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Jim Buffalo – 21. Abenteuer – Kapitel 3

Jim Buffalo,
der Mann mit der Teufelsmaschine
Veröffentlichungen aus den Geheimakten des größten Abenteurers aller Zeiten
Moderner Volksbücher-Verlag, Leipzig, 1922
Eine vereitelte Hinrichtung
Das 21. Abenteuer Jim Buffalos
3. Kapitel

Verrat

Im königlichen Schloss wurden heute mehrere Bedienstete eingestellt, denn es sollte ein großes Fest abgehalten werden, bei welchem die bisher gezeigte Pracht noch um das Hundertfache überboten werden sollte.

Es wurden Ochsen, Kälber, Hammel und Schweine in großer Anzahl nach den königlichen Ställen getrieben, um von hier aus unter dem Messer des Metzgers dann weg in die Küche zu wandern.

Dieses Vieh hatten hartherzige Vasallen den Bauern in der Umgebung Londons aus den Ställen getrieben. Bezahlung erhielten sie nicht. Wenn sich jemand beschwerte, dann waren Männer zur Hand, die ihm mit dem Knüppel den Rücken braun und blau schlugen, sofern nicht noch Schlimmeres geschah.

Einer der neu engagierten Bediensteten hatte die Wache an den Gemächern der Königin. Es war ein hochgewachsener Mann und er machte einen vorteilhaften Eindruck. Daher war wohl auch die Wahl des Zeremonienmeisters auf diesen Mann gefallen.

Er sah und hörte in seiner Eigenschaft als Wachposten der Königin alles, was um dieselbe vorging.

Heute war großer Empfang. Aber er wurde wieder abgesagt, weil die Königin sich plötzlich eines anderen besonnen hatte. Man munkelte, dass die Königin mit ihrem Favoriten, dem Lordmajor von London, einem ebenso schönen und geistreichen, wie schlimmen Mann, allein sein wollte. Er beherrschte die Königin zurzeit vollständig und was sie nicht wusste, dies gab er ihr ein. Der Zorn des Volkes richtete sich daher auch nicht zum Geringsten gegen seine Person. Der Wachposten sah sich, als der Befehl zur Abberufung kam, vorsichtig um. Er entdeckte im Vorzimmer eine Nische. Hier schlüpfte er mit seiner Hellebarde hinein. Kein Mensch sah ihn nun.

Der Lordmajor erschien. Er wurde von der Königin huldvoll empfangen und als sich der Kammerherr, der den Lordmajor angemeldet hatte, entfernte, küsste der Lordmajor die Königin ungeniert. Sie lag in seinen Armen und duldete seine Liebkosungen.

Der Vorhang an der Nische bewegte sich leicht und ein Augenpaar beobachtete alles.

Dann wurde zwischen den beiden Verbündeten viel geflüstert. Sie sprachen jedoch nicht so leise, dass der Lauscher etwas davon hören konnte.

Er erfuhr schlimme Sachen, die so recht den schurkischen Charakter des Lordmajors kennzeichneten.

Es wurde beschlossen, den Gegenkönig mit seinem Tross nach London hineinzulocken und ihn dort zu ermorden.

Als der Plan verabredet war, verschwand der Wächter aus der Nische lautlos. Er begab sich aus dem Schloss. Dann wartete er, bis der Lordmajor zum Vorschein kam. Er heftete sich ihm an die Fersen und folgte ihm im Zuge bis zu seinem Palast.

Der Wächter war niemand anderes als Jim Buffalo. Er hatte es sich in den Kopf gesetzt, den König zu retten. In der Nacht wagte er sich bis an die Wälle. Man wusste, dass der König sich mit einigen tausend Mann London näherte, um dort sein Recht zu erkämpfen.

Er hatte der Königin versprochen, sie unter freiem Geleit nach Frankreich bringen zu lassen, wenn sie bereit war, der Krone zu entsagen.

Der Lordmajor baute seinen Plan. Er wollte den König in die Falle locken. Er wollte anscheinend das Einverständnis der Königin bekannt geben und den König in die Stadt locken. Dann sollten die Vasallen der Königin, die im Hinterhalt lauerten, über die Wehrlosen herfallen.

