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Der Welt-Detektiv Band 6

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Jim Buffalo – 23. Abenteuer – Kapitel 1

Jim Buffalo,
der Mann mit der Teufelsmaschine
Veröffentlichungen aus den Geheimakten des größten Abenteurers aller Zeiten
Moderner Volksbücher-Verlag, Leipzig, 1922
Das 23. Abenteuer Jim Buffalos
Der Prärieteufel
1. Kapitel

Ein Hilferuf Bill Cnox’

Jim Buffalo spazierte, gemächlich seine Pfeife dampfend, auf dem Perron des Hauptbahnhofes zu Denver umher, auf seinen Zug wartend, der ihn mit seinem Auto wieder nach San Franzisco zurückbringen sollte. Mit Interesse blickte er in das Menschengewühl, das sich bei der Abfahrt eines Zuges in der großen Abfahrtshalle abspielte.

Da stand neben dem eleganten Stutzer mit einem halben Dutzend Riesenkoffern der sonnenverbrannte Wildwestmann, auf seine Büchse gestützt; dort eine Goldgräbergruppe mit Hacken und Schaufeln; da ein breitschultriger Flatbootmann vom Mississippi mit einem Farmer plaudernd, während mitten unter den gestikulierenden und hastig hin und her rennenden Leuten ein roter Sohn der Prärie mit dem stoischen Gleichmut der Indianer auf dem Boden hockte.

Kofferträger schoben sich durch die dichtgedrängte Menge, unbekümmert, ob ihre Lasten diesen oder jenen etwas zu unsanft berührten, während fliegende Händler mit geradezu virtuoser Gewandtheit auf dem schmalen Damm dahinbalancierten.

Es war längst über die Zeit, zu welcher der West-Express abfahren sollte. Mit begreiflicher Ungeduld blickten die Fahrgäste nach dem Zug aus, der sich noch immer nicht zeigen wollte. Welchen Grund diese Verzögerung hatte, darüber sollte das Publikum nur zu bald aufgeklärt werden, denn mit rasender Schnelligkeit brauste nun der von Westen kommende und schon längst fällige Zug der Central-Pacific-Railroad in die Halle.

Aber wie sah der sonst so elegante Zug aus? Fast sämtliche Fenster waren zertrümmert, die Türen eingeschlagen, die Waggonräder zeigten vielfache Kugelspuren, und wenn man sonst im Unklaren darüber war, was dem Zug wohl passiert sein könne, so brauchte man nur auf die entsetzensbleichen Gesichter der Fahrgäste zu schauen, die, sobald der Zug hielt, mit wilder Hast von den Wagen heruntersprangen.

Vorn an der Maschine waren einige rasch herbeigeeilte Bahnbeamte eben damit beschäftigt, den Lokomotivführer von der Maschine zu heben. Zu ihrem Entsetzen bemerkten die Umstehenden, dass der Mann aus einer Kopfwunde blutete. Nur mit Aufbietung seiner letzten Kräfte hatte er den Zug bis hierher fahren können. Von dem Heizer war keine Spur zu sehen.

Rasch war die eigene Hast und Eile vergessen, alles drängte sich um die ausgestiegenen Passagiere, sie mit Fragen bestürmend.

»Was ist geschehen? Was ist Euch passiert?«, hallte es durcheinander.

Aus all den wirren Fragen und Antworten hörte man aber nur den einen Namen Prärieteufel heraus. So hatte man in wenigen Minuten erfahren, dass der Zug unweit des Evans-Passes von einer verwegenen Bande zum Stehen gebracht worden und seine Passagiere aller ihrer Schmucksachen und Gelder beraubt worden wären.

Zum Kampf war es bei dem unerwarteten Überfall gar nicht erst gekommen, so überraschend schnell hatten die Räuber die Wagen besetzt. Nur der Führer der Maschine war durch einen Revolverschuss gestreift worden. Von dem Heizer wusste man nichts zu sagen. Er war wohl mit einigen anderen Herren, die man jetzt erst vermisste, in die Hände der Banditen gefallen.

