Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Jim Buffalo – 21. Abenteuer – Kapitel 2

Jim Buffalo,
der Mann mit der Teufelsmaschine
Veröffentlichungen aus den Geheimakten des größten Abenteurers aller Zeiten
Moderner Volksbücher-Verlag, Leipzig, 1922
Eine vereitelte Hinrichtung
Das 21. Abenteuer Jim Buffalos
2. Kapitel

Die Fahrt nach England

Eine Woche später tauchte eines Tages an der Stelle, wo die im vergangenen Kapitel geschilderten Ereignisse sich zutrugen, ein seltsam geformtes Ungetüm aus dem Wasser auf. War es ein Fisch von ungeheuren Dimensionen oder war es irgendein Meerungeheuer, welches bisher ein Menschenauge noch nicht zu Gesicht bekommen hatte. Doch sehr bald sollte sich zeigen, dass dieses rätselhafte Wesen ein Fahrzeug war, denn es rollte über das Gestein und stand an einer ebenen Stelle still. Gleichzeitig ging das Dach nach beiden Seiten auseinander und ein schlanker, kräftig gebauter Mann kam zum Vorschein.

Es war Jim Buffalo, unser Held. Er war bei einer Fahrt mit der Teufelsmaschine, die er als Unterseeboot benutzte, in diese Gegend der großen Welt verschlagen worden. Er sah sich um. Es gefiel ihm hier ausnehmend gut. Er wollte ein paar Stunden wenigstens verweilen. Er machte es sich bequem, indem er sich einen Platz aussuchte, wo die Sonnenstrahlen gegen die Felswände prallten und ihm nicht sonderlich viel anhaben konnten. Er hatte denselben Platz erwählt, den vor einer Woche der alte Rapp sich zur Ruhestätte ausgesucht hatte.

Jim Buffalo verzehrte sein Mahl und machte sich hierauf daran, die Umgebung ein wenig abzusuchen.

Plötzlich blieb er zu Tode erschrocken stehen. Er starrte, hinter einer Felswand hervortretend, auf ein grausiges Bild, wie er es selten im Leben zu sehen bekommen hatte.

Vor ihm lag ein alter Mann, der schon in Verwesung übergegangen war. Das Gesicht war furchtbar durch die Blutlache, die vom Kopf herabgeronnen war, entstellt. Der Mann war skalpiert worden. Jim Buffalo zweifelte nicht daran, dass die Indianer dieses grausige Werk vollbracht hatten, und eine flammende Zornesröte färbte sein Gesicht.

Neben dem Mann lag ein Rucksack. Jim Buffalo untersuchte den Toten und stellte fest, dass er zuerst durch eine Flintenkugel getötet worden sei. Er machte sich nun daran, den Rucksack und die Taschen des Mannes einer gründlichen Durchsicht zu unterziehen. Aber er fand außer einigen bedeutungslosen Gegenständen nur noch einen Plan, von dem er nicht wusste, was er damit beginnen sollte. Dieser Plan musste seiner Ansicht nach viele Jahre alt sein, denn das Papier und die Handschrift wiesen darauf hin. Kopfschüttelnd betrachtete Jim Buffalo die rätselhaften Inschriften.

Was für ein Geheimnis umgab den Tod dieses alten Mannes?

Der Besitzer der Zeitmaschine wollte die Mörder zur Verantwortung ziehen, denn wer Menschenblut vergießt, dessen Blut soll wieder vergossen werden. Er suchte weiter und fand das Wrack. Er sah, dass an demselben vor ganz kurzer Zeit gearbeitet worden war, denn Seetiere, Tang und Korallen waren entfernt worden. Man hatte das Wrack auf mühselige Art zertrümmert und eine Kammer freigelegt, deren Wände aus Eisen gewesen waren.

Jim Buffalo forschte weiter und entdeckte, dass dieses Schiff schon im Jahre 1600 hier gestrandet war.

