespensterfinger entgegenzuwinken schienen.

Doch was war es, was ihre Blicke hoffnungsfroh aufleuchten ließ?

Wie ein Schatten huschte das Teufelsauto an dem Zug entlang.

Der Autokundige hatte sich auf einen kurzen Anruf Jim Buffalos neben diesen auf den Führersitz geschwungen und hielt jetzt das Steuer mit fester Hand gepackt.

Jetzt war das Auto an dem Güterwagen. Aus einem derselben grinste ihnen das wutverzerrte Gesicht Joes entgegen.

Wie entgeistert starrte er auf den Mann mit dem blutigen Tuche um die Stirn.

Waren die Toten wieder auferstanden?

Er riss seinen Revolver hervor und drückte auf Jim Buffalo ab.

Aber die Hand, die sich gerühmt hatte, jeden stumm zu machen, zitterte, die Kugel pfiff über das Auto hinweg und schlug klatschend gegen die Felswand.

Jetzt fuhr das Teufelsauto dicht neben der führerlosen Maschine her.

Noch tausend Meter trennten dieselbe von der Absturzstelle.

Jim Buffalo hatte sich emporgeschnellt; wie ein sprungbereiter Tiger stand er da, die Augen starr auf die Lokomotive gerichtet.

Dann ein befreiendes, brausendes Hallo aus hunderten von Kehlen.

Blitzschnell war Jim Buffalo auf die führerlose Maschine gesprungen.

Das Auto aber mäßigte seinen tollen Lauf und blieb endlich fauchend stehen.

Bange Minuten der Erwartung folgten.

War der wagemutige, tollkühne Sprung geglückt?

Da, ein neuer Jubelruf.

Kreischend und knarrend zogen die Bremsen an.

Noch einige hundert Meter schoss die Maschine vorwärts, als ob sie sich der bändigenden Hand entreißen wollte, dann blieb sie stöhnend stehen.

Gerade zur rechten Zeit und im letzten Augenblick, denn kaum fünfzig Meter weiter gähnte der schauerliche Abgrund mit dem brodelnden Wasser zu den entsetzten Passagieren auf.

»Gerettet!«

Weinend vor Freude sanken sich die Leute in die Arme oder fielen in die Knie, um Gott für die Rettung zu danken, die er ihnen in letzter Stunde in der Gestalt jenes wackeren, todesmutigen Mannes gesandt hatte, der bleich aber mit leuchtenden Augen, einer Ohnmacht nahe, sich auf den rettenden Hebel stützte.

Jim Buffalo war bei dem furchtbaren Sprung mit der verletzten Stirn gegen die Eisenwand der Maschine gestoßen und nur mit Aufbietung aller seiner Willenskraft hatte er es vermocht, den Hebel herumzureißen.

Schwankend, einem Trunkenen gleich, das Gesicht über und über mit Blut bedeckt, taumelte er einem der rasch hinzuspringenden Männer in die Arme.

Durch den inzwischen hinzugekommenen Maschinisten erst erfuhren die Passagiere, in welch furchtbarer Gefahr sie schon seit langem geschwebt hatten.

Bleich und stumm, mit gefalteten Händen umstanden sie den heldenkühnen Mann, dem sie ihr Leben zu verdankten hatten und der jetzt die Augen wieder aufschlug.

Stundenlang wurde die Umgegend nach den Goldräubern durchforscht, aber vergebens. Selbst dem wilden Joe war es in der allgemeinen Verwirrung gelungen, zu entkommen. Nur die Reste der gesprengten Brücke bekundeten, welch ein teuflischer Plan durch das heldenkühne Eingreifen Jim Buffalos vereitelt worden war.

Nicht enden wollende Jubelrufe priesen den Namen Jim Buffalos, der, wieder zu sich gekommen, sich der Danksagungen kaum erwehren konnte, bis die laute Stimme des neuen Maschinisten zum Einsteigen aufforderte.

Voran das Teufelsauto, fuhr der gerettete Zug nach Laramie zurück, wo seine Ankunft die angstvolle Spannung in lauten, nicht enden wollenden Jubel auslöste.

Nach allen Windrichtungen sendete der Telegraf die Kunde von dem geplanten Goldraub und in spaltenlangen Artikeln priesen die Blätter die tollkühne Teufelsfahrt Jim Buffalos, der durch seine unvergleichbare, kühne Heldentat hunderten von Menschen das Leben gerettet, einem grausigen Tode entrissen und den Staat vor einem herben Verlust bewahrt hatte.

Einige Tage später fand man die Leichen der Verbrecher in der Schlucht zerschmettert auf.

Einige Wochen lang musste die gesperrte Strecke umgeleitet werden, bald aber entstand eine neue Brücke; und das dankbare Amerika nannte sie zu Ehren Jim Buffalos die Teufelsbrücke.

Und wenn die Reisenden hier vorüberfuhren, dann erzählten sie sich schaudernd und begeistert zugleich von der Teufelsfahrt Jim Buffalos.

Ende

 

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