Die Entrüstung über diesen frechen Überfall war allgemein und sofort wurden Rufe nach dem Zug laut, der nun eben auf dem anderen Geleis langsam in die Halle dampfte.

»Polizei her! Man muss die Schurken verfolgen!«

Von wildem Kampfesmut beseelt schob und drängte alles in die Abteile, gar nicht überlegend, dass diese Hast eine ganz unnötige sei, zumal sich doch jeder ruhige denkende Mensch sagen musste, dass die Banditen nicht erst auf das Eintreffen des nächsten Zuges warten würden und mit ihrem Raub schon längst geflohen waren.

Jim Buffalo sprach eben noch mit einem der Mitreisenden, der seine bei dem Überfall bewiesene Tapferkeit ins rechte Licht zusetzen versuchte, als eine junge Dame rasch auf den Ersteren zueilte und ihn in ihrer begreiflichen Aufregung, die noch auf ihrem marmorbleichen Gesicht geschrieben stand, freudig und erstaunt zugleich ansprach.

»Sehe ich denn recht, Mister Buffalo, Sie hier?«, sprudelte sie hervor und fasste beide Hände Jim Buffalos. »Sie kommen mir wie gerufen, wie ein Engel vom Himmel herunter, obwohl solche sonst nicht unter den Menschen zu wandeln pflegen. Nun bin ich aus aller Not und Sorge, nun weiß ich, dass sie unseren gemeinsamen Freund Bill Cnox rächen werden.«

»Sie hier, Miss Gardie?«, gab Jim Buffalo ebenso erstaunt zurück.

»Und Sie sagen, Mister Cnox sei in Gefahr?«

»In der größten sogar, wenn ihm nicht bald Hilfe kommt!«, versetzte die junge Dame im Ton höchster Besorgnis. »Bitte, beeilen Sie sich, der Zug wird gleich abfahren.«

»Mit dem Zug, wenn Hilfe so nottut?«, gab Jim Buffalo zurück. »Wozu hätte ich denn meine Teufelsmaschine? Ich denke, damit werden wir schneller ans Ziel kommen. Bitte, einen Augenblick, ich bin gleich wieder zurück.«

Mit diesen Worten eilte Jim Buffalo auch schon davon, nach dem Güterwagen zu, wo man soeben im Begriff stand, das Auto in den Wagen zu schieben.

Gleich darauf brauste der Zug aus der Halle. Jim Buffalo geleitete Ellen Gardie zu seinem Auto, das er inzwischen wieder gebrauchsfertig gemacht hatte.

»Well, Miss, vorerst geht es direkt nach Westen, bis Sie mir erzählt haben, was sich eigentlich ereignet hat.«

»Das ist schnell genug berichtet«, gab die junge Dame zurück, während eine leichte Röte über ihr immer noch bleiches Gesicht huschte.

»Wir befanden uns im Speisewagen und dachten an alles andere als an einen Überfall, als plötzlich das gellende Pfeifen der Lokomotive ertönte. Und ehe wir nur wussten, was dies zu bedeuten habe, hielt auch schon der Zug, die Türen wurden aufgerissen und mit der freundlichen Einladung Hands up sahen wir ein Dutzend Büchsenläufe auf uns gerichtet.«

»Und die Herren der Schöpfung, die sich sonst so gern zu Rittern aufwerfen, hatten nichts Eiligeres zu tun, als diesem Gebote zu folgen?«, prustete Jim Buffalo verächtlich auf.

»Was wollen Sie, Mister Buffalo? Es ist keine angenehme Sache, ein Lot Blei im Magen zu haben, wenn man dafür nur die Geldbörse einzutauschen braucht. Wenigstens erklärte der Anführer der Banditen, dass die Gents nur unbesorgt sein sollten, da er es nur auf ihre Börsen abgesehen habe.«

»Und Mister Cnox?«

Die Augen Miss Ellens flammten in heller Begeisterung auf.