Er blickte sinnend auf die Trümmer. Dann bestieg er kurz entschlossen die Zeitmaschine, denn das Schicksal hatte ihm ja ein Instrument in die Hand gegeben, mit dessen Hilfe er jederzeit die dunkelste Vergangenheit und Zukunft durchdringen konnte.

Jim Buffalo fuhr in die Vergangenheit zurück. Er sah vieles, aber es interessierte ihn nicht.

Er wollte einzig und allein das Geheimnis des Wracks ergründen, welches einsam und verlassen einen Jahrhundertschlaf an der brasilianischen Meeresküste gehalten hatte. Romantische Geschehnisse begannen sein Interesse wachzurufen. Was war das? Die Zeitmaschine zitterte. Das Jahr 1730 tauchte auf. Jim Buffalo befand sich in England. Wilde Kämpfe spielten sich vor seinen Augen ab. Doch er musste weiter zurück, denn dieses Schiff war ja im 16. Jahrhundert erbaut worden. Das 16. Jahrhundert kam. Die Zeitmaschine sprühte Funken und Flammen. Die Zahlen zeigten eine blutige Schrift. Den Blick starr auf die Zahlen geheftet, fasste Jim Buffalo den Hebel und stoppte. Es gab einen Ruck, der ihm einige Zeit die Besinnung raubte. Als er wieder zu sich kam, staunte er. Um ihn war grüne Weide. Am Rande eines großen Wassers standen mehrere altertümliche Fischerhütten. Jim Buffalo war entzückt über das friedliche Bild, welches sich seinem schönheitstrunkenen Auge bot. Er ahnte nicht, dass er in ein Zeitalter hineingeraten war, wo Meuchelmord, wildes Kriegsgetöse, Heuchelei und Sittenlosigkeit immer mehr um sich griffen. Ein Fischer betrat den Wiesenplan. Er hatte ein ernstes sympathisches Gesicht. Mit Verwunderung betrachtete er den Menschen.

»Wer seid Ihr?«, fragte er ihn mit forschendem Blick.

»Ich bin der, welcher die Vergangenheit erforschen will«, lautete Jim Buffalos Antwort.

Der Fischer verstand ihn nicht, denn er schüttelte den Kopf. Aber es war wohl nicht die Art dieser Leute, viel zu fragen und neugierig zu sein. Er sagte ruhig: »Ihr seid fremd, Sir. Kommt in meine Hütte und lasst Euch stärken.«

Jim Buffalo folgte. Der Fischer warf noch einen Blick zurück auf die Zeitmaschine. Dieses Gefährt mochte ihm unheimlich vorkommen.

Der Fischer bereitete schnell eine Speise und Jim Buffalo aß mit gutem Appetit.

Er trank auch aus der mächtigen Karaffe, die der Fischer ihm vorsetzte.

»Ein gutes Weinchen«, sagte Jim Buffalo anerkennend.

»Well, Sir, der Wein ist gut. Er stammt aus der Champagne und wurde im Jahre 1530 gekeltert.«

»Ein friedliches, ein herrliches Land«, sagte Jim Buffalo wieder, um in das Gespräch zu kommen.

»Sie irren sich«, erwiderte der Fischer und seufzte tief auf. »Dieses Land ist von unseligen Bürgerkriegen arg mitgenommen. Während wir hier in aller Ruhe sitzen und uns an der Natur erfreuen und was der liebe Gott sonst noch Herrliches geschaffen hat, zerfleischen sich einige fünfzig Kilometer entfernt die Menschen und bekriegen sich in Meuchelmord und Heimtücke.«

»Ah, das ist schrecklich. Und wie heißt dieses Land.«

»Es ist England.«

Jim Buffalo machte ein nachdenkliches Gesicht. »Das Land, welches überall seine Schiffe hinsendet?«, fragte er.

