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Jim Buffalo – 30. Abenteuer – Kapitel 4

Jim Buffalo,
der Mann mit der Teufelsmaschine
Veröffentlichungen aus den Geheimakten des größten Abenteurers aller Zeiten
Moderner Volksbücher-Verlag, Leipzig, 1922
Das 30. Abenteuer Jim Buffalos
Jim Buffalos Teufelsfahrt
4. Kapitel

Hinter dem führerlosen Zug her

Die Morgennebel brauten aus der weiten Fläche der Prärie auf, durch die sich die Bahngeleise wie zwei silberne Schlangenlinien hinzogen.

Ab und zu kreuzte ein Rudel Hirsche die Bahn, um dann wieder im hohen Präriegras zu verschwinden.

Endlich tauchte vor ihm das Stationsgebäude von Laramie auf.

Aber von dem haltenden Zug vermochte Jim Buffalo nichts mehr zu erblicken. Jedenfalls mochte er aber eben erst die Station verlassen haben, denn noch bemerkte er ein ungewöhnlich lebhaftes Treiben auf der Station.

Wie vor einem Gespenst stoben die Leute auseinander, als, wie aus der Erde gewachsen, das Teufelsauto vor ihnen auftauchte.

»Jim Buffalo, der Mann mit der Teufelsmaschine!«

Wie ein rettender Aufschrei klang der Name aus Hunderten von rauen Kehlen.

»Ihr müsst dem führerlosen Zug nach, ihn retten!«

Jim Buffalo brauchte nicht erst zu fragen, was in den verstörten Gesichtern der Männer geschrieben stand, es war bereits geschehen, was er noch zu verhindern gehofft hatte.

Abseits auf einer Bahre ruhten zwei verhüllte Gestalten, die Leichen des erschossenen Lokomotivführers und seines Heizers, die einer Schurkentat zum Opfer gefallen waren.

»Der Zug war eben im Abfahren, als zwei Schüsse fielen«, erzählte der Stationsvorsteher mit fliegendem Atem. »Nun rast der Zug führerlos dahin und wer weiß, was noch für ein Unglück passiert, wenn es nicht gelingt, ihn zum Stehen zu bringen.«

»Habt ihr die Mörder erwischt?«

»Nein! Die Tat geschah so überraschend, dass, ehe wir zur Besinnung kamen, die feigen Mörder schon wieder verschwunden waren.«

»Und was ist sonst geschehen?«, fragte Jim Buffalo.

»Alles, was unter solchen Umständen geschehen konnte! Alle Stationen sind telegrafisch benachrichtigt, aber was gibt es für Mittel und Wege, den Zug zum Halten zu bringen? Er wird so lange laufen, bis der Dampf ausgeht.«

»Bis zu den Schluchten des Evans-Passes!«, versetzte Jim Buffalo finster.

In kurzen Worten berichtete er das Vorgefallene und welche Gefahr dem Zug drohe. Diese Erörterungen riefen eine ungeheure Bestürzung unter den Anwesenden hervor.

»Meine Frau ist dabei!«, schrie ein junger Mann in heller Verzweiflung, sich die Haare raufend.

»Meine Mutter … mein einziges Kind!«, jammerten andere.

Und noch viele wilde Ausbrüche der Verzweiflung musste Jim Buffalo hören.

Der Stationsvorsteher hatte ihm ein Glas Grog gebracht, das er mit einem Zug leerte.

»Wann ist der Zug abgefahren?«

»Vor kaum zehn Minuten!«

»Und wie lange braucht er bis zu den Schluchten?«

»Zwei Stunden!«

»Wenn ihm bis dahin die Puste nicht ausgeht!«, scherzte Jim Buffalo trotz des Ernstes der Lage.

»Mut, Gentlemen! Den Zug gedenke ich mit meiner Maschine schon noch einzuholen!«

»Ihr wollt dem führerlosen Zug nach, ihn aufhalten?«, tönte es ihm jubelnd entgegen.

»Well, wozu bin ich sonst hier? Ich muss diesem Schuft doch zeigen, dass es noch härtere Köpfe in der Union als seine Eisenfaust gibt. Aber ich brauche einen Mann, der eine Auto zu steuern versteht.«

Ein Dutzend Hände streckten sich ihm entgegen.

»Nehmt mich mit, Mister Buffalo! Ich fahre Euch wie der Teufel selbst!«

»Oho, das besorge ich vorläufig schon selbst«, erwiderte Jim Buffalo. »Ich möchte meine Maschine nur wohlbehalten wiederfinden, wenn ich den tollgewordenen Train zur Vernunft gebracht habe. Ist auch ein Führer anwesend?«

Auch davon meldeten sich einige, und wenige Minuten später sauste das Teufelsauto mit den drei tollkühnen Männern in den aufgehenden Morgen hinein dem führerlosen Zug nach.

Wie ein Pfeil schoss das Teufelsauto dahin.

Der Motor ratterte und knatterte, und Scharen scheu aufgescheuchter Vögel umflatterten ängstlich das Gefährt, das wie in eine Staubwolke gehüllt schien.

Eine ganze Stunde währte die tolle Fahrt. Sicher und fest hielt Jim Buffalo das Steuer mit der nervigen Faust umspannt, die Augen unausgesetzt auf unebene Stelle des Bodens gerichtet, die er in kühnen Bogen geschickt zu umgehen wusste.

Seine beiden Begleiter lehnten sprachlos in den Polstern, krampfhaft sich festhaltend, um bei dem Schütteln und den Stößen des Wagens nicht hinausgeschleudert zu werden.

Da stieß Jim Buffalo einen lauten Jubelruf aus.

»Da ist der Zug!«, frohlockte er, auf einen winzigen Punkt deutend, der in der Ferne auftauchte und zusehends größer und größer werdend vor ihnen dahinraste.

»Jetzt haben wir gewonnen!«

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