»War natürlich anderer Meinung, wie Sie sich wohl denken können. Dank seiner merkwürdigen körperlichen Beschaffenheit braucht er Kugeln nicht zu fürchten, und so warf er sich kurz entschlossen auf den Anführer und diesen mit seiner Kumpane zum Wagen hinaus. Sie hätten sehen sollen, was die dummen Kerle für Augen machten, als Bill Cnox seine Visitenkarte links und rechts auf ihre Rücken schrieb, während ihre Messer nicht einen Tropfen Blut fließen machten. Das Entsetzen mag wohl einen guten Teil dazu beigetragen haben, dass Cnox so rasch mit den Burschen fertig wurde. Aber die Burschen hielten zu fest, dass es ihm nicht gelang, sich ihrer zu erwehren. Er wurde mit aus dem Wagen gerissen. Im gleichen Augenblick setzte sich der Zug auch schon wieder in Bewegung und Bill Cnox blieb in den Händen der Wegelagerer zurück.«

»Well, und wo geschah der Überfall?«

»Gleich hinter Laramie, in der Nähe des Evans-Passes!«

»Haben Sie bemerken können, wohin sich die Banditen wandten?«

»Südwärts, allem Anschein nach, zu den heißen Schwefelquellen.«

»Well, dann sind wir auf dem besten Wege dahin und werden schnell an Ort und Stelle gelangen, als wenn wir den Zug benutzt hätten. Aber zum Henker, verzeihen Sie meinen Ausdruck, Miss, hat denn keiner der Herren etwas getan, was zur raschen Verfolgung der Räuber dienen konnte?«

Miss Gardie kräuselte verächtlich die Lippen. »Geschimpft in allen Tonarten, wie die richtigen Backwoodsmen, haben sie, als die Räuber außer Hörweite waren.«

»Ich hörte vorhin den Namen Prärieteufel

»Gewiss! So nennt sich der Anführer einer verwegenen Bande, die seit Kurzem aufgetaucht ist und die Prärien diesseits und jenseits des Mississippis unsicher macht. Die letzten Raubüberfälle schienen alle von ihnen ausgeführt worden zu sein, wie die Anzeichen darauf hindeuten. Die einen sagen, es sei ein Weißer, die anderen wollen gehört haben, dass die Fox ihr Territorium verlassen haben, und der Name passte in der Tat für einen Indianern.«

»Natürlich, überall, wo lichtscheues Gesindel sein Wesen treibt, müssen die roten Männer herhalten«, konstatierte Jim Buffalo verächtlich. »Die armen Teufel sind genugsam gehetzt, gejagt und betrogen worden und man gönnt ihnen nicht einmal das Stück Erde, das ihnen von der Regierung angewiesen worden ist. Alle Schlechtigkeiten in den Vereinigten Staaten kommen immer auf das Konto des roten Mannes.«

»Indianer waren bestimmt darunter«, versicherte Miss Gardie. »Im Übrigen war die Bande sehr gut beritten und verschwand wie der Sturmwind vor unseren Augen. Man erzählte sich hinterher wahre Schauerdinge von diesem Prärieteufel. Und ich fürchte für Bill Cnox das Schlimmste.«

»Well, in einer kritischen Lage befindet er sich jedenfalls«, meinte Jim Buffalo, »wenn ich auch nicht glaube, dass er sich in ernster Lebensgefahr befindet. Sollten es Rothäute sein, in deren Gewalt er geraten ist, so glaube ich weit eher, dass sie bei der Beschaffenheit seines Körpers nicht viel mit ihm anfangen können und an einen Spuk glauben werden. Immerhin müssen wir ihn zu retten versuchen. Wir sind uns gegenseitig verpflichtet.«

»Er würde auch nicht gesäumt haben, Ihnen zu Hilfe zu eilen.«

»Davon bin ich überzeugt, und ich denke noch mit Vergnügen an den Kriegszug gegen die Blaufuchsindianer, (siehe Band 9: Mit Buffalo im wilden Westen), wo ich zum ersten Mal die Bekanntschaft des wackeren Mannes machte. Seien Sie also überzeugt, Miss, dass ich alles aufbieten werden, meinen Freund aus seiner misslichen Lage zu befreien!«

Miss Ellen Gardie drückte Jim Buffalo warm die Hand.