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Alex Michaelides – Die stumme Patientin

Alex Michaelides – Die stumme Patientin

Die Malerin Alicia Berenson soll ihren Ehemann, Gabriel Berenson, mit fünf Schüssen ins Gesicht getötet haben. Man hat sie neben ihm gefunden, und sie war blutüberströmt. Gabriel ist ebenfalls Künstler gewesen, ein bekannter Modefotograf. Man fand ihn an Hand- und Fußknöcheln mit Draht an einen Stuhl gebunden.

Alicia hatte sich mehrmals mit einem Messer tief in die Handgelenke geschnitten und blutete stark. Als die Polizei sie fand, wehrte sie sich gegen die Bemühungen der Beamten, ihr Leben zu retten. Drei Officer mussten sie überwältigen und ins Hospital bringen. Sie überlebte.

Am folgenden Tag wollte die Polizei Alicia im Krankenhaus im Beisein ihres Anwalts befragen, aber sie beantwortete keine Fragen. Sie konnte, wollte nicht sprechen. Sie redete auch weiterhin nicht, auch nicht, als man sie wegen des Mordes an Gabriel anklagte und schwieg auch, als sie verhaftet und in Arrest genommen wurde. Sie weigerte sich, zu leugnen oder ihre Schuld zuzugeben und sprach lange Zeit nicht mehr.

Dieses Schweigen machte die Geschichte statt einer normalen häuslichen Tat zu etwas Mystischem, einem Rätsel, das die Schlagzeilen der Presse bestimmte und die Öffentlichkeit monatelang fesselte.

Aber Alicia äußerte sich auf andere Weise. Sie malte ein Bild, nachdem sie aus dem Krankenhaus entlassen war und unter Hausarrest gestellt wurde, kurz bevor der Fall vor Gericht verhandelt wurde. Ihre vom Gericht bestellte psychiatrische Betreuerin äußerte, dass Alicia kaum aß und schlief und stattdessen malte, um ihr Bild fertigzustellen.

Normalerweise fertigte Alicia unendlich viele Skizzen, gestaltete und verwarf den Aufbau des Bildes mehrmals und experimentierte mit Farben und Formen, bis sie jeden Pinselstrich gewissenhaft vornahm. Jedes Bild durchlief also einen langen Reifungsprozess. Dieses Bild allerdings stellte sie in wenigen Tagen nach dem Mord an ihrem Ehemann fertig.

Die meisten Menschen, die sich mit dem Mord und Alicia beschäftigten, verteufelten sie deshalb. So kurz nach dem Tod ihres Ehemanns ins Atelier zurückzukehren und zu malen, hielten sie für gefühllos. Alicia schien für sie keinerlei Reue zu zeigen und eine kaltblütige Mörderin zu sein, fast sogar ein Monster.

Bei dem Bild handelte es sich um ein Selbstporträt. Sie betitelte es mit dem Namen Alkestis.

Theo Faber, Psychiater und Ich-Erzähler der Geschichte, verfolgt die Presseartikel, Radiosendungen und Morgen-Talkshows über Alicia, den Mord und die Verhandlung der Tat vor Gericht.

Die Verteidigung plädierte auf verminderte Schuldfähigkeit wegen psychischer Probleme, und Lazarus Diomedes, Professor für Forensische Psychiatrie und Direktor des Grove, einer psychiatrischen Klinik mit forensischer Sicherheitsstation in North London, bewegte den zunächst skeptischen Richter dazu, Alicia nicht zu einer Gefängnisstrafe zu verurteilen, sondern in psychiatrische Sicherheitsverwahrung im Grove zu geben. Dort stand sie nun unter Aufsicht eben jenes Professors.

Fast sechs Jahre, nachdem Alicia dort eingewiesen wurde, wird im Grove die Stelle eines forensischen Psychotherapeuten frei. Als Theo Faber die Annonce liest, weiß er, dass ihm keine andere Wahl bleibt. Er bewirbt sich, bekommt die Stelle und will mit Alicia arbeiten und sie zum Sprechen bringen.

 

Alex Michaelides gibt mit Die stumme Patientin ein Debüt, dass manchem erfahrenen Hasen zur Ehre gereichen würde.

Man kann nachvollziehen, dass der Autor Psychotherapeut ist und in der Psychiatrie gearbeitet hat. Seine Beschreibung der psychologischen und klinischen Aspekte im vorliegenden Thriller zeugt von Kompetenz, Einfühlungsvermögen und Erfahrungen auf psychiatrischem Gebiet.

Zudem breitet er vor seinen Lesern eine Geschichte aus, in der er höchst geschickt und punktgenau seine Akzente setzt und sein Publikum von der ersten bis zur letzten Seite fesselt.

Interessant an seiner Geschichte ist es, dass nicht allein die vermeintliche Mörderin Alicia von Beginn an im Mittelpunkt steht, sondern dass sein Ich-Erzähler, Theo Faber, ebenfalls eine große Präsenz im beschriebenen Fall zeigt und genauso wichtig wird wie Alicia.

Das Buch von Alex Michaelides ist, um es auf den Punkt zu bringen, nicht nur ein spannender, verwickelter Psychothriller, sondern zudem auch ein Kriminalroman, den man kaum besser schreiben kann. Ein solches Debüt gelingt in dieser Welt nicht ganz so vielen Autoren, und so muss man dem Schöpfer von Die Stumme Patientin ein außerordentliches Talent bescheinigen.

Fazit:

Alex Michaelides ist ein Autor mit großem Talent, und er schreibt mit Die stumme Patientin einen Debütroman, der fast alle Wünsche erfüllt. Das Buch ist ein Psychothriller par excellence und darüber hinaus ein ausgesprochen klug angeordneter Kriminalroman, den ich jedem Leser empfehlen kann, der gerne psychologisch fundierte Spannungsliteratur konsumiert. Von Alex Michaelides wird künftig wohl noch eine Menge zu erwarten sein.

Der Autor:

Alex Michaelides ist 1977 auf Zypern geboren und dort auch aufgewachsen. Er studierte Englische Literatur in Cambridge, wurde Drehbuchautor in Los Angeles und arbeitet als solcher. Seine Drehbücher waren bisher sehr erfolgreich und Vorlage für bekannte Kinofilme mit Stars wie Uma Thurmann, Tim Roth, Sophia Vergara und Stephen Fry.

Zudem ließ der Autor sich zum Psychotherapeuten ausbilden und arbeitete in einer psychiatrischen Klinik für Jugendliche.

Die stumme Patientin ist sein erster Roman. Er stand in den USA länger als ein Jahr auf der New York Times Bestsellerliste und erschien in 51 Ländern. Die Auflage seiner Thriller beträgt mittlerweile 6,5 Millionen Exemplare.

Michaelides lebt in London.

Quellen:

Bilder:

  • Cover des Romans. Mit freundlicher Genehmigung der Verlagsgruppe Droemer Knaur.
  • Foto des Autors. Copyright: Wolf Marloh. Ebenfalls mit freundlicher Genehmigung der Verlagsgruppe Droemer Knaur.

(ww)

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