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Jim Buffalo – 22. Abenteuer – Kapitel 3

Jim Buffalo,
der Mann mit der Teufelsmaschine
Veröffentlichungen aus den Geheimakten des größten Abenteurers aller Zeiten
Moderner Volksbücher-Verlag, Leipzig, 1922
Im Tale des Todes
Das 22. Abenteuer Jim Buffalos
3. Kapitel

Im Tal des Todes

In der Frühe des nächsten Morgens war Jim Buffalo, trotz aller Bitten des Farmers und seiner Familie, doch noch einen Tag zu bleiben, schon wieder reisefertig.

»Warum die Zeit unnütz vertrödeln, alter Werner, wo es gilt, diesen Captain Thunderstorm für immer unschädlich zu machen? Ist mir dies gelungen, will ich gern wieder Einkehr bei Euch halten. Aber diese Landplage, der Schrecken aller Farmer, muss verschwinden, und umso furchtbarer würde seine Rache sein, wenn es ihm gelänge, nochmals zu Euch zurückzukehren. Allerdings, eine Bitte hätte ich wohl, aber ich sehe, Ihr habt jetzt, während der Ente selbst jeden Arm nötig.«

»Welche ist es, Mister Buffalo?«, fragte der alte Werner und lachte auf. »Braucht Ihr einen kundigen Führer, der sich auf die Schliche der Indianer versteht? Schaut Euch meine vier Boys an und wählt, welchen Ihr wollt. Ihr könnt Euch auf jeden Einzelnen verlassen.«

Die Söhne des Farmers traten vor, in allen brannte die Begier, zu dem Rachezug mitgenommen zu werden.

Mit unverkennbarem Wohlgefallen ruhten die Blicke Jim Buffalos auf den vier kräftigen Jünglingsgestalten.

»Gebt mir den mit, wenn Ihr ihn entbehren könnt«, sagte er, auf den Jüngsten, den etwa fünfzehnjährigen Walter deutend.

»Den Taugenichts?«, prustete der alte Werner los; dann setzte er ernster hinzu:

»Zu nichts ist der Bengel im Haus nütze, aber wenn es gilt, draußen im Wald der Fährte eines Wildes nachzuspüren, so habt Ihr just die rechte Wahl getroffen! Im Fallenstellen und Fährtensuchen ist der Bursche Meister und wird Euch sicher gute Dienste leisten.«

»Und ich darf wirklich mit, Herr?«, jubelte der Knabe hell auf.

»Well, das kann dir wohl passen, in einem schönen Auto herumzujagen, während wir uns hier totschwitzen können«, polterte der Alte, doch es klang unverkennbarer stolz aus seiner Stimme. »Well, dann spute dich nur und halte die Augen offen, diesmal gilt es eine andere Jagd!« Hell aufjauchzend sprang der Bursche in das Haus hinein, um bald darauf wieder zurückzukehren.

»Well, jetzt kann es losgehen, und der Blitz soll vor diesem Thunderstorm dreinschlagen, dass er gar nicht erst zum Donnern kommt!«

Nach einem kurzen, aber herzlichen Abschied sauste das Teufelsauto zum Tor hinaus.

Die deutlich hinterlassenen Hufspuren machten es Jim Buffalo leicht, den Weg zu verfolgen, den die flüchtigen Räuber genommen hatten. Die Banditen hatten sich, wegen der dicht stehenden Bäume nicht lange im Wald aufgehalten und bald wieder den breiten Pfad benutzt, den schwere Kolonistenwagen durch den Wald gebahnt hatten.

Einem gewöhnlichen Auto wäre es gar nicht möglich gewesen, diesen ausgefahrenen, von tiefen Furchen zerrissenen Pfad zu benutzen. Das Teufelsauto aber überwand spielend diese Schwierigkeiten, wenn es auch seine volle Geschwindigkeit nicht ganz ausnutzen konnte.

»Weißt du, wohin dieser Pfad führt?«, wandte sich Jim Buffalo an den Knaben, der ganz gegen seine frühere Lebhaftigkeit still und gedrückt in der Ecke saß und ab und zu scheue Blicke um sich warf.

»Gewiss, Herr! Zum Tal des Todes!«

»Alle Wetter, allerdings ein kurioser Name«, meinte Jim Buffalo. »Welchem Ereignis verdankt es denn diesen absonderlichen Namen?«

»Das ist eine alte, traurige Geschichte, Herr«, berichtete der Knabe leise. »Vor langen Jahren, als noch die Indianer Herren dieser Wälder waren, sollen eine Anzahl von ihnen, während sie friedlich ihr Nachtlager aufgeschlagen hatten, von Weißen überfallen und niedergemetzelt worden sein. Aber auch die Weißen hatten kein Glück auf dem so blutig errungenen Land. Eines Nachts wurden auch sie überfallen und hingemordet. Seitdem wird das Tal von allen Indianern und Weißen gemieden. Es soll dort nicht geheuer sein, wie erzählt wird.«

»Das ist allerdings eine traurige Berühmtheit, die das Tal erlangt hat«, meinte Jim Buffalo sinnend. »Aber das mit dem Umgehen, mein Junge, ist Unsinn und Aberglaube! Wer einmal tot ist, kommt nicht wieder! Ich glaube weit eher, dass sich lichtscheues Gesindel diesen Aberglauben zunutze gemacht hat, um von hier aus ungestört Raubzüge ausführen zu können. Und dass die Banditen gerade diesen Weg geritten sind, bestärkt mich in dem Gedanken, dass dort Captain Thunderstorm sein Lager aufgeschlagen hat.«

Die Gegend war immer wirrer und verworrener geworden. Der befahrene Weg hatte aufgehört, oder es waren die Spuren desselben, da er nicht mehr benutzt worden war, durch die üppig wuchernde Vegetation vollständig verwischt worden. Nur der hellere Moosstreifen deutete noch darauf hin, und Jim Buffalo musste sehr vorsichtig fahren, wenn er sich in den mit täuschendem Grün überwucherten Furchen nicht festfahren wollte.