Um Mitternacht meldete sich der Zug, dem der Lordmajor einen Boten entgegengeschickt hatte. Auf ein gegebenes Signal sollte der Überfall stattfinden. Dieses Signal sollte der Lordmajor geben.

Jim Buffalo war der Verzweiflung nahe, denn er konnte nicht aus der Stadt. Überall, wo er den Versuch machte, wurden ihm Hellebarden entgegengestreckt. Einmal hätte man ihn beinahe als Spion verhaftet und ins Gefängnis gesteckt.

Endlich gelang es ihm aber doch, in einen Graben hinabzuspringen und von da aus freies Gelände zu erreichen.

Aber wieder war ihm der Weg abgeschnitten, denn plötzlich nährte sich ein Zug mit Reisenden. Sie kamen aus der Stadt. Es war der Lordmajor, der dem Gegenkönig entgegenziehen wollte, um ihm anscheinend im Auftrag der Königin das Angebot zu machen, in London als Herrscher einzuziehen.

Jim Buffalo konnte nicht vorüberkommen. Er blieb zur Untätigkeit verdammt.

Trotzdem versuchte er noch einmal, sein Ziel zu erreichen, indem er sich seitwärts in die Büsche schlug. Er hastete auf finsteren Wegen vorwärts, bis ihn ein Lichtschein blendete.

Es war, wie er feststellte, ein näherkommender Zug – der Zug des Königs. Und die Vereinigung fand auch bereits zwischen dem Lordmajor und dem Gegenkönig statt.

Letzterer hielt Rat mit seinen Getreuen. Man warnte ihn zwar, aber der König hatte keinerlei Bedenken. Er ging auf das Angebot, die Waffen vorher abzuliefern, um kein Unglück anzurichten, ein.

Da kam der Zug an Jim Buffalo vorüber. Er sah die höhnisch verzerrte Fratze des Lordmajors im Schein der Fackeln und es überkam ihn eine große Angst. Er erhob den Arm und rief warnend: »Zieht nicht in die Stadt ein, König von England, Euer Untergang ist beschlossen worden – man will Euch und Euren Anhang ermorden!«

Der König war stutzig geworden. Seine Getreuen ritten heran und schützten ihn mit ihren Schildern. Doch es war zu spät. Die bis an die Zähne bewaffneten Kreaturen des Lordmajors stürzten sich auf die Getreuen des Königs und metzelten sie nieder bis auf den letzten Mann. Auch der König fiel.

Eine große Anzahl wurde gefangen genommen. Unter ihnen befand sich auch Jim Buffalo, der Warner.

Am anderen Tag war großes Siegesgeschrei in der Stadt. Die Gefangenen wurden durch den Strang hingerichtet. Die Königskrone aber war in die Hände der Königsmörder gefallen.

Jim Buffalo wurde vor das hohe Tribunal geführt. Kein Mensch wusste, woher er gekommen war. Man verurteilte ihn ebenfalls zum Tode durch den Strang. Der Lordmajor ließ es sich nicht nehmen, der Hinrichtung persönlich beizuwohnen.

Still und gefasst erwartete Jim Buffalo den Tod. Der Henker legte ihm den Strick um den Hals. Da wandte sich Jim Buffalo an den Lordmajor.

»So wahr ich Jim Buffalo bin, an diesem Galgen wirst du in einem Jahr hängen, Lordmajor von London!«, rief Jim Buffalo aus.

Der Lordmajor trat mit dem Fuß auf.

»Schnell – hängt ihn!«, drängte er.

Da entstand eine Bewegung. Durch die Menge hastete ein sonderbarer geheimnisvoller Wagen. Mit einem Stoß machte sich Jim Buffalo frei und er saß im nächsten Moment neben dem Führer, dem Fischer von der Themse, in der Zeitmaschine.

Es kam eine verwegene Fahrt. Die Zeitmaschine stoppte, um den Fischer in seiner Heimat abzusetzen, dann raste sie weiter.

Und Jim Buffalo sah, wie sich das Land zerfleischte, wie die Bevölkerung sich erhob und gegen die Königin sich empörte. Es gab die blutigsten Bürgerkriege. Und wieder ein Jahr weiter stand Jim Buffalo mit der Zeitmaschine auf demselben Platz, wo man ihn hängen wollte.

Ein vornehmer finsterer Mann wurde hingerichtet. Es war der Lordmajor von London.