»Well, dasselbe. Es hat einen König und eine Königin. Die Königin regiert in London und hat einen Stab Söldner um sich versammelt.« Der Sprecher blickte sich um, als ob er Lauscher befürchte. »Diese Söldner trauen sich aber gegenseitig nicht, denn so schön die Königin ist, so grausam und mordgierig ist sie auch. Die Führer der Söldner sind ihre Günstlinge. Ist sie den einen satt, dann lässt sie ihn durch einen anderen meuchelmorden. Und das Volk muss bluten, es muss die Steuern zahlen und wird geknechtet. Auf der anderen Seite ist der König. Er stammt aus einem anderen Geschlecht. Aber er ist edel und hat die Bauern hinter sich. Er will sein Volk glücklich machen und lebt wie der einfachste Mann seines Landes. In einer Mönchskutte reist er im Land umher und tröstet seine Kinder, während inzwischen die lüsterne Königin in London Feste über Feste feiert.

Trotzdem sich der König ein besseres Leben leisten könnte, verschmäht er es, auf Kosten seiner Untertanen dies zu tun. Er hat die Krone, welche ihm Macht und Ansehen gibt, aber die Lords im Land wollen ihn nicht, sie haben sich um die verschwenderische und sittenlose Königin geschart, weil sie bei ihr das Volk besser unterdrücken können. Es finden nun fortwährend Kämpfe statt. Der König sammelt seine braven Männer im Lande und zieht gegen London, welches in Verteidigungszustand versetzt wird.«

Jim Buffalo hatte verwundert zugehört.

Er fasste einen Entschluss. Er wollte sich nach London begeben und dort aus eigener Anschauung sich von dem Stand der Dinge überzeugen. Der Fischer erschrak, aber Jim Buffalo ließ sich nicht von seinem einmal gefassten Entschluss abbringen. Er wollte noch am gleichen Tag aufbrechen.

Der Fischer seufzte.

»Und was wird aus diesem geheimnisvollen Wagen?«, fragte er, auf die Zeitmaschine deutend.

Jim Buffalo überlege.

»Ich werde sie hierlassen«, sagte er sodann.

»Hier bei mir?«

»Well«, erwiderte Jim Buffalo. »Lasst sie in Eurem Hof stehen. Aber warnt die Leute, wenn sie neugierig sein sollten. Die Maschine ist mit einer ungeheuren Kraft geladen, die jeden zerschmettert, der sich ihr nähert.«

Der Fischer blickte den Mann, der solche Worte sprach, in scheuer Ehrfurcht an.

Jim Buffalo verabschiedete sich. Der Fischer presste seine Hand mit starkem Druck.

»Mögen Sie gesund und glücklich wieder hierherkommen, Sir«, sagte er zu ihm.

Jim Buffalo machte ein nachdenkliches Gesicht.

»Wollen Sie mir helfen, wenn ich in London Unglück haben sollte«, sprach er zu dem Fischer.

»Wenn ich es kann, dann sehr gern.«

»Ihr sollt, wenn es notwendig ist, die Maschine nach London steuern. Ich werde Euch eine kurze Anleitung geben. Jeden Tag könnt Ihr eine kleine Reise von einigen Stunden in die Vergangenheit unternehmen. Ihr braucht dann nur diesen Hebel zu berühren und an mich zu denken. Es wird Euch dann alles kund, was mich betrifft. Bedenket wohl: Wenn ich in Gefahr bin, dann kommt unverzüglich mit der Zeitmaschine nach London. Euch geschieht nichts, denn im Besitz der Maschine seid Ihr allmächtig. Kein Mensch kann es wagen, sich Euch ungestraft zu nähern. Die Kraft der Maschine vernichtet ihn.«

Der Fischer hatte aufmerksam zugehört. Dann ließ er sich von dem geheimnisvollen Manne alles zeigen, versprach, ihm zu helfen, wenn es notwendig sein sollte und Jim Buffalo schied hierauf.