Auch die Hufspuren der Pferde hatten sich hier völlig verloren, da sich aber andere nicht gezeigt hatten, war Jim Buffalo seiner Sache umso sicherer. Nur das Tal des Todes konnte der Schlupfwinkel Captain Thunderstorms sein.

Endlich begann sich der Wald zu lichten. Der Weg wurde steiniger und hügelig, die Bäume traten zu beiden Seiten zurück, und als das Auto einen ziemlich hohen Hügel genommen hatte, sah Jim Buffalo das Tal des Todes vor sich liegen.

Einen lauten Ruf des Erstaunens und der Bewunderung stieß Jim Buffalo aus, als er das gemiedene Tal vor sich sah. Wie ein verwunschenes Paradies, wie ein richtiger Garten Gottes breitete sich das weite, rings von Felswänden umschlossene Tal vor seinen entzückten Blicken aus.

Eine tausendfältige Farbenpracht leuchtete ihm aus den Sträuchern und Büschen entgegen, die im schier unentwirrbaren Chaos das weite Tal bedeckten, als ob sie jetzt noch die Gräuel verschönend bedecken wollten, die einst hier geschehen waren. Üppiges Präriegras wucherte aus dem Boden fußhoch empor, und noch jetzt ließen die scharfen Umrandungen erkennen, dass hier einst fleißige Hände mit Pflug und Hacke tätig gewesen waren. Hier und da ragte ein verwitterter Holzpfahl als trauriger Rest der einst um die Felder gezogenen Fenzen hervor. Sonst aber war keine Spur mehr von menschlichen Niederlassungen vorhanden. Still und öde, wie verloren, lag das Tal vor den Augen des Beschauers. Hier sollte Captain Thunderstorm seinen Schlupfwinkel haben? Das war unmöglich.

Prüfend ließ Jim Buffalo seine Blicke über das Gelände gleiten.

Da, er beschattete seine Augen mit der rechten Hand und schaute nochmals scharf hinüber.

Drüben, am Rande des Tales, sah er eine feine, weiße Rauchwolke aufsteigen.

Das war Rauch vom Lagerfeuer, dort mussten Menschen sein.

»Die Abendnebel, die vom Fluss aufsteigen«, meinte der Knabe, als er diesen darauf aufmerksam gemacht hatte, doch Jim Buffalo lachte leise vor sich hin.

»So mögen sie kurzsichtige, furchtsame Menschen genarrt haben, einen Jim Buffalo nicht! Das ist Captain Thunderstorm!« Kampfesmutig blitzten seine Augen auf.

Er stellte den elektrischen Motor an, der das Auto nun in fast unhörbarer Fahrt vorwärtsbewegte. Nur das leise Surren des Motors war vernehmbar.

Das Präriegras war so hoch, dass es fast über dem Dach seines Autos zusammenschlug.

Fast wie ein Schatten huschte das Teufelsauto dahin.

Den Oberkörper weit vorgebeugt, die rechte Hand am Hebel des Maschinengewehres, spähte Jim Buffalo vorwärts.

Der Rauch vor ihm wurde immer deutlicher.

Er kam aber nicht, wie er anfangs vermutete, aus dem Tale selbst, sondern stieg aus einer jenseitigen Schlucht auf, die durch einen tiefen und breiten Bach vom Tal selbst getrennt war.

Ein donnerndes Brausen hallte von dem wild dahinschießenden Bach herauf, das jedes andere Geräusch übertönen musste.

Die Banditen hatten also auch sein Nahen überhört und wähnten sich in vollkommener Sicherheit.

Nicht einmal die Brücke zu bewachen hatten sie für nötig gehalten, die unweit von ihm über den Bach führte.

Aus starken Bohlen zusammengefügt, war sie noch gut erhalten; sie mochte, wie einige Stützbalken bekundeten, in letzte Zeit sogar erneuert worden sein.

Den starken Bohlen konnte er ruhig die Last seines Autos anvertrauen. In langsamer Fahrt fuhr er auf die Brücke zu.

Glücklich gelangte das Auto darüber hinweg, kaum eine Erschütterung hatte er verspürt.

Und was er nun sah, das erfüllte sein Herz mit wilder Freude.

Vor sich, in einem geschützten Talkessel, sah er das Banditenlager liegen. Zwei helle Feuer brannten auf dem Grunde des Kessels. Über einem der Feuer hing ein saftiger Braten, dessen Geruch bis zu ihm heraufstieg. Auf einigen Baumstümpfen saßen spielend und zechend eine Anzahl Männer in wilder, fantastischer Kleidung.

Die Banditen schienen sich sehr sicher zu fühlen und allerdings war der Eingang zu ihrem Lager sehr gut gewählt. Von hohen, senkrecht aufsteigenden Felswänden eingesäumt, hatte es nur einen Zugang zum Fluss und zu der Brücke, und ein einzelner Mann genügte, um den Zugang zu verteidigen. Aber auch einem einzelnen Mann war es möglich, das ganze Lager im Zaum zu halten und zu vernichten. Jim Buffalo frohlockte.

Dicht an den Rand des Talkessels lenkte er sein Gefährt, dann richtete er das Maschinengewehr hinunter, sodass er damit das ganze Lager bestreichen konnte.

Eine Flucht der Räuber war unmöglich, Captain Thunderstorm war in seiner Gewalt.