Sagen der mittleren Werra 79
Von der Höhle im Höchheimer Holz
In dem Höchheimer Holz, östlich von Bad Liebenstein, soll sich eine Höhle befinden, zu der nun jedoch niemand mehr den Eingang zu finden weiß. Die Venediger aber, die sich vor langen Jahren in der Gegend umhertrieben, kannten sie genau und füllten dort in der Johannisnacht ihre Säcke mit brauner Erde, die sie dann vergnügt in ihre Heimat trugen und in gediegenes Gold verwandelten.
Einstmals waren den Welschen einige junge Bursche in jener Nacht nachgeschlichen und hatten sich den Eingang gut gemerkt. Als nun jene die Gegend verlassen hatten, schlichen die neugierigen Burschen in die Höhle, fanden aber nichts als einiges Gerät vor, welches die Venediger dort zurückgelassen hatten.
Da sie ein arges Grauen überfiel, so machten sie sich, ohne etwas anzurühren, so schnell wie möglich aus dem Staub.
Dem alten Knieling in Steinbach aber, bei dem die Venediger oft einkehrten, sagten diese bei ihrer Rückkehr im folgenden Jahr, dass ihnen der Berggeist in jener Höhle den Besuch der jungen Bursche mitgeteilt habe und es ein Glück für diese gewesen sei, dass sie dort nicht narriert hätten, sonst hätte keiner die Höhle lebendig wieder verlassen.
Vom Schäfer am Höchheimer Holz
Der Schäfer von Bairode hütete einst seine Herde am Höchheimer Holz. Da entfernte sich eines seiner Schafe von den übrigen. Er nahm daher einen Stein auf seine Schöpfe, um dem Tiere einen Denkzettel anzuhängen.
In diesem Augenblick jedoch wurde ihm die Schöpfe von hinten mit den Worten festgehalten: »Halt Freund! Was wollt Ihr beginnen! Der Stein ist mehr wert als Eure ganze Herde.«
Hiermit nahm der Sprecher, der kein anderer als einer der Venediger war, dem verdutzten Schäfer den Stein von der Schöpfe, schlug ihn mit seinem Hammer an und zeigte ihm das pure glitzernde Gold. Darauf steckte der Welsche den Stein in die Tasche und verschwand im Wald.